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Massenzustrom von Touristen wird zur Plage

Von nachrichten.at/apa, 10. Dezember 2019, 11:50 Uhr
Hallstättersee
Selfie-Wahnsinn am Hallstättersee Bild: (REUTERS)

WIEN. Österreich zählt zu den tourismusintensivsten Ländern weltweit - mit knapp 150 Millionen Urlaubernächtigungen 2018 im Verhältnis zur relativ kleinen Bevölkerung.

Doch ständig steigende Besucherzahlen sind mancherorts bereits eine Plage - etwa in Hallstatt, in Salzburg, aber auch in der Wiener Innenstadt. Der Übertourismus ist schwer in den Griff zu bekommen, wie auch eine Wifo-Analyse zeigt.

Sobald die Infrastruktur einer Destination - oder auch die Geduld der Einwohner - übermäßig strapaziert wird, spricht man von "Overtourism", von einem Zuviel an Tourismus. "Im Prinzip geht es darum, dass der Nutzen des Tourismus einem anderen Personenkreis zugutekommt als die Lasten des Tourismus, die sich auf die Bevölkerung vor Ort verteilen", sagte Tourismusexperte Oliver Fritz vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Deshalb ist es auch so schwierig, dem Problem beizukommen.

Hallstatt: 124 Touristen pro Einwohner

Der Übertourismus macht jedenfalls auch vor Österreich nicht Halt: In Hallstatt etwa kamen 2018 auf einen Einheimischen gut 124 Urlauber - Tagestouristen sind in dieser Zahl noch nicht enthalten. Damit war dort die Belastung pro Einwohner fast dreimal so stark wie in Dubrovnik (45,4) oder mehr als sechsmal so stark wie in Venedig (19,3), wie aus einer Aufstellung zur Tourismusintensität in europäischen Städten des Wifo hervorgeht. Das Problem potenziert sich in Hallstatt noch dadurch, dass viele Besucher nur einen kurzen Zwischenstopp für ein paar Fotos einlegen, also nicht einmal Geld für ein Mittagessen im Ort lassen.

Den Salzburgern ging es im abgelaufenen Jahr mit 11,9 Touristen pro Einwohner ähnlich wie der Bevölkerung in Florenz (13,9), Lissabon (10,7) oder Amsterdam (10,0). In Wien kamen vier Urlauber auf einen Einwohner. Innerhalb von größeren Städten gibt es vielfach überlaufene Hotspots - in Wien beispielsweise die Innenstadt (speziell den Stephansplatz) und Schönbrunn. In Barcelona und in Paris war die Tourismusintensität 2018 mit 8,1 bzw. 7,5 Urlaubern pro Einwohner aber fast doppelt so stark wie in der österreichischen Bundeshauptstadt.

Verschärfend hinzu kommt: Die rasche Zunahme der Zahl der Reisenden, die in einer Destination nächtigen, "dürfte mit einer mindestens ebenso hohen Steigerung der Zahl der Tagesgäste einhergehen", heißt es in einer Erhebung des Tourismusexperten, die er gemeinsam mit Karin Maier von der Universität Wien durchführte. Statistisch gesicherte Daten zur Zahl der Tagesgäste liegen in der Regel nicht vor - für Salzburg würden rund 9 Millionen pro Jahr kolportiert, für die 800-Seelen-Gemeinde Hallstatt gehe man von rund 1 Million aus. Tagestouristen lassen wesentlich weniger Wertschöpfung in einer Stadt als Übernachtungsgäste, tragen also hauptsächlich zur Masse bei.

Verkehr, Müll und mangelnde Privatsphäre werden zum Problem

Die Einheimischen haben mit dem Verkehr zu kämpfen, mit dem Müll, den die Besucher hinterlassen, und - in kleineren Gemeinden - mit den Urlaubern, die ihnen beim Fenster reinschauen. Doch auch die Touristen selbst mögen keine überlaufenen Urlaubsorte. "Es ist im Prinzip eine sehr subjektive Definition - sobald Betroffene sagen, es ist zu viel und sobald es als unangenehm empfunden wird, liegt Übertourismus vor", so der Wifo-Experte.

Schuld an dem Phänomen ist die rasche Zunahme der Reisenden weltweit. Auslöser dafür sind wiederum Einkommenszuwächse in vielen Regionen der Welt, welche die Nachfrage nach Reisen überproportional steigen lassen, aber auch der Rückgang der Reisekosten. Dank Billigfluglinien und billiger Unterkünfte, begünstigt durch private Vermietung auf Online-Plattformen wie Airbnb & Co, sind Urlaubsreisen für breite Schichten der Bevölkerung leistbar. Was ja auch gut ist. Kreuzfahrten sind ebenfalls längst keine Luxusreisen mehr.

In den vergangenen Jahrzehnten erlebte die Tourismusbranche jedenfalls einen rasanten Aufschwung. Dieser soll sich aktuellen Prognosen der Welttourismusorganisation UNWTO zufolge in den nächsten Jahren fortsetzen. 1950 waren pro Jahr weltweit rund 25 Millionen Urlauberankünfte verbucht worden, 2018 waren es bereits 1,4 Milliarden und 2030 sollen es 1,8 Milliarden sein. Rund die Hälfte dieser Gästezahl entfalle auf Europa.

Des einen Freud, des anderen Leid. "Die Frage ist, wo ist der Gleichgewichtspunkt", betonte Fritz. Preisliche Maßnahmen, also eine Verteuerung bestimmter Leistungen zur Eindämmung der Besucherzahlen, hält er jedenfalls für "problematisch". Bei einer Anhebung der Eintrittspreise von Sehenswürdigkeiten würden beispielsweise weniger wohlhabende Menschen ausgeschlossen.

In Städten wie Barcelona und Venedig lösten die Touristenmassen bereits heftige Proteste der Bevölkerung aus. Betroffen sind nicht nur beliebte Ziele im boomenden Städtetourismus, sondern auch Nischendestinationen wie beispielsweise Nationalparks. In Barcelona wurde zwar in der Stadt der Konsens gefunden, den Urlauberzustrom beschränken zu müssen. "Doch die Vororte bauen wie verrückt Kapazitäten zum Übernachten auf und die Stadtregierung kann da nicht einschreiten", veranschaulichte der Wifo-Experte das Problem der räumlichen Verteilung von Einkünften und Belastungen.

Suche nach dem richtigen Maß

Unter dem Phänomen Übertourismus leidet aber nicht nur die Lebensqualität der ansässigen Bevölkerung in Form von steigenden Mieten, Beeinträchtigungen im Alltag oder Umweltverschmutzung, sondern auch der Tourist selbst - die lokale Infrastruktur und die Sehenswürdigkeiten sind überlastet, dichtes Gedränge und lange Warteschlangen sind die Folge. Die Authentizität und das Flair einer Destination drohen verloren zu gehen. Gleichzeitig bringt der Tourismus freilich Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten vor Ort. Es gilt also, das richtige Maß zu finden.

"Die Möglichkeiten einer Destination, die Besucherzahl zu regulieren, sind begrenzt", so die Wirtschaftsforscher. Dazu beitragen könnten eine Beschränkung der Betten- und Transportkapazitäten, ein Zurückfahren der Bewerbung ("De-Marketing"-Strategien), Preismaßnahmen wie etwa die Verteuerung von Eintritten oder von Anlagestellen für Kreuzfahrtschiffe, spezifische touristische Steuern, die zeitliche Umverteilung der Besucherströme innerhalb eines Tages oder über Saisonen und die Weiterentwicklung der Infrastruktur.

Amsterdam begann bereits 2015 neue Hotelprojekte - zunächst nur in der Innenstadt - zu unterbinden. Weiters hat die Stadt mittlerweile die Kapazitäten am Flughafen Schipol begrenzt und die Anlegestellen für Passagierschiffe aus den Stadtzentren wegverlegt. Barcelona schränkte die Vergabe von Hotellizenzen und die private Vermietung von Wohnungen über Buchungsplattformen ein. Und in Venedig dürfen sich ab 2021 keine großen Kreuzfahrtschiffe mehr der historischen Altstadt nähern. Die dortige Stadtregierung beschloss zudem ein "Eintrittsgeld" für Tagesgäste von 3 Euro ab 1. Juli 2020, das zu Spitzenzeiten auf 6 bis 10 Euro angehoben werden kann.

Hallstatt konnte bereits die Zahl der Reisebusse, die den Ort anfahren, einschränken - Busunternehmen müssen künftig Slots erwerben, die nur in begrenzter Zahl verfügbar sind und nur innerhalb eines Zeitfensters gelten. In manchen heimischen Skiorten wird beispielsweise auch die Zahl der Tagesliftkarten limitiert, um übervölkerte Pisten zu vermeiden.

Wesentlich sei letztlich "ein Überdenken der Wachstumsorientierung" in der Tourismuswirtschaft wie auch in den Tourismusorganisationen, betont das Wifo. Ziel sollte eine "nachhaltige Entwicklung" von Destinationen sein, damit diese als lebenswerte Orte erhalten blieben. Im Idealfall dient Reisen der Völkerverständigungen, dem kulturellen Austausch und der Bildung breiter Bevölkerungsschichten.

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19  Kommentare
19  Kommentare
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SchuldirektorChristophLudwig (1.599 Kommentare)
am 11.12.2019 09:02

Weitläufige Fußgängerzonen und Zufahrtswege für Fahrzeuge absperren! Müssen die Leute 3 km zu Fuß gehen, bleiben sie aus! Ganz einfach gedacht!

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mitreden (28.669 Kommentare)
am 10.12.2019 19:02

Ich erinnere mich an Zeiten, wo in bestimmten Orten und Lokalen in Kärnten oder Tirol den Wirten am liebsten gewesen wäre, wenn der Ö Gast beim Eingang 5 - 10 D-Mark hinlegt und ohne Konsumation wieder geht.....

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essbesteck (6.034 Kommentare)
am 10.12.2019 23:07

..............und ich anno 1995 , in burgenland-rust, wo ich für 3 übernachtungen buchen wollte und mir gesagt wurde, dass unter eine woche geht sowas gar nicht..........

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Lamborghini44 (1.972 Kommentare)
am 10.12.2019 19:00

Die Geister die ich rief, die werd ich nun nicht los........
Auch Gewinner von der völlig unnützen ORF Werbesendung "9 Plätze - 9 Schätze" gehören da dazu.

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Gugelbua (32.316 Kommentare)
am 10.12.2019 17:08

ein bisserl was muß man schon aushalten „sGeld stinkt nicht“🤑

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( Kommentare)
am 10.12.2019 16:13

Das passt doch nicht zusammen: einerseits werben auf Teufel komm' raus und dann jammern, dass soviele Touries anreisen. Man will nur ihr Geld aber die Menschen nicht.

Wenn das Innergebirg um Ischl 2024 Kulturhauptstadt wird, werden noch weit mehr Besucher(innen) kommen!

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Fjara (131 Kommentare)
am 10.12.2019 16:26

Das stimmt so nicht. Die, die werben und die, die jammern sind ja nicht die gleichen Leute. Unsere Politiker und Geschäftsleute machen gegen unseren Willen Werbung, weil durch den Tourismus Geld reinkommt. Der Jammernde ist der Durchschnittseinwohner, dessen Lebensqualität dadurch ziemlich eingeschränkt wird. Ich brauche weder die Touristen, noch ihr Geld. Mir wäre es lieber, wenn nicht überall so viele Leute herumlaufen würden, da unsere Region einfach nicht auf solche Menschenmassen ausgelegt ist. Deshalb finde ich den Schmarrn mit Kulturhauptstadt auch sehr dumm, denn es sind jetzt schon zu viele Touristen hier, wir Einwohner brauchen nicht noch mehr Leute, jedoch ist das den Drahtziehern egal, Hauptsache Geld kommt rein.

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Fjara (131 Kommentare)
am 10.12.2019 15:38

Weil die bestimmten geldgeilen Leute, die immer mehr Werbung für die Region machen ihr Hirn nicht einschalten und das zum Schaden der Einwohner. Beispiel hier bei uns im inneren Salzkammergut: Eine ohnehin schon gut besuchte Region, in Hallstatt viel zu viele Touristen, unsere Infrastruktur ist nicht auf so viele Menschen und Fahrzeuge ausgelegt, die Züge fahren nur stündlich und sind zu gewissen Zeiten total überfüllt. Was macht man dagegen? Zugverkehr endlich zweigleisig, mehr Züge damit sich die Menge besser verteilt? Nein, die Region muss Kulturhauptstadt werden damit uns noch mehr Leute auf den Keks gehen können!

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vonWolkenstein (5.562 Kommentare)
am 10.12.2019 16:19

Na und, können Sie sich noch erinnern, wie manche örtliche Politiker aus Bad Ischl und Umgebung über den Stelzer hergefallen sind, weil er nicht sofort reichlichen Geldsegen für das Projekt "Kulturhauptstadt" in Aussicht gestellt hat? Außerdem kann ohnehin niemand vorhersagen, ob Hallstatt auch in 10 Jahren noch der Renner ist, weil auch niemand weiß, ob der Bannwald in 10 Jahren noch den notwendigen Schutz bietet.

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observer (22.387 Kommentare)
am 10.12.2019 15:33

Man kann nicht alles so haben wie manche es wollen. Vorteile bringen oft auch Nachteile mit sich. Vor kurzem hat man in Venedig über die Massen an TouristInnen geklagt und welche grossen Probleme das mit sich bringt. Jetzt - nach der Überschwemmungskatastrophe bittet der Bürgermeister die Gäste, doch ja wieder zu kommen, weil wegen Absagen 46 % der Hotelbetten leer stehen. So können sich die Zeiten eben ändern. Keine Rose ohne Dornen - eigentlich sind es ja Stacheln.

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fotoeder (341 Kommentare)
am 10.12.2019 14:45

So ist es eben, wenn man für ein Produkt Werbung macht kann es sein dass es gekauft wird.

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Fellhofer (30 Kommentare)
am 10.12.2019 13:04

Her mit die Leut - Österreich ist schön!

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jabbawoki (533 Kommentare)
am 10.12.2019 12:09

Fahrt,s mit die Preise in die Höhe....die Japse sollen blechen....dann vergeht es denen schon....

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ersterkarli (4.688 Kommentare)
am 10.12.2019 12:27

Dann haben auch wir etwas davon. Hohe Preise eben.

Die haben wir aber ohnehin schon. Scheinbar ist aber alles noch zu wenig daher die gute Idee von der Kulturhauptstadt.

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Flavius (465 Kommentare)
am 10.12.2019 13:09

Du Gehirnathlet 👎

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ersterkarli (4.688 Kommentare)
am 10.12.2019 15:08

Hö!
Ein ganzer Satz.

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KritischerGeist01 (4.964 Kommentare)
am 10.12.2019 16:48

@ Jabba…:

Und bei der Gelegenheit der ganzen Welt bitte erklären, dass sie keine Österreichischen Produkte mehr kaufen sollen. Vom Wohlstand müssen wir uns dann aber auch verabschieden. Ist das OK für dich?

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ichauchnoch (9.802 Kommentare)
am 10.12.2019 19:02

… und für die Einheimischen gibt's dann Rabatt oder sollen die auch so viel blechen? Ja, heig'n muas ma waun d' Sunn scheint, aber wie kommen die Einheimischen dazu, die exorbitant hohen Preise auch in Kauf nehmen zu müssen. Abwandern wäre eine Lösung, aber die ist dann auch wieder nicht recht, weil so entvölkerte Dörfer will auch keiner.

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ersterkarli (4.688 Kommentare)
am 11.12.2019 06:06

Warum soll ein Gastrounternehmen mit Sitz in Amsterdam, Wien...oder München jemand verbotener Weise andere Preise machen?

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