Hochprozentige Renditen
Spitz: Die Eigentümerfamilie Scherb beweist seit 1945, dass sie ein Gespür fürs Geschäft hat. Seit einiger Zeit auch für Immobilien.
Fast alle kennen ihre Produkte, aber fast niemand kennt die Familie. Das hat Tradition bei der oberösterreichischen Unternehmerfamilie Scherb, die es zu einem beträchtlichen Firmenreich und Vermögen gebracht hat. Das Wirtschaftsmagazin Trend bezeichnet den Unternehmer Walter Scherb II. als einen der 100 reichsten Österreicher. Den Grundstein hat sein Vater Walter Scherb I. mit der Firma S. Spitz gelegt. Sein Sohn hat das Beteiligungsreich mit einer Reihe von Immobilienprojekten vergrößert. Über den jüngsten Coup, den Erwerb des Nestlé-Geländes im Linzer Franckviertel, haben die OÖNachrichten vorigen Samstag berichtet. Nur ganz selten reden die Scherbs über ihr Unternehmen. Über die beiden Familien-Privatstiftungen St. Klement und UWS werden die meisten Beteiligungen gehalten. Dazu zählen vor allem Spitz, 51 Prozent am Energy-Drink-Hersteller Power Horse (der Rest wurde nach Dubai verkauft), Gasteiner Mineralwasser und seit einigen Jahren auch Auer-Blaschke, Hersteller von Süßwaren, dessen Produktion nach dem Erwerb in die Produktionszentrale nach Attnang-Puchheim verlegt wurde.
Gelenkt wird die Firmengruppe von einem unscheinbaren Firmengebäude in Linz-Urfahr aus (seit 1895 der Firmensitz). Daneben steht das firmeneigene Spitz-Hotel.
Die Spitz-Gruppe erwirtschaftet im Jahr zwischen 200 und 250 Millionen Euro und ist als Hersteller von Fruchtsäften, Süßwaren und nicht zuletzt Spirituosen vor allem mit dem Handelskonzern Hofer sehr gut im Geschäft. Produziert werden Eigen- und Handelsmarken.
Die Geschichte der Firma S. Spitz ist turbulent. Der aus Böhmen stammende Salomon Spitz wollte ursprünglich in Freistadt ein Handelsunternehmen gründen. Das war ihm als Jude aber verboten. In Linz gelang es ihm 1857. Bis ins 20. Jahrhundert baute die Familie über drei Generationen ein führendes Lebensmittelunternehmen auf, das bis kurz vor dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland gute Gewinne schrieb, wie aus der aktuellen Chronik von Spitz hervorgeht.
1938 wurde Spitz arisiert
Mit der Machtergreifung Hitlers wurde Eigentümer Viktor Spitz unter fadenscheinigen Vorhaltungen wegen Steuerbetrugs verurteilt, verhaftet und ins Konzentrationslager nach Dachau gebracht. Einige seiner Angehörigen begingen Suizid, als Hitler einmarschierte. Der Betrieb wurde arisiert und von wirtschaftlich unbedarften Mitgliedern der NSDAP komplett heruntergewirtschaftet.
Nach dem Krieg bekam die Familie Spitz den Betrieb sukzessive wieder zurück, führte ihn aber nicht selbst. Der damals 28-jährige Walter Scherb wurde als Geschäftsführer eingesetzt, weil er "kein Nazi und ein Kriegsgegner war", zitiert der Linzer Historiker Michael John in seinen Abhandlungen über Arisierung und Remigration in Linz aus historischen Dokumenten.
1952/53 verkaufte der schwerkranke Viktor Spitz, der 1957 verstarb, das Unternehmen an Scherb, der praktisch bei null begonnen hatte.
Walter Scherb I. schaffte den Neuanfang, holte sich mit dem kreativen Chemiker Franz Poisel einen genialen Produktentwickler ins Boot und expandierte kräftig. Daneben war er als Kunstmäzen und Förderer des LASK, meist im Hintergrund, aktiv.
Scherb senior kam im Jahr 2000 überraschend bei einem Reitunfall ums Leben, seine dritte Frau Uta, mehrfache Springreit-Landesmeisterin, starb 2013.
Seit 2000 führt der in Industrie und Politik bestens vernetzte Walter Scherb II., der auch für die FPÖ im Bundesrat saß, den Familienbetrieb.
Neben der Lebensmittelsparte hat in den vergangenen Jahren aber vor allem der Immobilienbereich an Bedeutung gewonnen und ist zu einem Pfeiler des Unternehmens geworden. Das Kleingeld dafür hat Scherb unter anderem aus einem gemeinsamen Projekt mit dem aus dem Mühlviertel stammenden Badener Rechtsanwalt und Engel- Miteigentümer Rudolf Fries.
Mit einer Reihe von privaten Investoren sicherte man sich seinerzeit einen großen Anteil an der Böhler Uddeholm, um ihn kurze Zeit später an die voestalpine zu verkaufen. Den Aufsehen erregenden Gewinn von rund 600 Millionen Euro (fast 500 Prozent Rendite) mussten die Investoren nicht einmal versteuern, weil sie ein Schlupfloch für Privatstiftungen nutzten und nicht ihre Aktien verkauften, sondern jene Gesellschaft, in der die Aktien geparkt waren. Für die Politik ein Anlass, solche Geschäfte zu vermeiden.
Großprojekt Arsenal
Mit Fries hat Scherb eine Reihe bemerkenswerter Immobilienprojekte verwirklicht. Das größte war wohl der Kauf des Wiener Arsenals um mehr als 30 Millionen Euro. Dass die Investoren den Wiener Stadtteil rund um Aufsichtsratschef Ernst Karl Plech und Lobbyist Walter Meischberger während der Amtszeit von Karl-Heinz Grasser zu billig gekauft haben sollen, wurde zwar von Kritikern immer wieder gemutmaßt, aber nicht bewiesen.
Insgesamt verfügt die Familie Scherb über rund 100.000 Quadratmeter Geschäfts- und Büroflächen zwischen Wien und Linz, wobei drei Viertel auf das Arsenal entfallen. In Linz-Auhof gehört der Gruppe ein altes Geviert nahe der Kepler Uni.
Auch bei der Immofinanz sind Fries und Scherb prominent engagiert, wobei sich der Anteil der Scherbs unterhalb der (meldepflichtigen) Fünf-Prozent-Marke bewegt. Manager Horst Populorum, der auch weitere Spitz-Firmen führt, sitzt für die Gruppe im Aufsichtsrat. Im Agrarimmobilien-Bereich, wo Fries Landwirtschaftsflächen und Wälder erwirbt, sind die Scherbs dagegen nicht dabei.
International ist man dafür über Fonds im Immobiliengeschäft engagiert.
Im Unternehmen ist bereits Walter Scherb III. aktiv. Er sucht Startups im Lebensmittelbereich, die unterstützt werden sollen.
Und die Firma Spitz produziert unzählige Artikel für Hofer Österreich.