Erfüllender Sex ist keine Frage des Alters
Warum das männliche und weibliche Prinzip eine Rolle spielen.
Der Wunsch nach Sexualität und Erotik ist unabhängig vom Alter. Das zeigen viele Studien wie jene des Instituts für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universitätsklinik Rostock. Die Forscher fanden heraus, dass Senioren mit ihrem Liebesleben sehr zufrieden sind – vorausgesetzt, sie haben einen Partner. Und die Zufriedenheit nimmt sogar mit zunehmendem Alter zu. Mit 63 Jahren gaben 57 Prozent der Befragten an, mit ihrem Liebesleben zufrieden zu sein, bei den 75-Jährigen sagten dies sogar 70 Prozent.
Krankheiten hemmen Sex
Das Grundbedürfnis nach Sexualität bleibe bestehen, bestätigt auch Anton Tölk, Psychiater und Psychotherapeut in der Landesnervenklinik. Zwar lasse die Libido mit zunehmendem Alter nach, sie verschwinde aber nie ganz. "Was die Sexualität beeinträchtigen kann, sind Krankheiten, sowohl körperliche als auch psychische."
Ursachen von Sexualstörungen können sein: Diabetes mellitus, Übergewicht, Gefäßerkrankungen, Hormonstörungen, Alkohol-, Nikotin- oder Drogenmissbrauch, Nebenwirkungen von Medikamenten und auch der Zustand nach Prostata- oder Rectum-Operationen. Psychische Probleme, die zu Funktionsstörungen der Sexualität führen, sind Stress, Depressionen, Leistungsdruck und Partnerschaftsprobleme.
Weil es in den reiferen Jahren bei der Sexualität nicht mehr um die Fortpflanzung geht, wird die Erotik wichtiger. In der Sexualität unterscheidet man zwischen dem männlichen – oder auch dem aktiv-eindringenden Prinzip. Und dem weiblichen – oder auch dem passiv-umfassenden Prinzip. "Diese sind als Ganzheit zu verstehen, Frauen und Männer brauchen jeweils beide Seiten", sagt Tölk. Wenn nicht, komme es zu Defiziten. Männern, denen das weibliche Prinzip fehlt, haben ein Defizit bei der Erotik. Frauen, denen der männliche Aspekt fehlt, werden oft zu "Sexobjekten", weil sie ihre Wünsche nicht einbringen können.
Bedürfnis nach Zärtlichkeit
Im Alter haben auch vor allem jene Männer Probleme mit der Sexualität, denen das weibliche Prinzip fehlt. "Sie haben nicht gelernt, auch etwas mit sich geschehen zu lassen", sagt Tölk. Wenn also die Libido nachlässt oder es etwa nach einer Prostata-Operation zu Erektionsstörungen kommt, geht für diese Männer oft auch die Sexualität verloren. Sex im reiferen Alter hat viel mit dem Bedürfnis nach Nähe und mit Zärtlichkeiten zu tun, die Leistungsfähigkeit ist nicht mehr im Vordergrund. Miteinander zu reden, bleibt aber wichtig. (ried)
Reif und sexy
„Sprachlosigkeit ist für die Sexualität niemals gut“, sagt Psychotherapeut Anton Tölk. Das sexuelle Verhalten von Paaren gelte dann als reif, wenn dies auch besprochen werden kann. Das Formulieren von Wünschen und auch von jenen Dingen, die man nicht mag, ist für eine reife Beziehung unbedingte Voraussetzung.
Für eine dauerhafte, erfüllende und glückbringende Sexualität braucht es mehr als Libido, also den Sexualtrieb. Wichtige Faktoren sind laut Tölk:
Erotik: Dabei kann man sich bemühen, die körperlichen Aspekte der Sexualität zu perfektionieren.
Romantik: Dabei kommen zu den körperlichen Anteilen die psychologischen. Durch Verführungsrituale und Austausch von Gefühlen ist Sex nicht nur angenehm, sondern bringt auch Freude.
Zuneigung: Dadurch entsteht noch mehr Glück.