Avatar: James Cameron ist zurück
Zwölf Jahre nach „Titanic“ (elf Oscars) meldet sich der Kanadier James Cameron (55) zurück. Sein neuestes Opus „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ ist vorderhand zumindest das teuerste Kino-Spektakel aller Zeiten.
OÖN: Sie müssten es ja am besten wissen: Verbrauchten Sie wirklich das Rekordbudget von 300 Millionen Dollar?
Cameron: So einfach darf man es nicht sehen. Da muss man auch den Dollar-Verfall seit „Titanic“ mit einbeziehen. Aber generell behaupte ich: Nirgendwo ist Geld besser angelegt als bei Filmen, die Millionen unterhalten.
OÖN: Was wollen Sie dem Publikum mit „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ bieten?
Cameron: Schlicht und einfach Dinge, die es nie zuvor gesehen hat. Ich möchte die Welt zum Staunen bringen.
OÖN: Gigantomanie ist Ihnen nicht fremd. Manche sagen Ihnen nach, Sie seien größenwahnsinnig?
Cameron: Da haben sie nicht so unrecht, und in diesem Zusammenhang habe ich in der Vergangenheit manche Fehler gemacht, auf die ich nicht stolz bin. Letztendlich sehe ich es aber nicht als Fehler, nach den Sternen zu greifen. Und wer mit mir arbeitet, muss sicher auf einiges gefasst sein.
OÖN: Sind Sie ein Workaholic?
Cameron: Wollen Sie es genau wissen? Über mich war zu lesen, dass ich meist von acht Uhr morgens bis zwei Uhr früh arbeite, sechs Tage pro Woche. Plus Sonntagnachmittag. Dem kann ich schwer widersprechen.
OÖN: Warum die lange Pause nach „Titanic“?
Cameron: Ich wollte mich um meine vier Kinder kümmern. Das kann man nicht, wenn man dauernd dreht. Es gab noch einen zweiten Grund: Es brauchte Jahre, um die komplizierte 3-D-Technik für „Avatar“ zu entwickeln.
OÖN: Von der Sie absolut überzeugt sind?
Cameron: Nicht nur ich. Alle Kollegen, die mich am Set besuchten, haben spontan entschieden, demnächst auch 3-D-Filme zu drehen.
OÖN: Wie ist das Gefühl vor dem Kinostart?
Cameron: Ich gebe zu, dass ich nervös bin. Der Ruf, mit „Titanic“ den erfolgreichsten Film aller Zeiten geschaffen zu haben, bringt da gar nichts. Ich hoffe sehr, dass auch „Avatar“ vom Publikum so enthusiastisch aufgenommen wird.
OÖN: Und die Kritiker?
Cameron: Um die schere ich mich nicht. Ich mache die Filme, die ich möchte. Und die schreiben, was sie möchten. So einfach ist das.
OÖN: Es fällt auf, dass Sie sehr starke Frauenfiguren in die Story geschrieben haben. Haben Sie dafür eine besondere Hand?
Cameron: Das fragen Sie ausgerechnet einen, der zum fünften Mal verheiratet ist? Das kommt bei mir immer von selbst. Ich denke nicht viel nach. Just doing my thing. Meine Mutter war jedenfalls eine sehr starke Frau. Ich selbst respektiere Frauen und ihre Fähigkeiten. Ich denke, dass Hollywood auf diesem Sektor viel versäumt.
OÖN: Gemessen am puritanischen Amerika erstaunt es, dass die hübschen weiblichen Wesen in „Avatar“ einiges „zeigen“ dürfen. Gab es beim Dreh Nippel-Diskussionen?
Cameron: Tagelang… Wir haben alles getan, sie in ihren „Kostümen“ sexy erscheinen zu lassen. Die sichtbaren Nippel sind uns dann einfach passiert. Man glaubt, dass man die Computertechnik beherrscht. Doch dann gibt es doch immer wieder Überraschungen. Als wir die Damen mit CG-Technik bewegten, begannen plötzlich die Nippel zu rutschen…
OÖN: Am Ende von „Avatar“ gibt es die „Mutter aller Schlachten“. Wie stehen Sie zu Action?
Cameron: Wenn ich mir übliche Action anschaue, vermisse ich zwei Dinge. Erstens: Die Charaktere interessieren mich recht wenig. Und dann fehlt mir meist die Erleuchtung, worum es überhaupt geht. Diese Fehler versuche ich zu vermeiden.
OÖN: Fortsetzung möglich?
Cameron: Man sollte nie eine Frau beim Höhepunkt fragen, ob sie weitere Kinder möchte… Sagen wir so: Wenn dieser Film einschlägt, will ich auf keinen Fall, dass die Fortsetzung ein anderer macht.
OÖN: Wie sehen Sie die Zukunft des Kinos?
Cameron: Zu Zeiten der Rezession sagten sie, das Kino stirbt. Sie sagten es wieder, als das Fernsehen erfunden wurde. Jetzt haben wir die Piraterie am Hals – und verkaufen trotzdem mehr Tickets denn je. Daraus schließe ich einmal mehr: Das Erlebnis Kino kann durch nichts ersetzt werden.
OÖN: Fühlen Sie Verantwortung für Ihre Fans?
Cameron: Verpflichtungen fühle ich nur gegenüber meinem eigenen Wertesystem und gegenüber meiner Familie.
OÖN: Sie sagen, die Initialzündung für einen Film wie „Avatar“ liegt schon weit zurück. Wie weit?
Cameron: Ich erzähl’ Ihnen was. Es gab einen Schüler, der auf der Fahrt zur Schule immer seine Fantasie entfaltete. Seine Gedanken entschwebten in ferne Galaxien. Jeden Tag las er ein Science-Fiction-Buch. Dieser Schüler war ich. Wahrscheinlich habe ich diesen Film für den 14-jährigen Buben gemacht, der noch immer in mir lebt.