„Brad ist mehr als nur ein hübsches Bübchen“
Morgen kommt er in die Kinos, der vermeintliche Nazi-Schocker „Inglourious Basterds“. Quentin Tarantinos siebter Spielfilm bietet viel Gesprächsstoff: wegen der Auswahl deutschsprachiger Schauspieler, die hier neben Brad Pitt zu sehen sind, wegen der US-Soldaten, die mit äußerster Gewalt gegen Hitler ans Werk gehen, oder wegen der Veränderungen, die Tarantino zwischen Weltpremiere und Kinostart vornahm.
OÖN: War es etwas Besonderes, in Deutschland und mit deutschen Schauspielern vom Kampf gegen Hitler zu erzählen?
Tarantino: Unbedingt, vor allem wegen der Schauspieler. Ich weiß gar nicht, ob den Deutschen wirklich klar ist, wie viele tolle Schauspieler sie haben, nicht zuletzt bei den Männern! Diese Jungs können mit all den großen Schauspielern aus England oder Australien locker mithalten. Für mich stand immer außer Frage, dass ich den Film hier drehen will, schließlich sind die meisten Figuren im Film Deutsche. Ich wollte authentisch besetzen, und zwar nicht nur die großen Rollen, sondern auch die kleinen, scheinbar unwichtigen. Ganz zu schweigen von den Statisten! Natürlich hätte man auch Holländer nehmen können oder Rumänen, die Kulissen in Tschechien aufbauen oder sogar in Kalifornien. Aber mir war wichtig, dass das Deutsche nicht bloß Behauptung, sondern bis ins kleinste Hintergrundgeräusch glaubwürdig ist.
OÖN: Nachdem „Inglourious Basterds“ in Cannes Premiere hatte, sind Sie noch einmal zurück in den Schneideraum gegangen und haben ein paar Minuten hinzugefügt...
Tarantino: Das ist richtig. Für meine Cutterin Sally Menke und mich ist es immer wichtig, den Film am Ende des Schneidens richtig mit Publikum zu sehen. Gar nicht im üblichen Hollywood-Stil, wo nach Testvorführungen ganz viele Fragebögen ausgefüllt werden, sondern einfach um die Reaktionen zu spüren. Danach kann man dann noch ein, zwei Tage lang ein paar Details und Feinheiten bearbeiten und verändern, bevor man endgültig fertig ist. Doch weil wir dieses Mal erst in letzter Sekunde für das Festival in Cannes fertig wurden, hatten wir dafür keine Zeit. Natürlich waren wir auch mit der Version zufrieden, die wir dort gezeigt haben. Aber dieser allerletzte Schliff fehlte eben.
OÖN: Die Änderungen hatten also nichts damit zu tun, dass einige Kritiker den Film in Cannes zu lang oder zu wenig brutal fanden?
Tarantino: Überhaupt nicht. Ich habe schließlich nur ein paar Szenen ganz leicht gekürzt, dafür aber eine ganz neue eingefügt. Die wiederum aber überhaupt nichts mit Gewalt zu tun hat. Das lag einfach an den Reaktionen in der Vorführung, die wir dann in der Woche nach Cannes mit einem großen Publikum in Los Angeles machten. Das Screening in Cannes selbst taugte dafür nicht, denn die Zuschauer dort sind natürlich nicht unbedingt repräsentativ. Und ich war viel zu nervös, um an irgendetwas anderes zu denken als an die stehenden Ovationen, die ich hoffentlich bekommen würde.
OÖN: Die beiden Worte in Ihrem Filmtitel sind absichtlich falsch geschrieben. Warum eigentlich?
Tarantino: Das erkläre ich nicht, tut mir leid. Das war natürlich ein künstlerischer Einfall, aber wenn ich den Gedanken dahinter erklären würde, hätte ich ihn auch gleich weglassen können. Ein bisschen Interpretation Ihrerseits muss schon sein!
OÖN: Glauben Sie, dass künftig mehr Filme mit einer so internationalen Besetzung und verschiedenen Sprachen gedreht werden?
Tarantino: Wir werden das häufiger sehen, das denke ich schon. Nicht zuletzt bei Filmen über den Zweiten Weltkrieg, wo nun einmal ganz viele verschiedene Nationalitäten und Völker involviert waren. Nachdem ich das mit „Inglourious Basterds“ so hervorragend vorgemacht habe, kann man diese Filme eigentlich gar nicht mehr anders drehen. Es war immer schon peinlich, sämtliche Rollen mit englischsprachigen Schauspielern zu besetzen. Aber es nach diesem Film immer noch zu machen, wäre noch peinlicher! Würde Spielberg erst heute „Schindlers Liste“ machen, bliebe ihm kaum etwas anderes über, als ihn in Deutschland zu drehen.
OÖN: Trotzdem ein Wort zu Ihrem amerikanischen Hauptdarsteller. Was hat Brad Pitt, was andere Stars nicht haben?
Tarantino: Momentan ist die beste Zeit, um mit ihm zu arbeiten. Er ist auf dem Zenit seines ikonischen Ruhms und nicht mehr nur ein hübsches Bübchen, sondern ein echter Mann, ein blendend aussehender Filmstar der klassischsten Art! Als Lt. Aldo Raine hätte ich mir niemand anderen vorstellen können. In der Regel habe ich für die Besetzung einer Rolle immer ein paar Alternativen im Kopf, die mitunter auch höchst unterschiedlich sind. Aber nicht dieses Mal! Außer Brad kam eigentlich niemand sonst infrage und ich hätte echte Probleme bekommen, wenn er abgesagt hätte. Ich hatte verdammtes Glück, denn nicht nur musste es unbedingt Brad sein, sondern das dann auch noch zu meinen Konditionen und sofort. Normalerweise sollte man die Sache anders angehen, wenn man den größten Star der Welt gewinnen will...