ORF: Casino-Manager wird Pelinkas Nachfolger im Stiftungsrat
Ein 49-Jähriger wird Nachfolger eines 25-Jährigen. „Casinos Austria“-Vorstand Dietmar Hoscher übernimmt das SPÖ-Ticket im ORF-Stiftungsrat, das mit der Bestellung von Niko Pelinka zum Büroleiter von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz frei geworden ist.
Der ehemalige Berufspolitiker Hoscher (Abgeordneter zum Bundesrat/99-02 und zum Nationalrat/02-06) hatte sich einst als Vorstandsmitglied von Rapid Wien um das Präsidentenamt bei der Österreichischen Fußball-Bundesliga beworben und die Abstimmung gegen Hans Rinner verloren, der 75 von 80 möglichen Stimmen bekam.
Nach dem gestrigen Beschluss des Ministerrates, Hoscher ins oberste Gremium des ORF zu bestellen, ging dieser davon aus, wie Pelinka auch Leiter des SPÖ-Freundeskreises zu werden: „Das wurde so beschlossen.“ Eine Stunde später räumte Hoscher ein Missverständnis ein und korrigierte: „Selbstverständlich muss der Freundeskreis das beschließen.“ Ob er die Funktion anstrebe? „Das werden wir im Freundeskreis in einer eigenen Sitzung besprechen.“ Nach Pelinkas Abgang im Stiftungsrat übernahm Josef Kirchberger dieses Amt.
Zu den Protesten und Querelen rund um seinen Vorgänger Pelinka sagte Hoscher: „Ich war lange genug selbst in der Politik und mittlerweile in der Wirtschaft tätig. Aus beiden Funktionen heraus kann ich nur sagen: Jeder sucht sich seinen Assistenten oder Büroleiter selbst aus. Das ist ganz klar.“
Nach den „Zeit im Bild“-Redakteuren (die OÖNachrichten berichteten) wandten sich gestern auch die ORF-Journalisten der Magazine und Servicesendungen an Wrabetz und forderten ihn nach einer Sitzung mit TV-Direktorin Kathrin Zechner auf, „die laufende, imageschädigende Diskussion um die Unabhängigkeit des ORF zu beenden und auf die geplanten und offensichtlich parteipolitisch paktierten Postenbesetzungen zu verzichten“.
Proteste gehen weiter
Der Redakteursrat verschickte ein den OÖNachrichten vorliegendes E-Mail (siehe unten) an alle Stiftungsräte. Der Redakteursrat begrüßte darin die Wrabetz vermittelte Empfehlung, dass „Bestellungen entsprechend den beschlossenen Arbeitsbildern erfolgen“ sollen, allerdings sei damit das Kernproblem der jüngsten Personalentscheidungen im ORF-Management nicht beseitigt. Der Redakteursrat schreibt: „Es wurde versucht, mit der für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk existentiell notwendigen Unabhängigkeit Unvereinbares zu exekutieren. Damit wurde der Eindruck erweckt, der ORF hinge am Gängelband der Parteien.“ Die Proteste der Redakteure würden erst dann eingestellt werden, „wenn gesichert ist, dass nicht versucht wird, die mit der ORF-Unabhängigkeit unvereinbaren Postenbesetzungen weiterhin ... vorzunehmen.“
Wrabetz ist bislang für niemanden zu erreichen. Stiftungsratsvorsitzende Brigitte Kulovits-Rupp sagte, sie „warte seit gestern auf Antwort“.
Brief des Redakteursrates an Mitglieder des ORF-Stiftungsrates:
Die Bevölkerung sollte stärker für einen unabhängigen ORF eintreten. Die Hofberichterstattung z.b. beim ORF OÖ ist unerträglich. Dafür feiern die angeblich unabhängigen Journalisten gemeinsam mit den Politikern auf diversen Empfängen, die der Steuerzahler finanzieren kann.
geht weiter!
Wenn sich die Jugend immer mehr von der Politik abwendet und keinerlei Interesse daran zeigt, darf sich keiner wundern.
Die Infiltration unseres schönen Landes durch Parteisoldaten hat mittlerweile ein Ausmaß angenommen, das nicht nur ungustiös, sondern auch extrem fortschrittshemmend geworden ist.
Egal welche Partei, es wird jede Möglichkeit genutzt. Nur der Druck der Öffentlichkeit kann eine Trendumkehr bewirken.