„Berlin Nobody“: Gänsehaut-Horror am Ufer der Spree
„Berlin Nobody“ mit Sophie Rois: Kino, das die Angstlust feiert, aber nicht den gediegenen Inhalt
Handfestes Horrorkino aus Deutschland hat Seltenheitswert. Nach Welterfolgen zur Stummfilmzeit wie „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ (1922) in der Regie von Friedrich Wilhelm Murnau kam in Sachen Grusel vom Nachbarland kaum Bemerkenswertes. Schon allein deshalb verdient sich der neue Kinofilm „Berlin Nobody“ Aufmerksamkeit.
Die US-amerikanisch-deutsche Koproduktion mit der Ottensheimerin und Wahl-Berlinerin Sophie Rois erzählt nämlich wahrlich eine Schauergeschichte, die stilistisch überzeugt und viele Szenen liefert, die Gänsehaut bereiten.
Sekten- und Teenagersorgen
Der nicht zu kleine Wermutstropfen: Die grundlegende Story ist überschaubar. Am Beginn steht ein offensichtlicher Gruppenselbstmord in Berlin. Schriftsteller und Sozialpsychologe Ben Monroe, verkörpert vom australischen Hollywood-Star Eric Bana („München“, „Troja“, „Hulk“), wird in die Aufklärung einbezogen.
Parallel versucht der Forscher, der mit Untersuchungen zu Sekten und ihrem Einfluss bekannt geworden ist, das konfliktgeladene Verhältnis zu seiner halbwüchsigen Tochter Mazzy zu kitten. Die junge Frau wird von der aus „Stranger Things“ bekannten Sadie Sink gespielt. Monroe hatte sich von Frau und Familie getrennt und war nach Berlin gekommen, jetzt besucht ihn sein Kind. Auf seiner Aufklärungsmission strauchelt er durch ein Gewirr aus Sektenunwesen, Lebensängsten und Ideologiemissbrauch. Zu allem Überfluss verliebt sich Mazzy auch noch in den zwielichtigen Martin, den der junge Deutsche Jonas Dassler („Das schweigende Klassenzimmer“, „Werk ohne Autor“) gibt. Martin arbeitet für eine Umwelt-NGO, die von der mysteriösen Hilma (Rois) geleitet wird.
Die britische Drehbuchautorin und Regisseurin Jordan Scott, Tochter der Regielegende Ridley Scott (mehr unten), hat für „Berlin Nobody“ den Roman „Tokyo“ ihres Landsmanns Nicholas Hogg adaptiert. Dabei verlegte sie den Handlungsort vom japanischen Tokio in die deutsche Hauptstadt. Zwingend wäre das nicht gewesen, verhilft Berlin jedoch zu schön-schaurigen Kinoehren.
Mit Rois und Dassler sind zwei der profiliertesten Darsteller des deutschsprachigen Raums Teil des Ensembles, sie legen eine intensive Leistung ab. Kurzum: Auf dem Nachhauseweg nach dem Film möchte man ihnen nicht unbedingt begegnen. (apa/claus)
„Berlin Nobody“: D/USA 2024, 94 Min., Regie: Jordan Scott, ab Donnerstag im Kino, Bewertung: drei von sechs Sternen
Zur Regisseurin
Jordan Scott wurde 1977 als Tochter von Ridley Scott („Gladiator“, „Alien“, „Bladerunner“) und der Produzentin Sandy Watson in London geboren. Die 47-Jährige hatte mit Tony Scott (1944–2012, „Top Gun“) auch einen in der Regie berühmten Onkel. 2009 legte die sporadisch im Film arbeitende Spezialistin für Werbekampagnen (u. a. Nike, Prada) bereits den Spielfilm „Cracks“ (mit Eva Green) über ein Mädchen-Internat vor.