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Salzburger Festspiele: Jacques Offenbachs Oper "Les Contes d’Hoffmann" enttäuschte

Von Michael Wruss, 15. August 2024, 16:26 Uhr

Belanglos inszeniert und musiziert, wurde die letzte große Opernpremiere am Dienstagabend vom Publikum sehr ambivalent aufgenommen.

Jaques Offenbachs einzige Oper „Les contes d’Hoffmann“ ist ein Werk, bei dem man sich eigentlich des Erfolgs sicher sein könnte, wenn nicht so viel aus der Spur gelaufen wäre wie an diesem Abend. 

Das beginnt mit dem Dirigat von Marc Minkowski, der als Alte-Musik-Spezialist philologisch an die Sache heranging und die um spätere Zutaten bereinigte und mit wieder aufgefundenem Skizzenmaterial ergänzte Fassung von Michael Kaye und Jean-Christophe Keck wählte. Das ist positiv, wie auch jener Umstand, nicht zu kürzen und alle Arien singen zu lassen. Allerdings war die musikalische Umsetzung mit den Wiener Philharmonikern alles andere als diesem Meisterwerk angemessen, wobei das nicht am Orchester lag, das mit wunderbar gefühlvollen Soli beeindruckte, sondern vielmehr, dass es zwischen Orchester und Bühne gewaltig wackelte und die rhythmische Präzision mit dem Chor eher Fehlanzeige war. Ein belangloses zur ebenso großteils belanglosen Inszenierung passendes Musizieren.

Ein Obdachloser mit Einkaufswagerl

Wenn man mit einem Stück nichts wirklich anzufangen weiß, dann scheinen heutige Regisseure sich in eine Theater im Theater Situation oder wie auch an diesem Abend gleich ins Filmstudio zu begeben. Hatten wir letztes Jahr genauso bei Verdis „Falstaff“. Hoffmann, kein Dichter mit liebesbedingter Schreibblockade, sondern ein abgesandelter Filmregisseur, der als Obdachloser mit einem Einkaufswagerl auf der Bühne herumirrt und darin die Erinnerungen an die Fiktion seiner Geliebten auf Zelluloid gebannt herumschleppt. Alle drei Figuren sind Projektionen seiner angebeteten Stella, sind Charakterzüge ein und derselben Frau. Dabei soll sich laut Regisseurin Mariame Clément die bei Offenbach fehlende Persönlichkeitsentwicklung ergeben. Im Olympia-Akt ist Hoffmann noch ein Low Budget-Filmer, der einen Barbarella-Verschnitt dreht, bei dem die schräge Figur im Metalloutfit auch gar keine Puppe, sondern einfach die Projektion seiner Sehnsüchte darstellt. Da passiert so manches mit Witz und auch das 70er-Jahre Setting samt Schlaghosen mag ja ganz nett anzusehen sein. Die Idee des Phantastischen geht allerdings genauso Flöten, wie die Harfe, die Olympia begleiten soll. Hier bedient Nicklausse sich heftig im Beat schüttelnd ein Keyboard. Wie einfallsreich!

Im Antonia-Akt erscheint Regisseur Hoffmann auf dem Höhepunkt und inszeniert einen Historienschinken in CinemaScope. Was auch schon im Olympia-Akt befremdlich gewirkt hat, ist der Umstand, dass eigentlich die Figur, die mit den Frauen interagieren sollte, der Regisseur ist, weshalb Mariame Clément hier dann auch ein Hoffmann-Double benötigt, dem der Regisseur angestrengt ins Drehbuch starrend seine Stimme leiht. Warum gerade Hoffmann diese Frau begehrt, ist genauso unklar, wie die große Distanz im Giulietta-Akt, der ziemlich glanzlos vorüberzieht. Wenn man schon in der Filmwelt bleiben möchte, dann wäre wohl das Setting einer Oscar-Verleihung angebracht. So nur grau in grau und wenig animierend. Gereift ist dieser Hoffmann nur wenig und fährt zum Schluss mit seinem Einkaufswagerl wieder von der Bühne, die von Julia Hansen opulent, aber wenig eindrucksvoll, gestaltet ist. Viel Firlefanz und wiederum die massive Angst der Regisseurin, dass Musik allein nicht wirken kann und dass sich die Qualität einer Inszenierung über die Zahl an planlos über die Bühne laufenden Statisten definiert. Intimität ebenso Fehlanzeige.

Benjamin Bernheim als famoser "Hoffmann

Sängerisch hat vor allem Benjamin Bernheim als Hoffmann so manches ins Lot gebracht. Er hat sich trotz der eigenwilligen Rolleninterpretation voll und ganz auf das Singen konzentriert und die Rolle höchst vielfältig, subtil phrasierend und stimmlich restlos überzeugend umgesetzt. Wahrscheinlich einer der besten Hoffmanns unserer Tage. Kate Lindsey ist als Muse/Nicklausse immer mehr aufgegangen und war von den Damen eigentlich die überzeugendste Sängerin. Kathryn Lewek hat zwar die Fähigkeit, alle Rollen von Olympia bis Stella beeindruckend zu singen, war aber entweder durch den Regie-Krempel zu sehr abgelenkt oder durch Minkowskis einfältiges Dirigat wenig ermutigt, wirklich zu brillieren. Davon war auch Christian Van Horn als Verkörperung der vier „Bösewichter“ weit entfernt. Er überzeugte schauspielerisch, wirkte aber sängerisch selten bestplatziert. Marc Mauillon (Dienerrollen), Géraldine Chauvet (Mutter) und Michael Laurenz (Spalanzani) führten das weitere, gemischt erfolgreiche Ensemble an. Der Staatsopernchor hat seine Qualitäten nur bedingt ausspielen können und wurde nur selten in Einklang mit dem Orchester gebracht.

Fazit: „Hoffmann“ hätte mit Benjamin Bernheim die Sensation sein können. Geworden ist es aber ein überinszenierter Fehltritt.

 

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Autor
Michael Wruss
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