Jedermann stirbt, "Everywoman" nicht
Salzburger Festspiele: Milo Raus Uraufführung konfrontiert uns mit dem Tod.
Jedermann stirbt. Everywoman nicht. Noch nicht. Die deutsche Patientin Helga Bedau, die für die letzte Premiere der Salzburger Festspiele 2020 per Video über ihre Bauchspeicheldrüsenkrebs-Diagnose erzählt hatte, konnte am Mittwoch bei der Uraufführung von "Everywoman" in der Szene Salzburg gemeinsam mit der Schauspielerin Ursina Lardi den Applaus persönlich entgegennehmen.
Milo Rau war von den Salzburger Festspielen eingeladen worden, Hugo von Hofmannsthals Domplatz-Klassiker zum 100. Geburtstag des Festivals aktuell zu spiegeln. Der Glaube und die Kirche hatten an diesem Abend jedoch nicht viel zu melden. Die Auseinandersetzung mit Tod und Leben ist in der vom Schweizer Regisseur zusammen mit Lardi entwickelten 80-minütigen Arbeit weltlich geprägt.
Zwar beginnt das Stück mit langem Glockenläuten vom Tonband, doch die Bezugnahmen auf den "Jedermann" bleiben überschaubar. Wissen Sie, ich dachte, wir spielen den ,Jedermann‘", wendet sich Bedau einmal an Lardi, als sie wieder nur von sich erzählen soll. Die im Ruhrgebiet geborene 71-Jährige, die seit 1968 in Berlin lebt, hat auf dem Video an einem langen "Jedermann"-Tisch Platz genommen. Trocken und frei von Selbstmitleid beantwortet sie Lardis Fragen nach ihrem Leben und ihrem Umgang mit ihrem nahen Tod. Was bedeutet der Tod für einen, wenn man nicht nur theoretisch, sondern auch unmittelbar mit ihm konfrontiert ist?
"Doch, es war schön"
Die Antworten von "Everywoman" darauf sind weder originell noch überraschend. Aber sie treffen einen wohl unmittelbarer als auf dem Domplatz, wo im "Jedermann" eben nicht jedermann, sondern ein ganz spezieller Fall verhandelt wird, mit dem sich wohl nicht jeder identifizieren möchte. Am Ende spielt Lardi für Bedau Bach und knipst den Sommerregen an, den diese sich für ihren Todestag gewünscht hat. Ihr Schlusswort: "Doch, es war schön." Und der Tod muss noch warten. (apa)
Fazit: Was bedeutet der Tod, ist man direkt mit ihm konfrontiert? Die Antworten von "Everywoman" treffen einen unmittelbar.
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