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Nach 320 Jahren: "Wiener Zeitung" erscheint heute zum letzten Mal

Von nachrichten.at/apa, 30. Juni 2023, 06:29 Uhr
Der letzte Andruck: Die Printausgabe der "Wiener Zeitung" ist mit dem heutigen Tag Geschichte. Bild: ROLAND SCHLAGER (APA)

WIEN. Die "Wiener Zeitung" ist am Freitag ein letztes Mal als gedruckte Tageszeitung erschienen. Erstmals kam sie am 8. August 1703 - damals noch als "Wiennerisches Diarium" - auf den Markt und galt damit als älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt.

Künftig wird das republikseigene Blatt primär als Onlinemedium geführt, wobei die Redaktion deutlich auf ca. 20 Personen schrumpft. Die Umstellung basiert auf einem Gesetz der Regierung, das für heftige Kritik sorgte.

Am Donnerstagabend wurden in der Druckerei Herold im 3. Wiener Gemeindebezirk zum letzten Mal für die "Wiener Zeitung" die Druckmaschinen angeworfen. Ein letztes Mal ratterten die Zeitungen bei gehörigem Lärm durch die Halle und wurden abgepackt. Viele aus der Belegschaft waren anwesend, darunter Thomas Seifert und Judith Belfkih, die die Redaktion zuletzt interimistisch geleitet hatten.

"Unglaublich sinnlos"

Gegenüber der APA spricht Seifert mit Blick auf den Entschluss der Regierung von einem "medienpolitischen Vandalenakt kulturloser Barbaren". Er empfinde eine Mischung aus Wut, Wehmut und Trauer über das Ende von 320 Jahren Zeitungsgeschichte. Die Regierung habe es verabsäumt, einen Käufer zu finden. Auch Ex-Chefredakteur Walter Hämmerle war anwesend. "Was für ein unglaublich sinnloses Unterfangen. Ich glaube, die Entscheider ahnen, dass es sich um eine monumentale Fehlentscheidung handelt, diese lange Tradition einfach einzustellen", sagte er.

"Die letzte Ausgabe ist von Nostalgie getragen. Wir erinnern an die lange Geschichte der Zeitung und verneigen uns vor den Leserinnen und Lesern", so Seifert. Auf der weitgehend weißen Titelseite wird anhand mehrerer Zahlen die Geschichte der Zeitung vor Augen geführt: "116.840 Tage, 3.839 Monate, 320 Jahre, 12 Präsidenten, 10 Kaiser, 2 Republiken, 1 Zeitung". Im Blattinneren finden sich etwa Interviews mit den zwei Altkanzlern Franz Vranitzky und Wolfgang Schüssel oder auch Arnold Schwarzenegger. Ex-Bundespräsident Heinz Fischer erweist der "Wiener Zeitung" seine letzte Reverenz, und die Redakteurinnen und Redakteure verabschieden sich mit Kurztexten. Die Auflage wurde für die letzte Ausgabe auf 50.000 Stück weit über das Normalniveau aufgestockt. Der Umfang wurde ebenfalls erweitert.

Bildergalerie: Nach 320 Jahren: "Wiener Zeitung" erscheint zum letzten Mal

Nach 320 Jahren: "Wiener Zeitung" erscheint zum letzten Mal
Nach 320 Jahren: "Wiener Zeitung" erscheint zum letzten Mal (Foto: ROLAND SCHLAGER (APA)) Bild 1/24
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Anlass für die Gesetzesänderung durch die schwarz-grüne Bundesregierung war, dass die Pflichtveröffentlichungen im Amtsblatt der "Wiener Zeitung" wegfallen, womit der Großteil des Umsatzes der Wiener Zeitung GmbH wegbricht. Die Veröffentlichungen der Unternehmen erfolgen künftig digital. Pro Jahr sind 16,5 Millionen Euro aus dem Budget für die Wiener Zeitung GmbH vorgesehen. 7,5 Millionen Euro davon sind für die Redaktion reserviert, 6 Millionen Euro für einen "Media Hub Austria", der eine praxisorientierte Journalismusausbildung bieten soll.

Start von neuem Onlineauftritt

Der neue Onlineauftritt der "Wiener Zeitung" startet morgen, Samstag. "Die neue 'Wiener Zeitung' erhält die Aufgabe, Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewusstsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken", hielt "Wiener Zeitung"-Geschäftsführer Martin Fleischhacker auf APA-Anfrage fest. Punkten wolle man mit "lösungsorientiertem Journalismus und Datenjournalismus". Auf Tagesaktualität werde bewusst verzichtet, andere Medienhäuser sehe man nicht als Konkurrenz.

Mit der Umstellung geht ein markanter Personalabbau einher. Unternehmensweit sind insgesamt 63 Vertragsauflösungen geplant, davon 35 aus der Redaktion. Die Chefredaktion geht und auch drei Belegschaftsvertreter werden freigestellt. Künftig werden ungefähr 20 Personen ständig in der Redaktion beschäftigt sein. Die Gewerkschaft GPA zeigte sich über den "personellen Kahlschlag" empört und kündigte an, speziell gegen die Kündigungen der Belegschaftsvertreter, die "jetzt massiv unter Druck gesetzt werden", mit rechtlichen Mitteln vorzugehen.

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Wiener Zeitung: Morgen erscheint die älteste Tageszeitung der Welt zum letzten Mal

Im Gesetz ist nach Maßgabe der finanziellen Mittel Spielraum für eine Printausgabe der "Wiener Zeitung" vorgesehen. "Es ist geplant, dass die erste Printausgabe mit Jahresbeginn 2024 erscheint. Das Produkt und Erscheinungsintervall befinden sich in Entwicklung", so Fleischhacker. Auch künftig soll es ein Redaktionsstatut geben, das die Unabhängigkeit sicherstellt. Auch werde ein wissenschaftlicher Beirat eingerichtet, so der Geschäftsführer.

Bei Branchenvertretern sorgte nicht nur die Einstellung der Printtageszeitung für Kritik, sondern auch der "Media Hub Austria". So befürchtete etwa der Presseclub Concordia eine "einschneidende Verstaatlichung journalistischer Aus- und Fortbildung" in Weisungslinie des Bundeskanzleramts. Fleischhacker bezeichnet diese Bedenken als substanzlos. So werde die Unabhängigkeit durch einen Beirat sichergestellt und führe die angestrebte breite Basis an Kooperationspartner zusätzlich zu Transparenz, meinte er.

Der Presseclub Concordia sprach angesichts der Einstellung der Tageszeitung von einem "unwürdigen Ende" und einem "undurchsichtigen Neustart". "Dieses Gesetz ist ein Tiefpunkt in der schon bisher nicht sehr hochstehenden Medienpolitik dieses Landes", so Concordia-Präsident Andreas Koller. Die Republik als Eigentümerin hätte die moralische Verpflichtung gehabt, ein tragfähiges Zukunftskonzept zu entwickeln.

Video: Letzte Ausgabe der Wiener Zeitung

"Schritt in Richtung Mediensystem a la Orbán"

SPÖ-Chef Andreas Babler ortete einen "bitteren Tag für Österreich als Medienstandort und Kulturland". Er wolle diesen "medienpolitischen Skandal" nicht akzeptieren und betonte, Mittel und Wege zu suchen, um die "Wiener Zeitung" als gedruckte Tageszeitung zurückzuholen, sobald man wieder in Regierungsverantwortung sei. NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter sprach von einem "Totalversagen der Regierung". Die älteste Tageszeitung der Welt sei gestorben, um als PR-Maschine der Regierung Wiederauferstehung zu feiern. "Das ist ein weiterer großer Schritt in Richtung Mediensystem a la Orbán."

Mit der Einstellung der "Wiener Zeitung" schrumpft die Zahl der Tageszeitungen hierzulande auf 13. Das Zepter für die älteste Tageszeitung Österreichs übernimmt "Die Presse". Sie erschien erstmals 1848 und feiert demnächst ihr 175-jähriges Bestehen. Weltweit betrachtet ist ab 1. Juli die "Hildesheimer Allgemeine Zeitung" neue älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt. Die erste Ausgabe der deutschen Zeitung kam am 24. Juni 1705 auf den Markt und damit mehr als ein Jahr später als die "Wiener Zeitung".

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17  Kommentare
17  Kommentare
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reibungslos (14.919 Kommentare)
am 30.06.2023 19:14

Es gäbe ja noch ältere Zeitungen, wenn sie man sie auch gelesen hätte.

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2020Hallo (4.618 Kommentare)
am 30.06.2023 18:57

Eine Schande für die Regierung!

Ob sich die Raab heut die letzte Zeitung gekauft hat oder sitzt die nu immer in Frankreich?

Für so etwas bekommen die Politiker noch bezahlt? 👎👎👎👎🙈🙈🙈🙈

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observer (22.416 Kommentare)
am 30.06.2023 16:21

Eine Kulturschande !

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transalp (10.678 Kommentare)
am 30.06.2023 13:48

Ich gehöre zwar nicht zu den Leser dieser "altehrwürdigen" Zeitung.
Da sich aber u.a. viele Kulturgrößen zu Wort gemeldet haben, dürfte wohl doch einiges für den Erhalt der Printausgabe sprechen.
Aber die ÖVP fuhr nun da knallhart drüber !
Appelle für den Erhalt ist denen wurscht.
Was kommt als nächstes?

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transalp (10.678 Kommentare)
am 30.06.2023 13:08

DASS die ÖVP kein Gefühl für so manches Erhaltungwürdiges mehr hat ist schon lange bekannt
Trotz vieler Proteste
aus dem In- und Ausland wird da knallhart drübergefahren
Viele Kulturkreisen setzten sich für den Erhalt dieser Print-Zeitunf ein- ubd der ganz große, leider vwrstorbene Journalist ä Hugo Poetisch, aetzte sich schon bald für die Zeitung ein, wollte
sie dauerhaft schützen ..
Das alkes ist dieser övp wurscht- die fährt knallhart drüber!

Dass aber die Grünen da mitmachen ist beschämend, ertaunlich- oder doch wieder nicht wenn man sich ansieht was diese Grünen mit den türkisen derzeit so mittragen und durchwinken!
Schande!
Diese Regierung ÖVP-Grün: zum Vergessen!
Nein Danke!

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transalp (10.678 Kommentare)
am 30.06.2023 13:10

...Viele Kulturgrössen...

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transalp (10.678 Kommentare)
am 30.06.2023 13:14

Aber gleich vorweg gesagt:
Die FPÖ ist schon gar keine Option!
Denn, wenns nach denen ginge, könnte es sein, dass die Medienlandschaft in Ö schnell mal ganz anders aussieht
NIEMALS Kickl.. 😡👎
.
Einer, der den Orban als Vorbild nennt, der bekanntlich massiv in die freie Presse eingreift, ein solch ein Unterstützer darf niemals in die Regierung kommen..👎😡
Wehret den Anfängen.

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transalp (10.678 Kommentare)
am 30.06.2023 13:15

. verstorbene Journalist Hugo Portisch, setzte sich..

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alex4490 (153 Kommentare)
am 30.06.2023 11:52

Vielleicht hätte Herr Seifert (oder jemand anderer) halt mehr Anstrengungen unternehmen sollen, Abonnenten für seine Zeitung zu finden.
Zu verlangen, dass der Steuerzahler eine Zeitung erhalten soll, nur weil es sie länger als andere gibt, ist halt ein bisschen billig.
Obwohl: So billig war's dann wahrscheinlich doch nicht.

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u25 (5.225 Kommentare)
am 30.06.2023 10:06

Merkt niemand

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transalp (10.678 Kommentare)
am 30.06.2023 12:35

Personen wie Sie wohl kaum.
Sie lesen vermutlich lieber das Waschblattl von der FPÖ.. 🙈🤣

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ECHOLOT (8.928 Kommentare)
am 30.06.2023 07:20

Die älteste Zeitung der Welt einzustellen, dazu gehört schon unheimlich viel Blödheit und Ignoranz

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berufstaetiger (155 Kommentare)
am 30.06.2023 08:20

Denke du hast die Zeitung auch nicht gelesen….

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NeujahrsUNgluecksschweinchen (27.960 Kommentare)
am 30.06.2023 09:54

Nur anlassbedingt, um in den Belegexemplaren zu prüfen, ob die Zwangsinserate korrekt abgerechnet wurden.
Dieses antiquierte Geschäftsmodell der Veröffentlichungen fällt jetzt weg, die Regierung hat aber das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, in dem es nicht für ein zukunftsträchtiges Modell und Zwischenfinanzierung sorgte.

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transalp (10.678 Kommentare)
am 30.06.2023 13:20

Schweinchen- ich mache mir Sorgen um Ihre Antwort-
die Frage war an Echolot gerichtet..!!
Der Sie doch sicher (hoffentlich( nicht sind???? 🤔🤔🤔

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transalp (10.678 Kommentare)
am 30.06.2023 13:21

(..."Denke du hast die Zeitung auch nicht gelesen….")

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alex4490 (153 Kommentare)
am 30.06.2023 11:57

Warum. Die älteste Zeitung der Welt zu sein ist für sich genommen keine Existenzberechtigung und kein Qualiätsmerkmal.

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