Der Doktor der Eingeborenen
Vor 50 Jahren starb der Theologe, Philosoph, Organist und Arzt Albert Schweitzer, dem für sein Urwaldhospital der Friedensnobelpreis verliehen wurde.
- Vor 50 Jahren starb der Theologe, Philosoph, Organist und Arzt Albert Schweitzer, dem für sein Urwaldhospital der Friedensnobelpreis verliehen wurde.
Für Albert Schweitzers Freunde und Bekannte muss es eine große Überraschung gewesen sein. Im Herbst 1905 teilte ihnen der 28-Jährige mit, er werde nun ein Studium der Medizin aufnehmen. Der Spross einer elsässischen Pfarrersfamilie konnte bereits zwei Doktortitel in Philosophie und Theologie vorweisen, er war auch ein anerkannter Orgelspieler. Und nun nochmals ein Neuanfang?
Die Überraschung wurde noch größer, weil der junge Wissenschafter auch gleich seine Zukunftspläne offenlegte. Er wolle eine vielversprechende akademische Laufbahn aufgeben, um später einmal, so seine eigenen Worte, "den Eingeborenen der Gegend von Lambaréné im westlichen Äquatorialafrika als Arzt zu dienen". Und Schweitzer machte ernst. Das Urwaldhospital im heutigen Gabun wurde bis zu seinem Tod am 4. September 1965 seine Hauptaufgabe. 1953 wurde ihm für seine Tätigkeit dort der Friedensnobelpreis verliehen.
"Mystisches" Christentum
Schweitzer nahm das Evangelium, über das er als Pfarrvikar predigte und als Universitätsdozent forschte, ernst. Er wollte "am Reich Gottes mit Hand anlegen", und war während der historischen Arbeit für sich zu dem Schluss gekommen, eine akademische Laufbahn würde ihn zu sehr an die "Welt" binden. Dabei verstand er sein Christentum weniger dogmatisch als "mystisch". Mystik, definierte er, "liegt überall vor, wo ein Menschenwesen die Trennung zwischen irdisch und überirdisch, zeitlich und ewig als überwunden ansieht und sich selber als zum Überirdischen und Ewigen eingegangen erlebt". Schweitzer erlebte diesen Eingang wohl am ehesten, wenn er Orgel spielte – Johann Sebastian Bach, vor allem die Choräle. "Durch die Wahl der Stücke und die Art der Wiedergabe versuche ich, den Konzertsaal zur Kirche zu machen", sagte er einmal. "Durch ihren gleichmäßigen und dauernd aushaltbaren Ton hat die Orgel etwas von der Art des Ewigen an sich." Profan betrachtet, dienten die Orgelkonzerte Schweitzer vor allem dazu, Geld für Lambaréné einzunehmen. Das Finanzielle war nicht die einzige Schwierigkeit, mit der er zu kämpfen hatte. Bereits 1914, ein Jahr nach der Gründung, war er wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit von der französischen Kolonialverwaltung unter Hausarrest gestellt worden. 1917 ließen ihn die Behörden nach Frankreich bringen und bis Kriegsende internieren. Schweitzer nutzte die Pause, um die Ethik, zu der ihn sein christlicher Glaube geführt hatte, philosophisch näher zu reflektieren. "Ich bin dazu gekommen, das große Gebot der Liebe, das im Mittelpunkt der Verkündigung Jesu steht, als etwas Denknotwendiges zu begreifen." Dabei deutete er die Nächstenliebe in einem Maße, wie es für einen protestantischen Theologen erstaunlich ist – mit Kategorien aus den nichtchristlichen Religionen Asiens, aus Hinduismus und Buddhismus. Vor allem in Mahatma Gandhi, dem "heiligen Gandhi", wie er sagte, "dem christlichsten Hindu unseres Jahrhunderts", fand er einen Geistesverwandten.
1924 konnte er, nun als französischer Staatsbürger, nach Afrika zurückkehren. Ganz unumstritten blieb sein ärztliches Wirken dort nicht. Offenbar hatte Schweitzer einige Probleme damit, sich in die fremde Kultur mit ihren anderen Arbeitsgewohnheiten hineinzufinden, und er reagierte darauf mit einem im Grunde sehr europäischen Paternalismus. Dem nigerianischen Schriftsteller Chinua Achebe zufolge sagte Schweitzer einmal, die Afrikaner seien seine Brüder, aber seine "jüngeren Brüder".
Dem entspricht die Kritik, die der französische Militärarzt André Audoynaud, der in den 1960er-Jahren im Regierungshospital von Lambaréné arbeitete, später anbrachte: Sein Kollege habe einen ganz und gar "kolonialen" Führungsstil gepflegt. Auch mit seinen politischen Appellen im letzten Lebensjahrzehnt zog Schweitzer viel Widerspruch auf sich. Das Prinzip der Gewaltlosigkeit, der "Ehrfurcht vor dem Leben", hatte ihn zu einem konsequenten, seine Kritiker sagten "naiven, Pazifismus" geführt (1958, Schweitzer hatte sich einer Unterschriftensammlung gegen die Atombombenversuche angeschlossen, kommentierte die "Neue Zürcher Zeitung": "Das Wagnis, das er dem Westen zumutet, ist ungeheuerlich.").
Schweitzer – ein Vegetarier
Brüderlichkeit und Nächstenliebe reichten für Schweitzer über die Menschenwelt hinaus: "Die Tiere sind unsere Brüder, die großen wie die kleinen." "Meine Ansicht ist, dass wir, die wir für die Schonung der Tiere eintraten, ganz dem Fleischgenuss entsagen und auch gegen ihn reden." Dabei war ihm bewusst, dass diese Radikalität ins Dilemma führen musste, weil "Leben inmitten von Leben" nun einmal nicht ohne Verletzungen möglich ist. Einmal nahm Schweitzer einen verletzten Pelikan auf. Und kommentierte gegenüber einer Mitarbeiterin: "Wie leid tut es mir, so viele arme Fische opfern zu müssen!"
September 1965
Im September 1965 starb nicht nur Albert Schweitzer, was noch in diesem Monat geschah, haben wir hier für Sie recherchiert.
- 6. September: Im Nachruf zum Tod des 90-jährigen Albert Schweitzer war in den OÖNachrichten zu lesen: „So nahm der Uralte (...) sanften Abschied von dieser Welt. Umgeben von seinen engsten Mitarbeitern in einer Blockhütte des Urwaldspitals (...) ging der Apostel der Nächstenliebe hinüber in jenes Land, von des Bezirk kein Wand’rer wiederkehrt.“
- 4. September: Im „Literaturspiegel“ der OÖN-Wochenendbeilage stellte Kulturchef Josef Laßl unter dem Titel „Bei Männern welche Liebe fühlen“ fest, dass man homosexuelle Literatur in Massen auf dem deutschen Buchmarkt finde: „Dicke Bände sind voll der Verherrlichung der Homosexualität, so daß der Leser Intimitäten erfährt, die bisher streng gehütete Geheimnisse waren (...) Die Fachausdrücke: Tunte, Freier, Stricher, Schuß gehören zum Vokabular der andersgearteten Helden und bereichern wortschöpferisch die Sprache wie das Seemannsgarn oder das Jägerlatein.“
- 9. September: Mit Windgeschwindigkeiten bis zu 233 km/h trifft der Hurrikan Betsy nahe New Orleans auf die Küste des US-Bundesstaates Louisiana. 76 Menschen sterben, der Schaden wird mit 1,42 Milliarden Dollar beziffert. „Billion Dollar Betsy“ war der letzte schwere Wirbelsturm, der New Orleans heimsuchte – bis 40 Jahre danach Hurrikan Katrina grausam zuschlug.
- 26. September: Die deutsche Fußballnationalmannschaft qualifizierte sich durch ein 2:1 gegen Schweden für die Fußball-Weltmeisterschaft 1966 in England. Franz Beckenbauer bestritt dabei sein erstes Länderspiel.
Ein Vorbild in meiner frühen Jugend! Ein genialer Geist,
gepaart mit einem herzlichen Glauben an das Gute und
er hat es getan!
Später hat Ghandi in meinem Denken neben ihm Platz
gefunden!
Solche Vorbilder sind heute nicht mehr gefragt!
Einen Che habe ich immer abgelehnt!
tat viel gutes,allerdingst mit ecken und kanten!
egal, ohne das gibt es keinen idealismus und keinen erfolg. ich schließe mich der meinung oblios an...