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Die ersten Massaker und Kriegsverbrechen

Von Wolfgang Braun, 05. August 2014, 00:04 Uhr

Der deutsche Überfall auf das neutrale Belgien erschüttert die Weltöffentlichkeit.

"So waren wir gezwungen, uns über den berechtigten Protest der luxemburgischen und belgischen Regierung hinwegzusetzen. Das Unrecht, das wir damit tun, werden wir wieder gutmachen, sobald unser militärisches Ziel erreicht ist. Wer so bedroht ist wie wir und um sein Höchstes kämpft, der darf nur daran denken, wie er sich durchschlägt."

Mit diesen Worten rechtfertigte der deutsche Reichskanzler Theobald Bethmann Hollweg im deutschen Reichstag den Überfall deutscher Truppen auf das neutrale Belgien. In der Tages-Post waren Teile der Rede Bethmann Hollwegs abgedruckt.

Deutschland marschierte in Belgien aus strategischen Überlegungen ein. Auf diese Weise wollte man in der Lage sein, Frankreich über belgisches Gebiet von Norden her anzugreifen. Die Ostgrenze Frankreichs schien zu stark befestigt.

Für Großbritannien gab dieser Bruch des Völkerrechts durch Deutschland endgültig den Ausschlag, im Krieg an der Seite Frankreichs und Russlands einzugreifen.

Der deutsche Angriff auf Belgien begann am 4. August 1914. Lüttich war das erste Ziel. Womit die Deutschen nicht gerechnet hatten, war die erbitterte Gegenwehr, die die belgischen Truppen leisteten.

Für die deutsche Strategie, Frankreich rasch niederzuwerfen, um anschließend mit ganzer Macht gegen Russland vorgehen zu können, war jeglicher Zeitverlust in Belgien fatal. Entsprechend steigerte sich die Brutalität, mit der man eine rasche Entscheidung herbeiführen wollte.

Massenexekutionen

Es kam zu den ersten Massakern und Kriegsverbrechen, die die Weltöffentlichkeit erschütterten: Ganze Dörfer wurden dem Erdboden gleichgemacht. Ende August verwüsteten deutsche Soldaten die historische Stadt Löwen: Mehr als tausend Gebäude, darunter die Universitätsbibliothek, wurden niedergebrannt, mehr als 200 Menschen getötet. In Dinant kam es zu einer Massenexekution, bei der 674 Menschen, darunter viele Kinder, getötet wurden. Man sei von Partisanen angegriffen worden, so die Rechtfertigung aus Deutschland, der man international wenig Glauben schenkte.

2001 legte der deutsche Staatssekretär Walter Kolbow in Dinant einen Kranz beim Denkmal für die Opfer des Massakers nieder. Die Inschrift auf dem Denkmal lautet: "Gewidmet den 674 Märtyrern von Dinant, unschuldige Opfer der deutschen Barbarei".

 

Heute vor 100 Jahren in der Tagespost

Die Zensur hat in der Tages-Post-Ausgabe vom 5. August erstmals merkbare Spuren hinterlassen. In einigen Spalten finden die Leser weiße Flecken, dort, wo aus Sicht der Zensurbehörde unpassende Texte entfernt worden waren: Ein ganzer Absatz zum Beispiel unter der Überschrift „Ausschreitungen während des gestrigen Zapfenstreichs“.
Gewollt waren diese beanstandeten Passagen sicher nicht, denn die Linie der Tages-Post war alles andere als kriegskritisch. Man würdigte den Waffenbruder Deutschland und berichtete über eine angebliche „Panik in Paris“ und eine „verzweifelte Stimmung in Serbien“.

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