Biba und Mojica, zwei Trüffelhunde aus Istrien
Feinspitze haben den richtigen Riecher, wenn sie sich für eine kulinarische Reise nach Istrien entscheiden. Philipp Braun verfolgte die Fährte zweier Hunde im Wald, fand schwarze und weiße Trüffel und stolperte auf der Halbinsel von einem Genusshöhepunkt zum nächsten.
Die nassen Schnauzen beben vor Erregung. Die schwarze Biba und die semmelblonde Mojica zerren ungeduldig an der Leine. Zwei Mischlingshunde, beide von mittelgroßer Statur, sind fahrig und aufgedreht. Die Ursache der Rastlosigkeit findet sich im istrischen Erdreich wieder, und ist ein Pilz. Nicht irgendeiner. Sondern die Trüffel – eine der teuersten und begehrtesten Lebensmittel auf der Welt.
Erotisch aromatisch
Der Speisepilz betört die Sinne durch ein unvergleichliches Aroma, welches an Sexuallockstoffe erinnert. Hunde sind ganz wild danach und buddeln am liebsten die ganze Umgebung nach Trüffeln ab. Aber auch Gourmets werden bei den aphrodisierend geltenden Pilzen schwach und greifen für ein paar Gramm gerne etwas tiefer in die Geldbörse. Der Wert ist keinesfalls fix. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, der tagesaktuell festgelegt wird und, je nach Verfügbarkeit, Schwankungen ausgesetzt ist.
"Aktuell wird für ein Kilo schwarze Sommertrüffeln zwischen 250 und 300 Euro bezahlt. Für weiße Trüffeln muss man im Herbst zwischen 1000 und 6000 Euro pro Kilo rechnen", sagt Daniela Puh, Trüffelsucherin aus Istrien, die in Buzet das Familienunternehmen Natura tartufi betreibt, und mit den zwei Hunden Biba und Mojica, regelmäßig die Laubwälder durchforstet.
Da die menschliche Nase zum Auffinden von Trüffeln in den von Eichen, Haselnusssträuchern und Kiefern durchwachsenen Wäldern zu schwach ausgeprägt ist, und auch die Suche mit dem Auge wenig vielversprechend erscheint, vertraut man bei der Suche auf die domestizierten Vierbeiner, die hinsichtlich des Geruchssinns unserer Spezies um mehrere Nasenlängen voraus sind. Schweine sind aufgrund ihrer Kondition ungeeignet, auch die Suche mit Ziegen oder Fliegen, die in der Fachliteratur oftmals beschrieben wird, ist eher Mythos als Realität. 95 Prozent der Trüffel werden von Hunden aufgespürt. So auch in Istrien, das neben dem Piemont in Italien, dem Périgord und der Nordprovence in Frankreich als aussichtsreiche Destination gilt, um die von in 20 Zentimetern bis zwei Metern Tiefe unter der Erde wachsenden Pilze zu finden.
Der richtige Hund
"Wir vertrauen auf Mischlingshunde. Sie sind resistenter und können länger als zwölf Jahre arbeiten", sagt die eloquente Daniela Puh, deren Familie seit mehr als einem halben Jahrzehnt im Trüffelgeschäft mitmischt. "Außerdem sind Mischlingshunde nicht so kalkulierend wie reinrassige Hunde", ergänzt Daniela mit einem charmanten
Lächeln. "Reinrassige Hunde hören auf, sobald sie Trüffel gefunden haben und sind zufrieden. Die anderen kann man immer wieder zur Suche motivieren."
Bis die Hunde als Trüffelhunde "anerkannt sind", vergehen drei Jahre Lernzeit. Schon in den ersten Wochen werden die Welpen an das Trüffelaroma gewohnt und die Zitzen der Mutter mit Trüffelöl beträufelt. Dann lernen die jungen Welpen von einem anderen Hund die Vorgehensweise und werden nach jedem Fund belohnt. Nicht mit Trüffeln. Die sind zum Fressen tabu und anderen Genießern vorbehalten. Darben müssen die Hunde deswegen nicht. Statt Pilzen stehen sogenannte "Leckerlis" als Anerkennung auf dem Speiseplan.
Finderlohn
Anita Kvinta, die Mutter von Daniela, marschiert zielstrebig mit einer größeren Schaufel (Trüffeleisen oder "Vanga"), einem Taschenmesser, Gummistiefeln und einer Umhängetasche in den Trüffelhain und stachelt die Hunde zur Suche an. "S?U S?U, DI JE!!!!", ruft sie unüberhörbar und etwas hektisch, was soviel heißt wie: "Kommt, kommt, wo sind sie?" Wie von der Tarantel gestochen, flitzen Biba und Mojica ins Dickicht und laufen in Zick-Zack-Bewegungen von einer Eiche zur nächsten. Biba, die erfahrene Lehrmeisterin, beginnt auf einmal wie wild zu buddeln. Anita und eine geführte Gruppe von ambitionierten Trüffeljüngern eilt zum Fundplatz. Vorerst gilt zu vermeiden, dass sich die schwarze Hündin die Trüffel krallt.
Schnell wird der Hund von Anita belohnt, der Pilz fein säuberlich aus der Erde gegraben und das Loch wieder zugedeckt, damit die Wurzeln mit den Sporen nicht austrocknen. Zudem will man den Ort nicht kennzeichnen. Denn Anita und Daniela sind nicht die einzigen, die nach den kostbaren Pilzen suchen und eine Lizenz zum Trüffelsuchen besitzen. Zu manchen Tageszeiten tummeln sich viele "Goldgräber" im Wald. Oft zu viele. Das setzt wiederum die Hunde unter Stress. Um in Ruhe der Suche nachzugehen, hat sich die Hauptarbeitszeit von Anita in die Nacht verlegt. Und das mit Erfolg.
Vor 15 Jahren konnte sie ein Prachtexemplar mit 900 Gramm aus der Erde schaufeln (Anm.: Einer der größten Trüffel weltweit wurde 1999 von Gianfranco Zigante in der Nähe gefunden und brachte stolze 1310 Gramm auf die Waage).
Die Ausbeute der Feinspitzgruppe war nach 90 Minuten zwar um einiges geringer, konnte sich aber sehen lassen: Acht schwarze Trüffeln und zwei nagelgroße weiße, aber kulinarisch wertlose Trüffeln landeten in der Tasche und wurden zur Veredelung einer Eierspeise eingesetzt. Köstlich. Mit jedem Bissen tauchte man näher in die aromatische Welt ein, verstand die Leidenschaft für Trüffeln und war geschmacklich einigermaßen erregt. Oder wie Daniela Puh sagt: "Für mich sind Trüffeln faszinierend. Sie sind nicht alltäglich, und begeistern mit ihrem verführerischen Aroma."
Kulinarisches Istrien
Gatto Nero: Das traditionell und einfach gehaltene Lokal ist laut Tripadvisor die Nummer eins in Novigrad und offeriert neben Köstlichkeiten vom Boskarin (istrisches weiß-graues Rind mit langen Hörnern) auch Trüffelgerichte. Die Spezialität sind hausgemachte Ravioli mit frischen schwarzen Trüffeln. http://gattonero.eu
Badi: Das Restaurant liegt in Umag, ist Mitglied der Jeunes Restaurateurs d’Europe (JRE) und bekannt für seine Fisch-Delikatessen. Einheimische Nudelspeisen mit Trüffeln runden das Angebot ab. www.restaurant-badi.com
Natura tartufi: Für Gourmets ein Fixpunkt jeder Istrienreise. Entweder man bucht eine Tour durch die Wälder. Oder man degustiert im Verkostungsraum die aromatische Vielfalt. Von Schokolade über Bier bis zum Trüffel-Omelette. www.naturatartufi.com