East Side Gallery Berlin: Mauer mit Bruderkuss
Die East Side Gallery Berlin, das kürzlich durchbrochene letzte Teilstück der Berliner Mauer, wird seit dem drohenden Teilabriss von Besuchern gestürmt.
Nach dem spektakulären Abbruch eines Stücks der East Side Gallery durch einen Bauunternehmer Anfang März wird dieses letzte verbliebene Teilstück von Berlin-Besuchern im Augenblick richtiggehend gestürmt. Alle wollen die verbliebene Mauer sehen, solange sie noch steht.
Trauben von Menschen entströmen der U-Bahn am beliebtesten Startpunkt. Die Haltestelle Warschauer Straße der U1 befindet sich unmittelbar neben der Oberbaumbrücke, die selbst schon eine Attraktion für sich ist. Und dann beginnt der exakt 1316 Meter lange Spaziergang entlang der verbliebenen Mauersegmente Richtung Ostbahnhof.
Insgesamt 118 Künstler haben sich auf den Fertigbetonteilen der DDR-Marke „Grenzmauer 75“ direkt nach dem Mauerfall verewigt und die East Side Gallery so zur längsten Freiluftgalerie der Welt gemacht. Zu den berühmtesten erhaltenen Motiven gehören der mauerdurchbrechende Trabi „Test the Best“ von Birgit Kinder und Dimitrij Vrubels Bruderkuss von Breschnew und Honecker. Kaum ein Liebespaar lässt es aus, sich eng umschlungen vor ihm ablichten zu lassen.
Eine Attraktion eigener Art ist die Lücke in der Mauer geworden, die der Bagger am 1. März gerissen hat. Mahnwachen stehen mit Transparenten daneben, Menschen diskutieren, wie das geschehen konnte. Dabei ist die Lücke nicht mal die einzige. Bereits 2006 war ein 45 Meter breiter Teil der East Side Gallery abgerissen worden, um den Besuchern der angrenzenden Veranstaltungshalle O2 World einen besseren Blick auf die Spree zu verschaffen. Vermutlich ist die East Side Gallery auch deshalb eine der meistbesuchten Attraktionen Berlins, weil der Besuch kostenlos ist. Noch mehr von der Besichtigung hat allerdings, wer sich einer der Führungen anschließt, die von der Vereinigung der Künstler organisiert werden.
Dort erfährt man dann zum Beispiel, dass die meisten Gemälde 2009 von den Originalkünstlern neu aufgetragen worden sind, weil der Zahn der Zeit an den Originalbildern stark gefressen hatte. Reich geworden sind die Künstler der East Side Gallery übrigens nicht. Mancher von ihnen verdient sich heute ein paar Euro dazu, indem er bei den Touristenführungen auftritt – zum Künstlergespräch.
East Side Gallery, Führungen dauern 90 Minuten (15 Euro pro Person) eastsidegallery-berlin.com