MacDonald und Galke als beste Darsteller prämiert
WIEN. Im Wiener Ronacher wurde am Montag der bedeutendste Theaterpreis des Landes vergeben – der Nestroy-Preis für herausragende Bühnen-Produktionen und die besten Darsteller der vergangenen Saison.
Einen Nestroy für die beste Nebenrolle hat sie schon Zuhause, nun kommt ein weiterer Preis hinzu: Sona MacDonald wurde Montagabend im Wiener Ronacher zur besten Schauspielerin gekürt. Sie konnte sowohl als Julie in "Fräulein Julie" von August Strindberg im Theater in der Josefstadt sowie als Sie in "Blue Moon" von Torsten Fischer und Herbert Schäfer in den Kammerspielen überzeugen.
"Ich kann euch allen sagen: Man braucht sich keine Wunschrollen aussuchen. Andere haben manchmal etwas mit dir vor, was du dir nicht vorstellen kannst. Dann passiert etwas, du gehst mit ihnen auf eine Reise, und man öffnet sich", dankte MacDonald ihren Regisseuren und Kollegen aus beiden Stücken. "Es war eine unglaubliche Zeit, weil wir das zusammen kreiert haben. Ich ehre diese Figuren und liebe sehr den Duft einer Bühne, wenn andere geatmet haben vor einem. Es ist ein wunderschöner Beruf, der schwer und grausam ist. Danke."
Ein Klassiker hat Rainer Galke zum Erfolg verholfen: Der deutsche Mime konnte als Irrsigler in Thomas Bernhards "Alte Meister" (von Dusan David Parizek am Volkstheater inszeniert) reüssieren und setzte sich gegen namhafte Konkurrenten durch. "Diehl, Maertens, Ofczarek, Teichtmeister: Es war schon so großartig, mit euch nominiert zu sein. Irgendetwas muss da schief gelaufen sein", meinte er verschmitzt nach dem langen Applaus.
Die beste Regie ging an eine Produktion der Burg: Andrea Breth machte hier das Triple komplett und sicherte sich die Auszeichnung nach 2003 und 2011 erneut, diesmal für John Hopkins' "Diese Geschichte von Ihnen" am Akademietheater.
Das beste Stück kam, wie schon vor der Gala feststand, von Yael Ronen und ihrem Ensemble. Sie zeichneten für die Uraufführung von "Lost and Found" am Volkstheater verantwortlich. Ronen konnte zwar nicht selbst anwesend sein, meinte aber in verlesenen Dankesworten: "Als Einwanderin fühlt es sich großartig an, umarmt und respektiert zu werden. Hoffentlich kann Österreich diesen Respekt auch außerhalb des Theaters leben." Und mit diesem Autorenpreis gab es letztlich den Ausgleich im Match zwischen Volkstheater und Burgtheater, waren es am Ende des Abends doch jeweils drei Preise für diese Häuser, die als einzige mehrfach ausgezeichnet wurden.
Die beste deutschsprachige Aufführung kam heuer wiederum aus der Schweiz: Simon Stone, im Vorjahr noch als bester Regisseur prämiert, hat am Theater Basel "Engel in Amerika" von Tony Kushner auf die Bühne gebracht.
Und zum Abschluss wurde ein Großer der Theaterszene mit Standing Ovations gewürdigt: Frank Castorf, der noch bis Sommer 2017 der Berliner Volksbühne vorsteht und sich mit seinen oft radikalen Inszenierungen selbst zur Institution gemacht hat, erhielt den Lebenswerkpreis - und wurde im Videoporträt etwa mit folgendem Zitat vorgestellt: "Theater muss Haltung sein. Ob's gefällt oder nicht, geht mir am Arsch vorbei." Den Preis in Händen, meinte Castorf: "Recht herzlichen Dank. Ich lebe ja noch." Und in einer sehr launigen Rede erzählte er über seine Anfänge: "Ich wollte mir einen Jux machen. So fing das alles als Missverständnis an, was Sie jetzt ausbaden müssen."
Er und seine Puppen kommen gut an: Nikolaus Habjan war Montagabend der erste Künstler, der sich bei der 17. Nestroy-Preisverleihung über eine Auszeichnung freuen durfte. Im Wiener Ronacher bekam er den ORF III-Publikumspreis. Aber auch ein tierisches Vergnügen sowie ausgezeichneter Nachwuchs fanden sich unter den ersten Preisträgern.
Die Gala, durch die heuer Steffi Krautz und Markus Meyer führen, begann mit einer musikalischen Einlage eines Swingsextetts und zahlreichen Wortspielereien des Moderatorenduos - zunächst vorzugsweise zu Wahlen, nah und fern (Buch: Hans Rauscher). Danach ging es aber schnell in medias res und wurden Statuetten verteilt.
Als beste Nachwuchsschauspielerin konnte sich Julia Gräfner fühlen. Die 1989 in Schwerin geborene Darstellerin wurde für ihre Leistung in Shakespeares "Der Sturm" am Schauspielhaus Graz prämiert, wo sie Caliban gab. Ihr männliches Pendant ist der deutsch-kroatische Schauspieler Luka Dimic, der am Theater der Jugend in der Titelrolle von Wolfgang Herrndorfs Romanadaptierung "Tschick" glänzte.
Bereits im Voraus bekannt war der Nestroy für Harald B. Thor, dessen Ausstattung von Maxim Gorkis "Wassa Schelesnowa" am Burgtheater die Jury überzeugen konnte.
Der Bundesländer-Preis ging heuer nach St. Pölten, konnte sich doch das Landestheater Niederösterreich mit "Lichter der Vorstadt" nach Aki Kaurismäki in einer Inszenierung von Alexander Charim durchsetzen. Dieser bedankte sich in einer sehr persönlichen Rede nicht nur bei seinem Team, sondern meinte auch: "Theater ist vielleicht ein Ort, um eine Wahrheit zu erzählen. Und dieser Preis ist für mich ein bisschen die Bestätigung, dass ich hier Platz habe, um meine Wahrheit zu erzählen."
Politisch wurde es dann beim Preis für die beste Off-Produktion, den sich das bereits im Vorjahr nominierte aktionstheater ensemble rund um Martin Gruber sichern konnte. Das Team punktete mit "Kein Stück über Syrien", eine trotz des Titels in aktuelle Wunden greifende Produktion über das Helfen und Helfenwollen in Zeiten von Flucht.
Für die beste Nebenrolle wurde wiederum Martin Reinke geehrt. Er hatte in Joel Pommerats "Die Wiedervereinigung der beiden Koreas" am Akademietheater immerhin sechs Figuren zu stemmen. 1993 habe er in Wien sein Debüt gegeben. "Seitdem führen mich alle Wege immer wieder nach Wien, und ich würde sagen: Heute bin ich angekommen."
Der Spezialpreis ging an eine Kooperation der Wiener Festwochen mit dem Volkstheater: Hier könnte man meinen, die Jury sei auf den Hund gekommen, konnten sich doch Signa und Arthur Köstler (SIGNA) mit "Us Dogs" durchsetzen - einem ein ganzes Haus in Wien bespielenden Unterfangen, das im Sommer die animalischen Züge des Menschen auf höchst direkte Weise hervorgekehrt hat. Von Signa Köstler gab es dementsprechend auch ein "Wuff!" als Dankeschön an die Jury, das Publikum sowie das umfangreiche Ensemble und Team der Produktion.
Die Wiener ehren sich gerne ,sie sind am liebsten unter sich!Das restliche Österreich kennt keinen einzigen dieser Stars!