Geniale Königinnen der Schmerzen
Dem Historienfilm "The Favourite" gebührt die Ehre seiner zehn Oscar-Nominierungen
"Du siehst aus wie ein Dachs!", keift Lady Sarah. "Heulst du jetzt?", schießt sie nach. Worte wie Kugeln, die niemand Geringeren treffen als die britische Queen Anne, die mit "dramatischem Make-up" beeindrucken wollte.
Yorgos Lanthimos’ zehn Mal für den Oscar nominierter Film "The Favourite" verschlägt einem als Zuseher mit solch exzellent geschriebenen und noch expliziteren Zeilen die Sprache. Doch hat man sich an diese Filmwelt gewöhnt, in der der Regisseur aus Athen lustvoll Vorstellungen von "Etikette" und Kostümgenres bricht, lebt es sich bestens darin.
Ein dahinsiechendes Wrack
Seine Erzählung vom Hofleben des 17. Jahrhunderts führt tief hinein in das irritierend offene und enge Verhältnis zwischen Anne, gespielt von Olivia Colman, und ihrer Hofdame, die Rachel Weisz gibt. Seit ihrer Kindheit beste Freundinnen, kämpfen sie nun, wer im Staat die Fäden zieht. Sarah ist die beinharte, hantige, gefährliche Strategin, die "ihre" Regentin irgendwann wohl einmal war.
"Schattenkönigin" zu sein, gefällt Sarah sehr. Weisz lässt die Freude daran immer wieder so vortrefflich im Gesicht aufblitzen, wie sie es sonst verhärten lässt. Colman brilliert als innerlich wie äußerlich verfallende Adelige, die keift, kreischt, wimmert. Doch die Zweierbeziehung läuft – und somit das Empire. Bis Abigail auftaucht, die Emma Stone erfrischend wie klug als "Anti-Sarah" skizziert: von großem Liebreiz, kindlich, süß – für Anne bald "ein Schatz". Allein dafür hätten sich die drei jeweils ihre Oscar-Nominierung verdient. Aber sie können mehr, so wie es das gesamte Werk kann, u. a. als bester Film und für Regie und Drehbuch nominiert.
Weil es einen elegant, weil unmerklich an der Hand nimmt, um zu vermitteln, dass nur mehr ganz schlichte Gemüter meinen könnten, einen "Zickenkrieg" zu verfolgen. Lanthimos’ Film ist ein fantastisch fotografiertes, von Kopf (Maske, Make-Up) bis zu den Fußböden (Set-Design) prächtig ausgestattetes Werk über Gemeinheiten. Solche, die bis heute kein Geschlecht kennen: Eifer, Macht, Narzissmus und Ideen von Liebe, die der andere leider nicht teilt.
Traurig daran ist, dass sie die Frauen nicht nur austeilen, weil ihre Wesen so sind, sondern auch, weil sie die Umstände dazu reizen.
Trotzdem: Dieser Film hat stets Witz, dank lakonischer, schneller Dialoge, die auch in jeder modernen Serie wirken würden. Und weil man sich an der Lächerlichkeit von Kleingeistern so richtig erfreuen kann, wenn sie einen nicht betrifft und man sie beobachten kann – aus sicherer Distanz noch dazu.
"The Favourite": IRL/GB/USA 2018, 119 Min.,
OÖN Bewertung:
erstaunt mich immer wieder wie zeitgemäße Mode Geschichte fürn Kommerz verfremdet
Die Medien können nichts dafür. Sie müssen dem ordinären Geschmack des Publikums nachkommen sonst werden sie überrollt.
Dass sie damit das Publikum selber ordinär ezogen haben "ist halt so Kismet".
Eine Variante von Sinn und Sinnlichkeit oder Elizabeth
der sich den schnippischem Zeitgeist der Weiber Femen und Musen
sich angepasst hat.