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Christkindlpost aus der Mesnerküche

Von Von Raimund Locicnik, 05. Dezember 2009, 00:04 Uhr
Christkindlpost aus der Mesnerküche
Die Ballonpost aus Christkindl war besonders begehrt.

Viele Postämter, die zu wenig Umsatz machen, werden heutzutage zugesperrt. Dieses Schicksal bleibt dem Postamt Christkindl, das heuer seinen 60. Geburtstag feiert, sicher erspart.

Es war einmal…ein alliierter Offizier, der hatte viel Feingefühl und Gespür für die traurigen, armen Menschen nach dem fürchterlichen Zweiten Weltkrieg. Er sah die Angst in ihren Augen, die Kälte in ihren Herzen und das Misstrauen gegen alles Fremde.

Weil der Mann in Steyr einquartiert war, hatte er schon öfter von der Wallfahrtskirche Christkindl gehört. Eines Tages besuchte er den Gnadenort. Als er das wächserne Christkind inmitten des prunkvollen Hochaltares erblickte, hatte er eine zündende Idee: Von diesem Ort sollte die frohe Botschaft von der Geburt des Erlösers in alle Welt verkündet werden.

So, oder so ähnlich, könnte die Gründung des Sonderpostamtes Christkindl im Herbst 1950 abgelaufen sein, von der bis heute in Steyr erzählt wird. Leider finden sich keine Unterlagen mehr über den Namen des Offiziers und die genauen Hintergründe seiner „guten Tat“. Dafür beschäftigen sich heuer, in seinem 60. Bestandsjahr, zwei Büchlein* ausführlich mit der Geschichte des Postamtes. In ihnen wollen wir ein bisschen blättern.

Als sich die österreichische Postverwaltung im Dezember 1950 an die Realisierung der Idee machte, mangelte es zunächst am nötigen Raumangebot. In der Not der ersten Stunde übersiedelte man die „Postexpedientin“ Johanna Zeilinger vom nahe gelegenen Postamt Unterhimmel in die Küche des Mesners.

Sie sollte das erste „Christkindl“ sein, das vom 15. Dezember 1950 bis 6. Jänner 1951 gezählte 42.330 Karten und Briefe stempelte und in alle Himmelsrichtungen zurücksandte. Das Motiv des ersten Stempels stammte von einer Postkarte der Künstlerin Berta Hummel. Es zeigte das Christkind mit segnender rechter Hand, einem Christbäumchen in der Linken, auf einer Wolke schwebend.

Schon im zweiten Jahr konnte im hangseitigen Extrazimmer des exponiert auf einem Konglomeratfelsen hinter der Kirche erbauten Gasthauses „Zur schönen Aussicht“ jene Bleibe gefunden werden, die das Postamt bis heute, wenngleich in stark veränderter Form, beherbergt.

1953 wurde erstmals eine eigene Weihnachts-Sondermarke zum Nennwert von 1 Schilling aufgelegt. Sie zeigte ein glücklich-staunendes Kind vor einem Christbaum und war in schwarz-grüner Tönung gehalten.

Das Postamt wurde schon in den ersten Jahren zu einem Zentrum der Völkerverständigung, in erster Linie für „kleine Leute“ und vor allem für Kinder. Ein oder zwei Schilling leistete man sich für ein Stück Segen oder Weihnachtsfrieden auf einem 15x10 cm großen Kuvert oder Ansichtskartenpapier.

280.000 Abstempelungen und der völlige Ausverkauf der Weihnachtsmarke in der Saison 1953/54 blieben natürlich auch den Rundfunkanstalten nicht verborgen. Nach dem ORF, dem Schweizer Rundfunk und westdeutschen Sende- anstalten in den ersten Jahren gaben sich schon bald TV- und Filmgesellschaften aus aller Welt in Christkindl die Türklinke in die Hand. Dazu kamen Briefsendungen von damals so exotischen Ländern wie Ceylon, Australien, den Philippinen oder Südafrika.

1957 hing im Gasthaus „David“, wie das Lokal nach seinem Besitzer genannt wurde, erstmals der Weihnachtssegen schief. Denn nun hatten die Straßenhändler und Nachkriegsganoven ein Geschäft gewittert, echauffierten die braven Kunden mit dem Aufkauf des gesamten Briefmarkenbestandes und priesen diesen postwendend mit 300 Prozent Aufschlag vor dem Gasthaus an.

Wien hat sich geziert

Der Bekanntheitsgrad des Postamtes erreichte Ende der 1950er Jahre seinen absoluten Höhepunkt: Weil sich die Wiener Zentralverwaltung zierte, jedes Jahr eine neue Weihnachtsmarke aufzulegen, schaltete sich zunächst die Redaktion der „Bangkok World“ ein und kurze Zeit später der Referent der UNO-Weltgesundheitsorganisation in Vietnam. Als dann auch österreichische und deutsche Sammler ihren Druck verstärkten, war der Damm gebrochen – und die jährliche Weihnachtsmarke Realität.

Postalische und touristische Aktivitäten prägten das Jahrzehnt von 1960 bis 1969. Weil die Kinderbriefe immer mehr wurden und händisch nicht mehr zu beantworten waren, legte die polyglotte Post auch Vordrucke in Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch auf.

Mit dem ersten Start eines Heißluftballons am 10. Dezember 1961 von der Pfarrwiese wurden Christkindl um eine besondere Attraktion und die Sammler um die begehrte Ballonpost reicher.

Im Dezember 1970 sahen 4000 Besucher Steyrs bislang wohl ungewöhnlichste Hochzeit: Gemeinsam mit einem Pfarrer und dem Nikolaus stiegen der Raketentechniker Gerd Männel und die Hotelierstochter Rosemarie Batzer aus Sonthofen im Ballon auf und gaben sich in luftiger Höhe das Jawort. Schon 1958 gab es im Postamt selbst eine Hochzeit (siehe Brautbild links außen).

Mit der Eröffnung eines Pendants des Christkindl-Postamtes in Bielefeld begann der Export dieser Institution und damit auch die Inflation einer großartigen Idee. Obwohl die Zahl der Abstempelungen und der Besucher noch einige Jahre stieg, war doch ein Abflauen des Interesses zu bemerken. Erst als 1987 Postamtsleiter Alfred Wallner zur beliebten TV-Quizsendung „Was bin ich?“ eingeladen wurde, zog das Interesse wieder an.

Zwei Millionen Stempel

Im selben Jahr erwähnt die Chronik einen berührenden Brief in Blindenschrift. „Liebes Christkind! Ich wünsche mir einen Blindenhund“, stand da geschrieben.

Am 1. Dezember 1989 durfte die ehemalige Postamtsleiterin Johanna Zeilinger mit 80 Jahren noch einmal am Schalter Platz nehmen und erleben, was in den Jahren seit den bescheidenen Anfängen geworden ist.

Seit dem Aufkommen der neuen Telekom-Technik ist die Postverwaltung bestrebt, die hohen Umsätze und Besucherzahlen der 1990er Jahre zu halten. Mit knapp zwei Millionen Abstempelungen und 80.000 Besuchern konnte dieses Ziel auch im Vorjahr wieder erreicht werden.

Wer 1950 in ein Kuvert und eine Briefmarke investiert hatte, hat übrigens kräftig gewonnen: Die Belege aus dem ersten Jahr werden derzeit um 50 bis 800 Euro gehandelt.

Sonderpostamt Christkindl: Bis 6. Jänner 2010 geöffnet. Mit Ausnahme 24. und 31. Dezember (jeweils 9 bis 12 Uhr) sowie 6. Jänner (10 bis 16 Uhr) täglich von 10 bis 17 Uhr.*) Buchtipps: Raimund Locicnik: „Geschichte und Chronik des Sonderpostamtes Christkindl (1950–2008)“; Raimund Locicnik/Günter Muckenhuber/Bernd Prokop: „Sonderpostamt Christkindl – die schönsten Belege aus 60 Jahren“. Eigenverlag, je 11,90 Euro. Beide Bücher sind erhältlich im Sonderpostamt und im Hotel „Christkindlwirt“.

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1  Kommentar
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eulenauge (19.448 Kommentare)
am 06.12.2009 10:53

felsen nichtr schlicht und ergreifend "Scheiß-owi-Wirt"?

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