Stelzer will steigende Kriminalität unter Asylwerbern zu zentralem Thema machen
LINZ/STEYR/WIEN. Zahl der Messerattacken ist in Österreich binnen zehn Jahren um 300 Prozent gestiegen. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) gibt zu: "Wir haben ein Problem mit einer Gruppe junger Afghanen."
"Diese Gruppe macht uns überdurchschnittlich viel Arbeit", sagte der oberste Polizist des Landes, Andreas Pilsl, vor mehr als zwei Jahren im Gespräch mit den OÖNachrichten. Eine Warnung, die angesichts der Bluttat in Steyr an Brisanz gewinnt. Auch Landeshauptmann Stelzer gibt zu bedenken: "Strafunmündiges Alter darf kein Freifahrtsschein sein, außerhalb unseres Rechtssystems zu leben. Da dürfen wir nichts schön reden und schon gar nicht die Augen davor verschließen. Dieser Fehler wurde bei der Problemgruppe der Tschetschenen vor Jahren schon einmal gemacht. Das darf und wird sich nicht mehr wiederholen.“
Der Landeshauptmann hat daher Landespolizeidirektor Andreas Pilsl heute bei einem Gespräch gebeten, bei der Landessicherheitsrats-Sitzung am 17. Dezember einen aktuellen Lagebericht abzugeben. Außerdem erwarte man sich Empfehlungen, wie man dieser Problematik Herr werde.
Allgemein sei es die große Herausforderung, dass die Stimmung in der Bevölkerung nicht kippe: „Es muss uns gelingen zu verdeutlichen, dass die überwiegende Anzahl der Asylsuchenden nicht kriminell ist und unserer Unterstützung bedarf. Daher müssen die Asylwerber, die permanent gegen Recht und Gesetz verstoßen, konsequent verfolgt und abgeschoben werden.“ Außerdem brauche es schnellere Asylverfahren, es gehe immer noch zu langsam, bis der endgültige Bescheid vorliegt.
Immer wieder kommt es zu Straftaten von strafunmündigen Asylwerbern. Erst kürzlich soll ein 11-jähriger Afghane, bewaffnet mit einem Messer, einen Burschen am Linzer Bahnhof ausgeraubt haben. Kein Einzelfall, wie die Kriminalitätsstatistik belegt. „Es kann ja nicht sein, dass uns diese Burschen auf der Nase herumtanzen“, sagt Stelzer.
Auch FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr sieht "dringenden Handlungsbedarf": "Der Landes-Sicherheitsrat tagt kommenden Montag. An der Spitze der Tagesordnung muss dieses Afghanen-Problem stehen", forderte Mahr am Dienstag in einer Aussendung. Bei dieser Sitzung seien alle Möglichkeiten zu prüfen - "auch schärfere Integrationsmaßnahmen", so der Klubobmann.
Polizeichef Pilsl über die aktuelle Lage:
Zahl der Messerattacken stieg binnen zehn Jahren um 300 Prozent
Die Situation ist paradox: "Während die Zahl der Anzeigen in Österreich insgesamt seit Jahren sinkt, gibt es Delikte, bei denen die Zahlen rasant steigen", sagt Pilsl. Zwei Beispiele nennt der Landespolizeidirektor für diese Entwicklung: den Drogenhandel und Messerattacken.
Die Anzahl der Letzteren ist in den vergangenen zehn Jahren in Österreich um rund 300 Prozent auf zuletzt 1060 Angriffe im Jahr 2017 gestiegen. "So etwas kannten wir bis jetzt in Österreich in dieser Qualität nicht", sagt der Polizei-Chef. In der Kriminalstatistik haben die Afghanen in den vergangenen Jahren einen beunruhigenden Aufstieg hingelegt: "Vor fünf oder sechs Jahren sind sie in der Statistik nicht gesondert aufgestiegen, jetzt sind sie bei den Tätergruppen auf dem dritten oder vierten Platz." Pilsl sieht die Polizei aber hier nicht allein in der Verantwortung: "Mit diesem Thema wird sich die ganze Gesellschaft beschäftigen müssen."
Der des Mordes verdächtigte Afghane war seit Mai in einem Quartier der Volkshilfe in unmittelbarer Nähe zum Tatort untergebracht. Dort herrscht Fassungslosigkeit: "Es ist eine unfassbare Tragödie, die alles ins Wanken bringt", sagt Volkshilfe-Chef Michael Schodermayr. Aber man könne in Menschen eben "nicht hineinschauen". Der Tatverdächtige sei bisher "unauffällig" gewesen.
Über die Bluttat in Steyr berichtete auch OÖN-TV:
"Hemmschwelle abgelegt"
Doch warum sind es immer wieder junge Afghanen, die straffällig werden? "Sie kommen aus einem Land, in dem seit Jahrzehnten Bürgerkrieg herrscht. Viele kennen kein Familienleben, keine Autoritäten und sind kaum gebildet", sagt Sarajuddin Rasuly, Afghanistan-Experte, Politologe und Sachverständiger. Manche der Jugendlichen seien bereits auf dem Weg nach Österreich kriminell geworden. "Sie haben die Hemmschwelle zur Gewalt auf der Flucht abgelegt", sagt Rasuly.
Pauschalisieren dürfe man aber nicht. "Es handelt sich hier um einen kleinen, aber gewaltbereiten Teil der Afghanen." Diese müsse man bei Straffälligkeiten "konsequent zurückschicken". Es brauche eigene Wertekurse für Afghanen, die deren Bildungsniveau entsprechen. "Sie dürfen sich nicht nur anpassen, sie müssen die europäischen Werte verinnerlichen."
33 Frauenmorde: „Es ist gravierend, was sich abspielt“
33 Frauen und Mädchen sind in Österreich, inklusive des Falls der erstochenen 16-Jährigen, heuer bereits bei Bluttaten getötet worden. Das berichtete Maria Rösslhumer von den Autonomen Österreichischen Frauenhäusern (AÖF). Das Bundeskriminalamt hat für 2018 noch keine detaillierten Zahlen. Etwa alle 14 Tage wird eine Frau in Österreich von einem männlichen Familienmitglied oder Partner getötet. „Ich bin schockiert und sehr entsetzt über das hohe Ausmaß der Gewalt an Frauen und Mädchen“, sagte die AÖF-Geschäftsführerin. „Es ist schon gravierend, was sich jetzt abspielt“, sagte die Expertin. Sie forderte, die Täter verstärkt zur Verantwortung zu ziehen – auch schon bevor etwas passiert. „Viele Morde kündigen sich an“, betonte Rösslhumer: „Jetzt ist Zeit, zu handeln.“
„Zahl der Taten nimmt zu“
Insgesamt sprach Rösslhumer von einer Zunahme solcher Taten in den vergangenen Jahren. 2017 war die Zahl bereits ähnlich hoch: Im gesamten Vorjahr wurden nach Angaben des Bundeskriminalamts 77 Frauen Opfer von Mord oder Mordversuch, 34 Frauen wurden getötet.
In Österreich ist jede fünfte Frau ab ihrem 15. Lebensjahr von körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen. Im Jahr 2017 hatten laut AÖF 3341 Frauen und ihre Kinder Schutz in einem Frauenhaus gesucht.
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