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Ein Sackerl statt einem Debatterl

Von Klaus Buttinger, 31. August 2019, 00:04 Uhr

JKU-Nachhaltigkeitssprecher Reinhold Lang über Wege aus dem Kunststoff-Dilemma.

Mit dem Plastiksackerl-Verbot ab 2020 ließ sich werbewirksam punkten, die Politik blieb aber an der Oberfläche. Wohin die Debatte gehen müsste, erläutert JKU-Kunststoffexperte Reinhold Lang.

OÖN: Ist das Plastiksackerlverbot eine Politshow-Diskussion?

Reinhold Lang: Das Verbot trifft nicht den Kern der Problematik. Das Plastiksackerl steht für sieben- bis achttausend Tonnen Kunststoffverbrauch im Jahr in Österreich. Das liegt größenordnungsmäßig irgendwo bei einem Prozent. Der Pro-Kopf-Verbrauch pro Jahr an Plastiksackerln entspricht etwa einem CO2-Äquivalent von einer 15 Kilometer langen Autofahrt mit dem Pkw.

Wie groß ist das Abfallproblem in Sachen Kunststoff in Österreich wirklich?

Österreich hat im internationalen Vergleich mit der ARA (Altstoff Recycling Austria, Anm.) ein recht gutes Abfallwirtschaftskonzept, man ist aber nach wie vor noch weit weg von einer zirkulären Rohstoffwirtschaft. Da ist noch viel zu tun. Alle Abfallströme betrachtet, ist Österreichs Wirtschaft nur zu 9,7 Prozent zirkulär. In diesem Zusammenhang muss man das Plastiksackerl sehen. Wir reden von 450 Millionen Tonnen Ressourcenverbrauch in Österreich pro Jahr.

Was tun mit dem verschmutzten Kunststoff, der fürs Recycling nicht tauglich ist? Weiterhin verbrennen?

Der Korridor für eine sinnvolle mechanische Recyclierbarkeit von Kunststoff liegt bei 30 bis 50 Prozent der Gesamtmenge. Für dieses klassische Recycling haben wir also noch viel Raum für Aktivitäten. Was tun wir mit den 50 bis 70 Prozent von kleinteiligen Kunststoffprodukten, die nicht sinnvoll recyclierbar sind? Die werden in Österreich thermisch-energetisch entsorgt. Entweder wird das einfach nur verbrannt, oder wenigstens die Energie kaskadisch genutzt. Öl wird damit substituiert, Kunststoff ist ja im Grunde Feststofföl.

Damit sind wir noch nicht CO2-neutral. Was muss man tun?

Da gibt es zwei Optionen. Die eine ist das chemische Recycling. Dabei werden je nach Kunststofftype die Möglichkeiten ausgelotet, wie mit chemischen Prozessen das riesige Kunststoffpolymer-Molekül auf seine Ausgangsstoffe – Oligomere und Monomere – heruntergebrochen werden kann, um von dort aus wieder Polymere aufzubauen. Beispiel dafür ist das Projekt der OMV namens ReOil (Rückgewinnung von Öl aus Kunststoff mit Hilfe von Hitze und einem im Kreislauf geführten Lösungsmittel, Anm.). Die zweite Option ist die, dass man bei den thermisch-energetischen Verfahren bleibt, aber CO2 nicht in die Atmosphäre emittiert, sondern es auffängt und zusammen mit Wasserstoff wieder zu Kohlenwasserstoffen verarbeitet. Den Wasserstoff bekommt man elektrolytisch aus Wasser, was aber nur sinnvoll ist, wenn der Strom für die Elektrolyse aus erneuerbarer Energie stammt. Meiner Meinung nach geht da die Reise hin: die Koppelung der Erneuerbare-Energie-Transformation an die stoffliche Kreislaufwirtschaft.

Mikroplastik? Soll man es verbieten?

Mittlerweile hat man in allen Regionen der Erde – im Wasser, im Schnee – Mikroplastik festgestellt. Da muss man darüber nachdenken, ob das sein muss, ob man sich davon nicht verabschieden und stattdessen bioabbaubare Kunststoffe einsetzen soll.

Welche Chancen sehen Sie für Bio-Kunststoffe generell?

Unter den biogenen Kunststoffen gibt es die Klassiker, die Zellulosederivate vom alten Cellophan bis zu modernen Varianten wie den Zellulosetriacetaten und dem Naturkautschuk. Deren Anteil an den Kunststoffen liegt im unteren einstelligen Bereich, und das wird sich nicht maßgeblich ändern. Dann gibt es eine Fülle von neuen Varianten von Kunststoffen auf biogener Basis. Da fehlt grosso modo der Nachweis, dass sie ökologisch Vorteile bringen über den gesamten Lebenszyklus, vor allem wenn wir den Kreislauf bei konventionellen Kunststoffen über energetische Nutzung und Kohlendioxidverwertung schließen. Das hat damit zu tun, dass die Fotosynthese für sich gesehen einen relativ schlechten Wirkungsgrad hat, extrem flächenintensiv ist und uns so in Flächennutzungskonflikte mit Nahrungsmitteln bringt. Deshalb bin ich da skeptisch.

Ist eine Welt ohne Kunststoff eine Illusion?

Eine Welt ohne Polymere ist definitiv eine Illusion, weil das Prinzip der Kohlenwasserstoffe so hocheffizient ist. Würden wir Kunststoffe durch die nächstbessere Werkstoffklasse ersetzen, würde sich das Gewicht der Produkte vervierfachen. In einer Welt, in der wir Produkte über weite Strecken transportieren, würde das für den Gesamtlebenszyklus bedeuten, dass der Energiebedarf auf das Doppelte steigt und damit der CO2-Ausstoß. Es ist wenig sinnvoll, Polymerwerkstoffe im bestehenden System zu substituieren, erst recht, wenn wir den CO2-Kreislauf schließen. Dann würden Kunststoffe zu jener Werkstoffklasse, die als einzige voll kreislauffähig wäre. Das schaffen Sie mit metallischen oder keramischen Werkstoffen keinesfalls, da gibt es immer irgendwelche Abfälle.

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Autor
Klaus Buttinger
Redakteur Magazin
Klaus Buttinger
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