Immobilienprozess: Fünf Schuldsprüche, ein Freispruch
WELS/GMUNDEN. Im Prozess rund um den Verkauf einer ehemaligen Seepension am Ostufer des Traunsees fiel am späten Dienstagnachmittag ein Urteil.
Die Beratungen dauerten fünf Stunden: Um 12.25 Uhr hatte sich Richter Christian Hochhauser mit den Schöffen zur Urteilsfindung zurückgezogen. Um 17.30 Uhr öffneten sich die Türen des Schwurgerichtssaals des Welser Landesgerichts wieder. Wenige Minuten später wurde der Notar vom Vorwurf des schweren Betrugs freigesprochen. Sowohl die beiden Geschäftsführer der Immobilienfirma, als auch beide Anwälte und die Maklerin wurden schuldig gesprochen. Sie wurden zu Freiheitsstrafen bis zu 36 Monaten verurteilt, die nur teilweise bedingt nachgesehen wurden. Die Maklerin wurde zudem wegen falscher Beweissaussage und Untreue verurteilt. Sie fasste eine Freiheitsstrafe von 24 Monaten aus- 16 Monate davon werden bedingt nachgesehen.
Die beiden Geschäftsführer der Immobilenfirma wurden zu 36 Monaten (24 bedingt) beziehungsweise 24 Monaten (16 bedingt) Haft verurteilt. Die beiden Anwälte wurden zu 18 Monaten Haft (davon 12 bedingt) verurteilt- einer auch wegen falscher Zeugenaussage. Der Notar sei laut Urteil nicht an dem schweren Betrug beteiligt gewesen und wurde deswegen freigesprochen.
Das Immobilienunternehmen wurde als Verband, der für seine Geschäftsführer haftet, zudem mit einer Geldstrafe von 2000 Euro belegt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Teils emotionale Schlussreden
"Danke, Objekt schaut wirklich gut aus. Bitte keinem anderen anbieten". Mit dem Inhalt einer Chatnachricht, verschickt von einem Geschäftsführer einer Immobilienfirma, erhalten vom Ehemann einer Maklerin, eröffnet die Staatsanwaltschaft Dienstagvormittag ihr Plädoyer. Um 9.01 Uhr beginnt am Landesgericht Wels der letzte Tag eines Prozesses, der sich seit mittlerweile vier Monaten mit einem umstrittenen Verkauf einer ehemaligen Seepension am Ostufer des Traunsees beschäftigt.
Die Staatsanwaltschaft plädiert in ihrem überraschend kurzen Schlussantrag auf Schuldsprüche im Sinne der Anklage. Und die lautet auf: schwerer Betrug.
Angeklagt sind zwei Geschäftsführer einer Immobilienfirma, zwei Anwälte, ein Notar und eine Maklerin. Sie sollen im Herbst 2019 in "bewusstem und gewollten Zusammenwirken" eine damals 83-jährige Gmundnerin um mehr als 900.000 Euro gebracht haben. Die Frau litt zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung an Demenz und soll bereits geschäftsunfähig gewesen sein. Konkrekt geht es um eine ehemalige Seepension am Ostufer des Traunsees, die samt Bootshütte und Seegrundstück um 750.000 Euro den Besitzer wechselte. Laut Anklage sei sie aber zumindest 1,6 Millionen Euro wert gewesen.
"Schützen Sie unsere Gesellschaft"
Emotionaler fällt der Schlussantrag des Privatbeteiligtenvertreters Christoph Mizelli aus, der die Tochter der bereits verstorbenen Gmundnerin vertritt. Spätestens bei der Vertragsunterzeichnung, die am 14. Oktober 2019 stattfand und mehr als zweieinhalb Stunden dauerte, hätte "allen Beteiligten" klar sein müssen, dass die 83-jährige Verkäuferin nicht mehr geschäftsfähig war. "Aber offensichtlich hatten alle Angst, dass ihnen bei einer Verschiebung des Termins dieses Schnäppchen durch die Lappen geht", sagte Mizelli.
Die Frau habe nicht gewusst, was sie verkauft, habe schon Monate zuvor immer öfter Euro mit Schilling verwechselt. "Beim Unterfertigungstermin hatte die Frau keine Unterlagen mit, sondern nur Kekse für die Maklerin, der sie blind vertraute". Auch die Beiziehung eines eigenen Anwalts sei von den Beteiligten mit den Worten "Es sind ja ohnehin Anwälte hier" verhindert worden. Die einzige "objektive Zeugin" sei die Enkelin der 83-Jährigen gewesen, die bei der Vertragsunterzeichnung anwesend und verzweifelt versucht habe, den Termin zu verschieben.
Auch, dass die Immobilienfirma schließlich nur zwei Drittel der Liegenschaft kaufte, sei zum Nachteil der damals 83-Jährigen geschehen. Mizelli plädierte auf Schuldsprüche im Sinne der Anklageschrift und wandte sich zum Abschluss an die Schöffen: "Schützen Sie unsere Gesellschaft vor diesen Machenschaften. Denn ein Freispruch würde kriminellen Machenschaften Tür und Tor öffnen".
"Meine Mandantin ist furchtbar schlampig"
Oliver Plöckinger, Anwalt der beschuldigten Maklerin, bat die Schöffen zunächst "unvoreingenommen vor diesem Medienspektakel zu entscheiden". Dann bezeichnete er seine Mandantin mehrfach als "schlampig" und "ungeschickt". Das sage nicht nur er, sondern auch deren Arbeitgeber. "Sie hat auch im Prozess oft ungeschickt geantwortet, aber nicht, weil sie bösartig ist, sondern weil das ihre Persönlichkeit ist."
Denn die Maklerin hatte während des Prozesses mehrfach von "Besichtungsterminen" und der "Abholung von Kaufvertragsunterlagen" berichtet- später stellte sich heraus, dass sie an diesen Tagen entweder im Urlaub in Kroatien oder stationär im Krankenhaus war.
Die Maklerin sei laut ihres Anwalts immer davon ausgegangen, dass der Kaufpreis von 750.000 Euro "passte." Sie habe "keinen Schädigungsvorsatz" gehabt. Im Gegenteil: "Für meine Mandantin wäre es als Maklerin besser gewesen, wenn der Kaufpreis höher gelegen wäre", sagte Plöckinger. Dass sie die Provision an ihrem Arbeitgeber vorbei verrechnete (zwei Prozent erhielt die Firma ihres Ehemanns als Tippgeber), sei zwar "grauslich", für diesen Fall strafrechtlich aber nicht relevant. Plöckinger plädierte auf "Freispruch."
Anwälte verlangen Freisprüche
Diesem Plädoyer schlossen sich auch die Anwälte der fünf weiteren Angeklagten an. Mario Schmieda, Anwalt der beiden Geschäftsführer einer Immobilienfirma sagte, dass seine Mandanten "das bezahlt haben, was die Frau verlangt hat." Als Käufer hätten sie die Dame nicht überzeugen müssen, dass sie mehr von ihnen verlangen müsse. "Es liegt kein Beweismittel vor, dass die Angeklagten den Beschluss gefasst haben, die Frau über den Tisch zu ziehen und keines, dass meine Mandanten auf die Preisfindung eingewirkt haben", sagte er.
Rupert Wagner, Rechtsvertreter eines beschuldigen Anwalts, sprach von einer "Verschwörungstheorie", es habe keine "Räubersbande" gegeben, wie es die Staatsanwaltschaft darstellen wolle. Der Rechtsvertreter der beschuldigten Anwältin hegte Zweifel an den Zeugenaussagen der Familie der damals 83-jährigen Verkäuferin. "Aufgrund der verstrichenen Zeit und des Mangels an Erinnerungen", sagte er.
Der Anwalt des Notars sagte, dass das sein Mandant vor Ort war, um zu beglaubigen. "Er muss prüfen, dass ich derjenige bin, dass ich nicht gezwungen werde, hier zu sein und dass ich im Stande bin, normal zu antworten. Mehr nicht", sagt er. Der Notar geriet unter anderem ins Visier der Staatsanwaltschaft, weil er zwei falsche Geburtsdaten beglaubigt hatte.
Die Angeklagten schlossen sich den Ausführungen ihrer Anwälte an.