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"Wenn ich nach einem Mord gerufen werde, sitzt mir der Schreck im Nacken"

Von Valentina Dirmaier, 24. Jänner 2015, 18:30 Uhr
"Wenn ich nach einem Mord gerufen werde, sitzt mir der Schreck im Nacken"
Rosalia Zelenka (52) war die erste Tatortreinigerin Österreichs. Bild: Franz HELMREICH

MATTIGHOFEN. Rosalia Zelenkas Beruf ist außergewöhnlich, gefährlich und spannend. Was die Wiener Tatortreinigerin erlebt, erzählt sie kommende Woche in Mattighofen und im Interview.

Wenn Rosalia Zelenka im Schutzanzug mit Maske und Handschuhen mit ihrer Arbeit als Tatortreinigerin beginnt, hat das Leben anderer bereits ein Ende genommen. Die Ursachen sind mannigfaltig. Wird die Wienerin gerufen, liegt Mord, Selbstmord oder ein natürlicher Tod vor, die Spuren müssen beseitigt werden. Scham? Fehlanzeige. Die 52-jährige Wienerin erzählt im Gespräch mit den OÖN über ihren schlimmsten Einsatz, wie es ihr bei ihrer ersten Tatortreinigung erging und welcher Fall ihr besonders naheging.

OÖNachrichten: Frau Zelenka, wie erklären Sie einem Kindergartenkind, wodurch Sie Ihr Geld verdienen?
(lacht) Ich war dieser Situation noch nie ausgesetzt. Kinder wollten von mir noch nie wissen, was ich mache. Aber kurz: Ich reinige Leichenfundorte und mache Wohnungen wieder bewohnbar.

Welchen Geruch hat der Tod?
Der Tod riecht immer anders. Es kommt auf die Zusammensetzung der Körperflüssigkeiten an, ob der Mensch krank war, wie viel Wasser im Körper war und wie lange er schon tot und in welchem Fäulnisstadium er ist. Oder ob er Medikamente genommen hat.

Können Sie sich noch an Ihren ersten Einsatz als Tatortreinigerin erinnern?
Ja, sehr gut sogar. Es war einer der schwierigsten. Der Einsatz war in einer Wohnung eines Messis, gekoppelt mit einem Leichenfund. Dort hatten wir alles. Leichenreste, Essensreste, alles was ablaufen und kaputt werden kann, dazu noch Fäkalien, alle möglichen Tiere, Kakerlaken, Fliegen.

Ein Fall, bei dem viele umdrehen und sich die Berufswahl noch einmal gründlich überlegen würden, oder?
Komischerweise war das nicht so. Ich hab’ nicht einmal überlegt, aufzuhören. Im Gegenteil. Ich hab’ mich in die Materie eingelesen. Hab’ festgestellt, dass es noch viel mehr zu entdecken gibt.

Ihr bisher schlimmster Einsatz?
Der schlimmste Tatort war jener, wo Dusche und Badewanne mit Fäkalien vollgefüllt waren. Da hab’ ich mir schon gedacht: ‘Puh, sofort die Maske aufsetzen.’

Welche Voraussetzungen sollten Tatortreiniger erfüllen? Ein gutes Immunsystem und ein unempfindliches Riechorgan sind sicher von Vorteil?
Ein gutes Immunsystem ist nicht schlecht. Technisches Verständnis ist wichtig. Nervlich sollte man belastbar sein und halbwegs kräftig sein, denn wir müssen auch Möbel schleppen. Natürlich muss man die Ausbildung zum Gebäudereiniger und Desinfektor aufweisen. In Amerika kann man den Beruf lernen, in Deutschland gibt es Seminare, hier in Österreich ist Tatortreinigung noch eine Marktlücke. Stattdessen wird hier der Gebäudereiniger gerufen.

Dem die Ausstattung fehlt?
Ja und auch das nötige Wissen. Der Tatortreiniger ist ein Zwitter. Er reinigt nicht nur oder entfernt die Flüssigkeiten, sondern nimmt auch gleich den kontaminierten Boden mit. Kein Bodenleger übernimmt diese Arbeit.

Ich nehme an, für die Reinigung reicht kein Nullachtfünfzehn-Putzmittel. Mit welcher Ausrüstung gehen Sie ans Werk?
Die Mittel muss man sich zusammensammeln, für Tatort-Reinigungsmittel gibt es noch keinen Vertrieb. Ich habe mir schon selbst welche hergestellt, diese werden wir bald zur Verfügung stellen.

Was muss gemacht werden, wenn eine Leiche erst nach Wochen gefunden wird?
Wir Menschen haben Wasser im Körper, das eine andere Dichte als Leitungswasser aufweist. Dieses Wasser neigt dazu, Wände hochzusteigen. Wände sind porös und nicht dicht. In manchen Fällen ist die Kontamination so stark, dass der Putz abgetragen werden muss.

Wie gefährlich ist Ihr Beruf? Haben Sie sich schon einmal verletzt oder eine Krankheit eingefangen?
Ich war bei meinem ersten Tatort sehr unvorsichtig und hab’ mir einen Pilz über die Atemwege eingefangen. Sehr schmerzhaft. Ich konnte nichts essen, nur flüssige Nahrung zu mir nehmen. In diesem Beruf müssen Sie daher gewisse Vorsichtsmaßnahmen, wie Impfungen, treffen. Zum Beispiel kann man sich Tuberkulose holen, Hepatitis. Es gibt sehr beständige Bakterien und Viren an den Tatorten. Insofern ist mein Beruf schon riskant. Vor allem, weil man die Gefahren oft nicht sieht.

Wie geht es am Tatort zu?
Grundsätzlich ist es sehr still. Aber oft passieren witzige Anekdoten, dann muss gelacht werden.

Zum Beispiel?
Einmal sind wir zu einem Leichenfund gerufen worden. Der Verstorbene war ein Messi, die Wohnung war voll mit Werkzeugen. Der Mann ist auf der Toilette gestorben und saß dort. Sämtliche Körperflüssigkeiten waren über die Wohnung verteilt. Der Körper war stark aufgelöst. Als der Tote von der Bestattung abgeholt wurde, hat das Kiefer nicht mehr gehalten und ist runtergefallen. Wir haben das Gebiss beim Aufräumen gefunden. Direkt neben der Prothese lag eine Tube Kukident. Ich hab’ dann zu meinem Kollegen gesagt: ‘Schau Peter, die hat ihm jetzt auch nicht mehr genützt.’ Bei solch anstrengenden Berufen ist Lachen trotz der Tragik eine Art Ventil.

Die Leiche haben Sie aber nicht gesehen?
Nein, die sehen wir nicht. Außer Haare, die sich vom Toten lösen oder das Kiefer, das runterfällt.

Versuchen Sie, sich die Taten oder Motive, warum sich jemand umbringt oder zu Tode kommt, zu erklären?
Ich hatte einen Fall, der hat mich sehr tief berührt. Ein Suizid. Ein Vater hat sich das Leben genommen. Der Streuung der Flüssigkeiten und des Gewebes zufolge stand der Mann vor den Bildern seiner Kinder, bevor er sich umgebracht hat. Da muss schon große Verzweiflung dahinter gewesen sein. Wenn ich nach einem Mord gerufen werde, sitzt mir der Schreck’ im Nacken. Und am Tatort hab’ ich ein mulmiges Gefühl.

Wie können Sie abschalten?
Ich hab’ ein Buch geschrieben. Ich bin und war voller Bilder und Gedanken, die ich mit mir herumgetragen habe. Von einem Kriseninterventionszentrum wurde mir geraten, die Erlebnisse auf Papier zu bringen. Ebenfalls ein Ventil.

Rosalia Zelenka liest am Mittwoch, 28. Jänner, 19 Uhr, in der Stadtbücherei Mattighofen aus "Der Tod hat viele Gerüche". Info: 07742/376245 und per Mail an buecherei@mattighofen.at

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2  Kommentare
2  Kommentare
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( Kommentare)
am 26.01.2015 01:03

...wäre eindeutig NICHTS für mich.
Aber gut, dass es solche Leute, wie die Fr. Zelenka gibt, meine Hochachtung!

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( Kommentare)
am 25.01.2015 21:52

unter Nachrichtenschreibern? Schon der zweite Artikel innerhalb kurzer Zeit…

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