"Erfolgreiche Unternehmerinnen sollen andere Frauen motivieren"
Seit einigen Wochen ist mit Katharina Anna Ecker (40) eine neue Vorsitzende an der Spitze von Frau in der Wirtschaft im Bezirk Ried. Wir haben Sie zum Interview gebeten.
Die frühere Journalistin – sie hat die Redaktion eines Wirtschafts- und Lifestylemagazins geleitet – betreibt ein PR- und Kommunikationsbüro. Im Interview der Woche spricht Sie darüber, wie weit Frauen in der Wirtschaft auch in den Köpfen der Männer angekommen sind, welche Ziele sie verfolgt und wie sie die aktuelle wirtschaftliche Lage im Innviertel besorgt.
OÖN: Sind die Frauen in der Wirtschaft auch in den Köpfen der Männer schon angekommen?
Katharina Anna Ecker: Ja, auf jeden Fall. Frauen führen in Oberösterreich rund die Hälfte der Unternehmen: 2023 waren 38.605 Frauen unternehmerisch tätig, das bedeutet einen Anstieg von 43,5 Prozent gegenüber das Jahr 2013. Zählt man Mitunternehmerinnen, Geschäftsführerinnen und Frauen in Aufsichtsräten hinzu, sind über die Hälfte der oberösterreichischen Unternehmen wesentlich von Frauen geführt oder mitbestimmt. Besonders bei Unternehmensgründungen zeigt sich eine positive Entwicklung: Der Anteil von Frauen lag 2023 bei 50 Prozent. Ob in Gewerbe, Handwerk, Dienstleistung, Tourismus oder Handel – Frauen sind mittlerweile in allen Wirtschaftsbereichen und Unternehmensgrößen vertreten. Bei einem genaueren Blick zeigt sich aber, dass Frauen in Spitzenpositionen noch immer unterrepräsentiert sind: Nur 12,2 Prozent der Geschäftsführungen und 26 Prozent der Aufsichtsräte in den 200 größten Unternehmen Österreichs sind weiblich. Diese Zahlen zeigen, dass strukturelle Herausforderungen wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die gerechtere Aufteilung von Care-Arbeit und das Überwinden von Rollenklischees nach wie vor relevant sind. Bei „Frau in der Wirtschaft“ wollen wir als ein starkes Netzwerk für Unternehmerinnen und unternehmerisch denkende Frauen den Austausch fördern, Sichtbarkeit schaffen und zentrale Themen wie Gesundheit, finanzielle Bildung, Gleichstellung und Fairness vorantreiben.
Welche Ziele haben Sie sich für die kommenden Monate gesetzt?
Gemeinsam mit meinen Stellvertreterinnen Lisa Fuchs und Sibylle Schlöglmann haben wir bereits viele Ideen für neue Formate und Initiativen entwickelt, die wir in den nächsten Monaten umsetzen wollen. Unser übergeordnetes Ziel ist es, dass sich jede Unternehmerin und unternehmerisch denkende Frau in unseren Themen wiederfindet. Wir wollen ein Netzwerk bieten, das vielfältige Möglichkeiten eröffnet - sei es, um als Unternehmerin zu wachsen, sich persönlich weiterzuentwickeln oder die Gemeinschaft zu stärken.
Was sind die Schwerpunkte?
Erstens: Unternehmerinnen sichtbar machen. Wir möchten die Vielfalt und das Potenzial der Unternehmerinnen in unserer Region sowie überregional in den Vordergrund rücken. Zweitens: Netzwerk stärken und neue Unternehmerinnen gewinnen: Ein starkes, unterstützendes Netzwerk liegt mir persönlich sehr am Herzen. Drittens: Wissenserwerb durch Fokusthemen wie Frauengesundheit, Führungskräfteentwicklung, Finanzbildung, Gleichstellungsthemen und Vorsorge sowie Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf. Zusätzlich werden Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz und New Work behandelt.
Der aktuelle Slogan von Frau in der Wirtschaft lautet „Ich bin Übernehmerin". Übernehmen Ihrer Ansicht nach genügend Frauen die Verantwortung in Unternehmen?
Erfolgreiche Unternehmensübergaben sind von zentraler Bedeutung - nicht nur für Übergeberinnen und Nachfolgerinnen, sondern für den gesamten Wirtschaftsstandort. Die Zahl der Übernehmerinnen nimmt zwar zu, für interne Nachfolgen müssen Frauen bzw. Töchter verstärkt in Führungsrollen gedacht werden. Mit der Kampagne „Ich bin Übernehmerin“ wollen wir bewusst erfolgreiche Übernehmerinnen vor den Vorhang holen und damit die Bedeutung der Nachfolgesituation in Familienunternehmen aufzeigen: Von den 170.000 Familienunternehmen in Österreich, die 1,8 Millionen Menschen beschäftigen und 414,1 Milliarden Euro erwirtschaften, steht jedes zehnte vor der Nachfolgefrage. Externe Nachfolgen beziehungsweise unsichere Nachfolgen nehmen zu - derzeit wird in zwei Drittel der Fälle die Nachfolge innerhalb der Familie geregelt - zunehmend auch durch Töchter, und das wollen wir zeigen.
Was sind die Herausforderungen und Hemmnisse dabei, Frauen in Führungspositionen zu bringen?
Zutrauen vom engen Umfeld und Vertrauen in sich selbst sind oft der Schlüssel zum Erfolg. Frauen, die den nächsten Karriereschritt gehen möchten, sollten von ihrem beruflichen und privaten Umfeld unterstützt und ermutigt werden. Um den Anteil an Unternehmerinnen und weiblichen Führungskräften im Bezirk Ried zu erhöhen, legen wir bei Frau in der Wirtschaft besonderen Wert auf die Sichtbarkeit und Erfolgsgeschichten von Unternehmerinnen oder Frauen in Führungspositionen. Diese Vorbilder, die mit ihrer Expertise und ihren Erfolgen überzeugen, sollen andere inspirieren und motivieren. Zusätzlich bieten wir zahlreiche Informationsmöglichkeiten und Materialien, die Frauen den Einstieg in die Selbstständigkeit erleichtern. So wollen wir als Netzwerk nicht nur das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken, sondern auch praktische Unterstützung auf dem Weg zum beruflichen Erfolg bieten. Weitere Herausforderungen, Frauen in Führungspositionen zu bringen, sind strukturelle Hürden, wie etwa fehlende flexible Arbeitsmodelle und unzureichende Betreuungsmöglichkeiten, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erschweren und tradierte Rollenbilder. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist kein reines Frauenthema, sondern ein Anliegen beider Elternteile. Was mir persönlich sehr wichtig ist: Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollte immer das Wohl der Kinder im Mittelpunkt stehen, ein Punkt, der mir in öffentlichen Debatten oft zu wenig betont wird. Es ist wichtig, dass Kinder gut und qualitativ hochwertig betreut werden und sich individuell entfalten können. Deshalb brauchen wir flexible und vielfältige Betreuungsangebote, öffentlich, betrieblich und auch zu Hause.
KTM und die Folgen - mit welchem Gefühl verfolgen Sie die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung im Innviertel?
KTM ist ein bedeutender Arbeitgeber in der Region, und die angekündigten Maßnahmen, insbesondere der Abbau von Arbeitsplätzen werden naturgemäß Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft haben. Besorgniserregend ist auch die Situation der Zulieferbetriebe, die eng mit KTM verbunden sind. Forderungsausfälle und künftige Umsatzeinbußen könnten für viele dieser Unternehmen existenzbedrohend sein und einen Dominoeffekt in der regionalen Wirtschaft auslösen. Es bleibt zu hoffen, dass die geplanten Sanierungsmaßnahmen bei KTM gelingen und die Region gestärkt aus dieser Krise hervorgeht.
Was unterscheidet Frauen und Männer... in der Wirtschaft?
Kompetenz und Persönlichkeit sind ausschlaggebend für einen erfolgreichen Führungsstil und unternehmerischen Erfolg – entscheidend ist der Mensch, nicht das Geschlecht. Es kommt also darauf an, wie man seine Stärken und Eigenschaften gezielt einsetzt und ob man die Möglichkeit dazu bekommt. Unternehmen sollten den Fokus darauf legen, Potenziale unabhängig vom Geschlecht zu erkennen, zu fördern und zu nutzen. Diversität in Unternehmen (und auf allen Ebenen!) schafft nicht nur mehr Fairness, es macht Unternehmen wettbewerbsfähiger, innovativer und sorgt für eine offene Unternehmenskultur – das belegen viele Studien.
Was sind Ihre Wünsche für das kommende Jahr?
In meiner Rolle als Vorsitzende von Frau in der Wirtschaft ist ein großer Wunsch für das kommende Jahr eine wirtschaftliche Erholung, die Stabilität und Zuversicht in alle Bereiche unseres Lebens zurückbringt. Ich wünsche mir auch, dass wir Innovationskraft und Mut für neue Ideen sehen, denn gerade in Zeiten des Wandels entstehen oft neue Chancen. Unternehmerinnen sind oft Treiberinnen von Veränderung und Nachhaltigkeit, das wollen wir zeigen. Was ich mir am meisten wünsche ist jedoch, dass wir Solidarität und Zusammenhalt unter Frauen und in der gesamten Gesellschaft stärken –und eine Wirtschaft schaffen, die auf Fairness, Potenzial und Leistung setzt und baut.
Zur Person: Bezirksvorsitzende Katharina Anna Ecker ist seit 2023 als Public Relations (PR)- und Kommunikationsberaterin für Unternehmen und Organisationen tätig. Nach dem Studium der Anglistik, Geschichte und Politischen Bildung an den Universitäten Passau und Salzburg begann sie ihre berufliche Laufbahn in der Erwachsenenbildung und als AHS-Lehrerin. Nach Abschluss der Journalistenakademie arbeitete sie als Redakteurin bei einem Wirtschafts- und Lifestylemagazin, wo sie später die Redaktionsleitung übernahm und ihre Expertise in Journalismus, Public Relations, Kommunikation und Moderation vertiefte. Zuletzt war sie als interne Kommunikationsmanagerin in einem Konzern tätig, wo sie wertvolles Wissen und Erfahrungen für ihre Selbstständigkeit sammelte.