Harte Herrschaftsvorwürfe einerseits, "99 Prozent Sympathie" andererseits
Die Bandbreite der öffentlichen Reaktionen zur Absetzung von Georg Wojak ist groß.
BRAUNAU. "Das ist ein laufendes Verfahren, dazu äußere ich mich nicht!" So bedeckt wie Yvonne Weidenholzer, die interimistische Stellvertreterin des abgesetzten Braunauer Bezirkshauptmannes Georg Wojak, gibt sich nicht jeder in den Kommentaren zur "Causa Wojak". Die Bandbreite der Reaktionen ist groß und polarisiert. Das zeigt die schwierige Balance zwischen Bürgernähe und penibler Rechtsauslegung.
Das Verständnis für den "beispiellosen Vorgang an der BH Braunau" habe ihn "bestürzt gemacht", sagt ein ehemaliger leitender Bediensteter der BH Braunau in einer Stellungnahme an Landeshauptmann Thomas Stelzer. Darin schildert er seine Erfahrungen mit Wojak als Vorgesetztem und lobt ihn als "zugänglich, loyal und verlässlich, freundschaftlich und korrekt". Entscheidungen habe er nie "einsam gegen alle getroffen". Seine "Bürgernähe" – "mit ihm kam man leicht ins Gespräch" – bezeichnet der mittlerweile pensionierte Bedienstete als ein "besonderes Merkmal". Wojak sei "auf die kleinen Leute zugegangen" – und ortet gerade darin eine "Diskrepanz zu seinen Abteilungsleitern".
Maislingers harsche Kritik
Völlig konträre Erfahrungen schildert der Politikwissenschafter Andreas Maislinger, der enge Beziehungen zu Braunau pflegt und dort im Hitler-Geburtshaus ein "Haus der Verantwortung" einrichten wollte. Er zieht einen harschen Vergleich mit der DDR und schreibt: "’Friedensbezirk’ Braunau erinnert an ‘Friedensstaat’ DDR". Der Bezirkshauptmann habe "wie in einer Einparteienherrschaft keinen Meinungsaustausch erlaubt. Es musste alles so geschehen, wie von ihm angeordnet". Der Beschluss des "Friedensbezirks Braunau" sei nur erfolgt, um sich ein Denkmal zu setzen, wettert Maislinger. Die Reaktionen auf das eingeleitete Amtsenthebungsverfahren wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauches (für Georg Wojak gilt die Unschuldsvermutung) waren schon am Tag des Bekanntwerdens sehr emotional. So ging bereits einen Tag danach eine Reaktion aus der Gemeinde St. Johann am Walde an die Landesregierung bzw. an die Landesdirektion. Bürgermeister Gerhard Berger, Diakon Anton Baumkirchner und der Ehrenkommandant der Feuerwehr Frauschereck, Erich Feichtenschlager, hatten unter Berufung auf Wojaks Unterstützung bei der Zeltfestkatastrophe vor knapp zwei Jahren dessen "offenes Ohr für die Sorgen und Anliegen der Menschen" sowie "schnelle und unbürokratische Hilfe" hervorgehoben. Das habe zur "großen Beliebtheit in der Bevölkerung" geführt.
Wojak trifft Bürgermeister
Die Unterstützungsabsichten von Bürgermeistersprecher Franz Zehentner, der in einer ersten Reaktion zu einer Protestversammlung aufgerufen hatte, sind noch nicht verpufft. Er hat alle Bürgermeister des Bezirks Braunau zu einem Treffen am kommenden Dienstag eingeladen – und Georg Wojak auch. "Er kommt. Er hat bisher noch nicht die Möglichkeit gehabt, Stellung zu nehmen", erklärt Zehentner, ÖVP-Bürgermeister von Kirchberg. Die Vorgangsweise sei mit ÖVP-Bezirksparteivorsitzendem Hannes Waidbacher abgesprochen. "Ich hätte mir da aber auch nichts vorschreiben lassen. Die meisten VP-Bürgermeister stehen hinter Wojak", sagt er und macht deutlich, dass er Sprecher für alle Bürgermeister ist, egal, welcher Partei sie angehören. Ihm kämen "zu 99 Prozent" Sympathiebekundungen für Wojak zu Ohren. Dieser tue so viel für den Bezirk, die Abberufung sei nicht zu verstehen.
"Ich bin absolut dafür, dass von der Kommission und der Staatsanwaltschaft alle Vorwürfe penibel überprüft werden. Wir leben ja in einem Rechtsstaat", betont Franz Zehentner, der früher Bezirksanwalt und in der Staatsanwaltschaft tätig war, ausdrücklich. "Georg Wojak soll aber fair behandelt werden wie jeder andere Bürger auch", erwartet der Bürgermeistersprecher. Er zeige sich auch gegenüber der interimistischen Bezirkshauptfrau Yvonne Weidenholzer loyal und erwarte dies auch von seinen Amtskollegen, erklärt Zehentner.
Die Personalabteilung des Landes Oberösterreich müsste halt einmal Führungsstil-Parameter aufstellen für ihre Führungskräfte - dann hätte sie bei entsprechenden Verfehlungen eine belastbare, argumentative und dienstrechtliche Handhabe, und müsste nicht immer im Hit-and-Run-Modus mit der lächerlichen "rechtliche Verfehlungen"-Karte kommen, die bei Nachfrage rasch zur "kleine rechtliche Verfehlungen"-Karte "wird", und bei genauer, penibler Prüfung zum "keine rechtlichen Verfehlungen"-Eingeständnis.
Und Landeshauptmann Stelzer müsste dann nie wieder den Kopf in ein selbst gegrabenes Sommerloch stecken.
Ist es falsch anzunehmen, wenn man in der Causa Wojak nicht sein wirken für die Bevölkerung des Bezirkes Braunau in Frage stellt, sondern sein korrektes Verhalten gegenüber sogenannten selbsternannten Gutmenschen und anderer Besserwisser.
Dieser Personenkreis hat mit der Bezirksverwaltung zwar nicht unmittelbar zu tun, aber über die Bezirksgrenzen hinaus einen gewissen Einfluss.
Wenn sich Herr Dr. Bruno Binder mit der Sache befasst, dann ist das Land schon mal Zweiter in der Sache. Es scheint immer mehr ein unüberlegter Schnellschuss zu werden, der für die "Führungskräfte" der BH. Braunau zum Bumerang wird.
Jedenfalls sehr sehr eigenartig das Geschehen. Da steckt anderes dahinter.