Neues System bringt Patienten eines Schlaganfalls auf die "Überholspur"
"Der Himmel ist blau." Diesen einfachen Satz sollen potenzielle Schlaganfallpatienten häufig beim Eintreffen der Notfallsanitäter sagen. Mit dem Erkennen möglicher Symptome eines Schlaganfalls wie Sprach- und Sehstörungen, halbseitige Lähmungserscheinungen oder Gleichgewichtsprobleme beginnt die Rettungskette. Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute. Je rascher der Patient mit der Therapie auf der Stroke Unit, einer speziellen Station für die Akutbehandlungen für Schlaganfallpatienten, beginnt, desto besser die Heilungschancen.
Einen Lösungsansatz, wie man die Behandlung von Schlaganfällen weiter optimieren könnte, haben Rieds Rotkreuz-Bezirksstellenleiter Christian Dobler-Strehle und Klaus Altmann, Facharzt für Neurologie im Krankenhaus Ried, gesucht und gefunden. Das Duo entwickelte gemeinsam das Vorankündigungssystem "Fast Lane". "Nach der Ausarbeitung des Projektes wurden in den Bezirken Ried, Braunau und Schärding rund 80 Sanitäter geschult. Das System wurde auf Anhieb von allen sehr gut angenommen", sagte Dobler-Strehle.
Sobald ein Notfallsanitäter die Verdachtsdiagnose Schlaganfall stellt, wird eine telefonische Konferenzschaltung zwischen der Rettungsleitstelle des Roten Kreuzes, dem Notfallsanitäter und dem diensthabenden Neurologen erstellt. Dabei werden die wichtigsten Informationen anhand einer Checkliste weitergegeben. "Wir haben dann sehr rasch den vollen Zugriff auf die vorhandenen Daten und können sofort beginnen, sämtliche Vorbereitungsmaßnahmen für die Behandlung zu treffen", sagte Altmann.
In der Radiologie wird der Computertomograf (CT) reserviert und das im Spital übernehmende Personal informiert. Ist der Patient im Spital, kann rasch mit der Behandlung begonnen werden. Ein Patientenblatt liegt beim Eintreffen im Spital bereits vor. Die bisher vorliegenden Zahlen (Zeitraum April 2023 bis März 2024) sind beeindruckend. Durch das Ankündigungssystem "Fast Lane" konnte die Zeitspanne vom Eintreffen des Notarztwagens bis zum Beginn der Therapie von rund 51 Minuten auf 26 Minuten verkürzt, also fast halbiert werden. "Das war genau das Ziel unseres Projektes", sagten Altmann und Dobler-Strehle. Bei 213 Patienten kam in genanntem Zeitraum das Vorankündigungssystem zum Einsatz.
"Bei der Weltspitze dabei"
Voll des Lobes für die Arbeit des Teams der Neurologie und des Roten Kreuzes zeigte sich Andreas Kampfl, Primar der Neurologie des Rieder Spitals. "Was die Zeiten betrifft, sind wir damit bei der Weltspitze dabei. Dieser Leistung unseres Schwerpunktkrankenhauses im Innviertel kann man gar nicht genug Respekt zollen. Ich bin sehr stolz und bedanke mich bei allen. Profitieren tun davon die Patienten", sagte Kampfl.
Die Anzahl der Schlaganfälle werde, so Kampfl und Altmann, anhand der demografischen Entwicklung weiter steigen. "Wir können der steigenden Anzahl mit immer besserer Therapie entgegenwirken", sagte Altmann.
Kampfl schätzt, dass sich die Zahl der Schlaganfallpatienten unter 55 Jahren bis zum Jahr 2050 verdoppeln werde. "Vor allem Bluthochdruck und Blutzuckererkrankungen werden dafür verantwortlich sein", sagte Kampfl. Das Vorankündigungssystem soll mittelfristig auf ganz Oberösterreich ausgerollt werden. In Steyr und Vöcklabruck soll es demnächst so weit sein.
"Kann geheilt werden"
"Wenn Menschen mit gutem Willen gemeinsam etwas erreichen wollen, dann kommt ein solches Ergebnis dabei heraus", lobte Johann Minihuber, Geschäftsführer des Rieder Spitals, die Zusammenarbeit seines Hauses mit dem Roten Kreuz. "Man muss den Menschen immer wieder klarmachen, dass ein Schlaganfall eine Erkrankung ist, die geheilt werden kann. Der größte Hebel dafür liegt in der Früherkennung", betonte Johannes Huber, Ärztlicher Direktor des Rieder Krankenhauses.
Video vom Presserundgang mit Interviews
Schlaganfall und der Faktor Zeit:
Der Schlaganfall ist in Österreich die zweithäufigste Todesursache und stellt eine große Gefahr für eine dauerhafte Beeinträchtigung dar. Jedes Jahr ereignen sich in Österreich zwischen 20.000 und 25.000 Schlaganfälle. Der zentrale Faktor für die gesundheitlichen Folgen ist Zeit. Je länger es bis zum Therapiebeginn dauert, desto schwerwiegender können die gesundheitlichen Folgen sein. Laut Primar Kampfl sterben nach wie vor rund 20 Prozent der Schlaganfall-Patienten innerhalb eines Jahres.
Zitiert:
"Eine gewisse Infrastruktur, wie eine Datenleitung zwischen Krankenhaus und Rotem Kreuz war vorhanden. Wir haben die Kräfte gebündelt."
"Dieses Projekt sucht seinesgleichen. Das kommt heraus, wenn ein motiviertes Team des Spitals und des Roten Kreuzes zusammenarbeitet."
"Unser Ziel war, Zeit zu sparen, die für die Menschen enorm wichtig sein kann. Weitere Ausbauschritte des Projekts sind in Planung."
"Es können vorab alle Vorbereitungsmaßnahmen getroffen werden. Im Schnitt dauert es vom Eintreffen im Spital bis Therapiebeginn 26 Minuten."