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Die Nike: Einst ein Aufreger, heute nur ein netter Engel

Von Erhard Gstöttner, 15. Juli 2016, 00:04 Uhr
Die Nike: Einst ein Aufreger, heute nur ein netter Engel
Die Nike wirbt jetzt in der Linzer Landstraße für den Höhenrausch. Bild: VOLKER WEIHBOLD

LINZ. Skulptur wirbt an der Linzer Landstraße für den Höhenrausch – 1977 war sie hingegen ein Signal für neue Kultur in Linz.

Beschaulich verlief die Eröffnung des "Forum Metall" im Linzer Donaupark am 12. September 1977. Doch der laue Spätsommertag war der Beginn einer neuen Zeit in Linz.

Dass im Donaupark eine internationale Elite der plastischen Kunst Werke ausstellte, schien vielen Einheimischen egal zu sein. Auch das große Medienecho (die renommierte deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" nannte das Forum Metall "Das Linzer Superding") war hier vielen wurscht.

Der "Ausreibfetzen"

Doch die an der Ostfassade des Finanzgebäudes West am Linzer Hauptplatz montierte Nachbildung der Nike von Samothrake brachte viele zum Ausflippen. "Krampf", "totaler Fremdkörper" "Ausreibfetzen", "Fetzenvogel", "Affenkunst", "haarsträubend" - so schimpften Linzerinnen und Linzer über das sieben Meter hohe Kunstwerk der Gruppe Haus-Rucker-Co., die Laurids Ortner, damals Professor an der Linzer Kunsthochschule, anführte.

Heuer ist das Kunstwerk, das im Spätherbst 1979 von der Kunsthochschule entfernt wurde und dann Jahrzehnte in einem Depot in Deutschland schlummerte, nach Linz heimgekehrt. Nun ist die Metallskulptur gar an der Ursulinenkirche montiert, um auf den diesjährigen Höhenrausch mit dem Motto "Engel" hinzuweisen. "Jetzt gefällt die Nike allen", sagt Höhenrausch-Chef Martin Sturm.

Die Jungen waren dafür

Laurids Ortner, der Gestalter der Nike, sagt im OÖN-Gespräch: "Man kann sich heute schwer vorstellen, dass das damals so einen Wirbel ausgelöst hat. Die Zeiten sind vorbei. Die Jungen waren damals alle sehr dafür und sahen in der Nike ein richtiges Zeichen."

Die griechische Siegesgöttin hat Linz durchgerüttelt, wurde zum Symbol und Signal. Viele Junge wollten in der florierenden, aber langweiligen und schmutzigen Stahlstadt Linz nicht mehr so leben wie bisher. 1974 war zwar das Brucknerhaus eröffnet worden, im Rosenstüberl in der Bürgerstraße schrummten Bands die Hits der damaligen Zeit nach. Im Schillerpark kreisten Joints, Dealer verkauften dort mitten in der Stadt Haschisch und LSD.

Während zum Beispiel Gmunden am Traunsee mit der Gruppe K eine spannende Kulturinitiative hatte, ging es in Linz in Sachen Jugendkultur eher hinterwäldlerisch zu. Hätte es nicht Robert Urmanns Jazzklub gegeben, der Weltstars nach Linz holte, wäre die Fadesse für junge Linzer perfekt gewesen. Die Zeit war reif, viele Junge wollten nicht mehr so wie bisher.

Dann ging es Schlag auf Schlag. Im abgewetzten Café Landgraf am Beginn der Urfahraner Hauptstraße rotzten die Bands Miss Mollys Favourites (Mollies) und Willi Warma ihren Frust so wild heraus, dass dies sogar die Wiener Szene staunend zu Kenntnis nahm.

Vom Landgraf zur Klangwolke

In der von Kunststudenten gegründeten Stadtwerkstatt regte sich ab 1979 Widerstand. Dass die verrußte und verrauchte Stahlstadt dabei war, auch eine Stadt der Kultur zu werden, wurde dann im September 1979 fast allen klar, als im Donaupark die erste Linzer Klangwolke stattfand.

 

Die Diskussion um die Nike im Jahr 1977

Wild umstritten war die Nike der Künstler- und Architektengruppe Haus-Rucker-Co., als die Skulptur am Kunsthochschul-Gebäude am Linzer Hauptplatz montiert wurde. Viele Bürger schimpften.

VP-Gemeinderäte forderten den damaligen Linzer Bürgermeister Franz Hillinger (SP) auf, das Kunstwerk entfernen zu lassen.

Franz Schwabeneder, ehemaliger OÖNachrichten-Kulturchef, brach eine Lanze für diese Kunst im öffentlichen Raum: „Eine Arbeit, die gnadenlos zur Konfrontation herausfordert.“

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