Eine "inklusive Stadt" feiert 900-Jahr-Jubiläum
GALLNEUKIRCHEN. 1125 wurde Gallneukirchen erstmals urkundlich erwähnt, im Jubiläumsjahr geht es auch um Selbstbewusstseinsbildung.
Wie lange es Gallneukirchen schon gibt, weiß man nicht genau. Das heutige Gallneukirchen dürfte bereits im 9. Jahrhundert als Missionspfarre vom Bistum Passau gegründet worden sein. Erstmals urkundlich erwähnt aber wird der Ort wie auch die Gemeinden Engerwitzdorf, Lasberg und Katsdorf in der Schenkungsurkunde des Adelsgeschlechtes der Griesbacher an das Stift St. Florian aus dem Jahr 1125. Gallneukirchen wird darin als „Novenkirchen“ bezeichnet. Die Urkunde wurde im Beisein von Zeugen am Bischofshof in Passau bei einer Ratssitzung ausgestellt und unterzeichnet. Heute befindet sie sich im Stiftsarchiv St. Florian.
Vielfalt ist großer Schatz
Für Bürgermeister Sepp Wall-Strasser (SP) ist das Jubiläum eine Möglichkeit, sich mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu beschäftigen. Und die ist "inklusiv", in Kultur, Gesellschaft, Politik, Religion und bei den Menschen. Dieses Selbstverständnis der Stadt ist auch das Motto des Jubiläumsjahres. "Vielen ist die Vielfalt in unserer Stadt gar nicht bewusst, das Jubiläum soll zeigen, was für ein großer Schatz das ist."
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Diese Vielfalt hat historische Gründe. Gallneukirchen war immer etwas offener als andere Orte, da es von jeher an einem wichtigen Durchzugsweg nach Böhmen gelegen ist, heute für Autos, früher für Kutschen und die Pferdeeisenbahn. Anders als seine Nachbarn war Gallneukirchen weniger bäuerlich sondern mehr von Gewerbe und Handel geprägt und den unzähligen Mühlen an der Gusen.
"Ökumenische Vorbildpfarre"
Gallneukirchen gilt auch als ökumenische Vorbildpfarre. Zur Katholischen Kirche kommt eine vitale evangelische Gemeinde, die auf den rebellischen Priester Martin Boos (1762–1825) zurückgeht und die heute mit dem Diakoniewerk der größte Arbeitgeber ist. Sozialarbeiter aus vielen Ländern kamen deswegen nach Gallneukirchen, beeinträchtigte Menschen aus dem Martinstift gehören zum Stadtbild. "Das hat der Stadtgemeinde gut getan, sie ist viel offener und toleranter geworden", sagt Wall-Strasser. "Gallneukirchen ist kein Silicon Valley, aber ein Social Valley, in dem sich eine Kultur des Helfens etabliert hat", formuliert es der Historiker Michael John.
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Doch im Jubiläumsjahr stellt sich die Stadt auch den finsteren Epochen, von der historischen Richtstätte "Gugalea" bis zur Ermordung beeinträchtigter Menschen durch die Nazis.
Inklusiv ist auch das Kulturjahr, mit dem das Jubiläum gefeiert wird. Alle waren eingeladen, auf die Bühne zu bringen, was sich in der Stadt tut, eine Jury hat 21 Projekte ausgewählt, die besonders unterstützt wurden. Auf große Namen hat man bewusst verzichtet. "Es geht in erster Linie um die Gallneukirchner, aber nicht im engstirnigen Sinn", sagt Wall-Strasser.
Start ins Jubiläumsjahr mit vielen Gästen
Gestern wurde das Gallneukirchner Jubiläumsjahr im Alten Hallenbad mit der Stadtkapelle, Stringendo, Hollerstaudn extended, einer Jubiläumsproduktion des inklusiven Theaters Malaria und Grußworten von Bürgermeister Sepp Wall-Strasser, Landeshauptmann Thomas Stelzer und Margot Nazzal, Kulturdirektorin des Landes eröffnet. Der Historiker Michael John ließ dann die Geschichte der Stadtgemeinde launig Revue passieren.
Mitgefeiert haben unter anderen der geschäftsführende SPÖ-Landesvorsitzende Alois Stöger, der Bürgermeister der Partnerstadt Northeim Simon Hartmann, die Bürgermeister Roman Brungraber (Lasberg), Herbert Fürst (Engerwitzdorf), Michael Hammer (Altenberg), Martin Tanzer (Alberndorf) und Wolfgang Greil (Katsdorf), Bezirkshauptmann Ferdinand Watschinger, Christian Naderer und Stefan Wunderle vom Tourismusverband Mühlviertel und Doris Rom vom OÖ Tourismus.
Alle Informationen zum umfangreichen Programm finden sich unter gallneukirchen-900.at.