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Die Stadt von heute ist die Rohstoffmine von morgen

Von Klaus Buttinger, 19. September 2015, 00:04 Uhr

Urban Mining, der städtische Bergbau, rückt immer mehr in den Fokus: Hierzulande liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Kies für den Bau bei neun Tonnen pro Jahr.

Städtische Strukturen als Rohstoffminen der Zukunft zu sehen, nennt man neudeutsch Urban Mining. Dieser Begriff für Recycling in großem Ausmaß tauchte in den 1990er-Jahren erstmals auf und fand diese Woche in Linz ein Forum. Die OÖ. Zukunftsakademie des Landes hatte geladen, um das Thema vor interessierten Fachleuten zu besprechen.

"Der Materialverbrauch in unserer Gesellschaft steigt, vor allem bei metallischen Stoffen. Im systematischen Urban Mining sehen wir ein großes Zukunftsthema", sagte Akademieleiter Wolfgang Rescheneder. Tatsächlich lag der Ressourcenverbrauch 2011 in Oberösterreich – trotz größerer Effizienz – um ein gutes Drittel höher als zehn Jahre zuvor. Neben den Metallen hat der Verbrauch von Kies und Sand massiv zugenommen. Diese Rohstoffe stecken heute in den Hoch- und Tiefbauten vor allem in den Städten. Andere, in Zukunft möglicherweise interessante Stoffe liegen auf Deponien oder sammeln sich in Schlacken und Filterstäuben von Müllverbrennungsanlagen.

Deponiebergbau

Wenn er heutige Mülldeponien oder Gebäude meint, spricht Ulrich Kral vom Institut für Ressourcenmanagement an der Technischen Universität Wien (TU) von Sekundärrohstoffpotenzialen oder anthropogenen Lagern, die sich in Zukunft potenziell als abbauwürdig erweisen könnten. Laut einer Studie wäre dies im Falle von Zink bereits wirtschaftlich möglich. Dieses Metall könnten aus den Nassfiltern von Rauchgasreinigungsanlagen zu marktgängigen Preisen rückgewonnen werden. In einer zweiten Studie wurde das Rückgewinnungspotenzial von Phosphor untersucht. Davon liegen geschätzte 300 Tonnen auf Österreichs Deponien. Ergebnis: Die Rückgewinnung zahlt sich (noch) nicht aus. Ändern sich Rohstoffmarkt, gesetzliche Rahmenbedingungen oder technische Machbarkeit, könnte sich auch das Potenzial für den urbanen Phosphorabbau steigern.

Fast ein Viertel der Abfälle in Österreich entfällt auf Baurestmassen. Immer strengere Auflagen hinsichtlich der Stofftrennung machen hier das Urban Mining immer interessanter. Jakob Lederer vom Christian-Doppler-Labor für Anthropogene Ressourcen an der TU Wien sieht "Hochbauten als Wertstoffquelle". Mit seinem Team beforschte er das Wiener Stadtgebiet und bewies, dass es anhand der Datenlage möglich ist, einen Urban-Mining-Kataster anzulegen. Daraus lässt sich das Rohstoffpotenzial eines oder mehrerer Gebäude genau herauslesen (siehe Grafik).

Ressourcen aus dem Untergrund

TU-Forscher Kral ging auf den städtischen Untergrund ein. Mit der erdverlegten Infrastruktur erwuchs auch ein mögliches Feld für den städtischen Bergbau. Rohre und Leitungen für Elektrizität, Wasser, Gas oder Telekommunikation könnten Potenzial besitzen. "Natürlich wird niemand hinausgehen und alte Elektroleitungen ausgraben", sagte Kral. "Wenn aber aus irgendwelchen Gründen an solchen Stellen gegraben wird, wäre es sinnvoll, die alten Kabel herauszunehmen." Dafür sei es ratsam, eine kombinierte Instandhaltungs- und Rückbaustrategie zu entwickeln, die wieder auf einem Ressourcenkataster fußen müsse. So könnte man stillgelegte, häufig industrielle Infrastrukturen wiederverwerten, wie dies in einzelnen Städten Schwedens bereits gemacht werde.

Kral verwies auf gesetzliche Bestimmungen in Berlin, wo für stillgelegte Leitungen Steuer bezahlt werden müsse, um die Betreiber anzuregen, unbenötigte Leitungen zu entfernen.

In Summe zeigte sich: Um zu wissen, ob und ab wann sich das Schürfen nach Altressourcen lohnt, braucht es einen Urban-Mining-Kataster. In der Steiermark wird daran gearbeitet, in Oberösterreich (noch) nicht.

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Stahlbetongebaeude

PDF-Datei vom 18.09.2015 (25.661,58 KB)

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