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"Bandenkrieg" in Wien: Erste Urteile, drei Ermittlungsstränge

Von nachrichten.at/apa, 09. Dezember 2024, 12:27 Uhr
foto: volker weihbold justiz gericht landesgericht lg prozess
(Symbolbild) Bild: Symbolbild: Volker Weihbold

WIEN. Bei der Staatsanwaltschaft Wien werden drei separate Ermittlungsstränge zu den gewalttätigen Ausschreitungen geführt, die in der Brigittenau ihren Ausgang genommen hatten.

Nach den im vergangenen Sommer in Wien mit Waffen ausgetragenen ethnisch motivierten Auseinandersetzungen zwischen gebürtigen Tschetschenen auf der einen und jungen Syrern bzw. arabisch stämmigen Männern auf der anderen Seite, die sich unter der Bezeichnung "505/515" in sozialen Medien zusammengeschlossen hatten, haben die Strafverfolgungsbehörden Ermittlungserfolge verbuchen können. Es liegen auch schon erste Urteile vor.

Bei der Staatsanwaltschaft Wien werden drei separate Ermittlungsstränge zu den gewalttätigen Ausschreitungen geführt, die in der Brigittenau ihren Ausgang genommen hatten. Am 5. Juli hatten sich gegen 21.45 Uhr Syrer und Tschetschenien im Anton-Kummerer-Park getroffen, um mit Holzlatten, Pfeffersprays, Messern und Schusswaffen aufeinander loszugehen. Bei den regelrechten Wild-West-Szenen - es wurden mindestens sechs Schüsse abgefeuert - wurden drei Männer syrischer Herkunft erheblich verletzt. Sie mussten von den Rettungskräften in Krankenhäuser gebracht werden. Gegen drei Tschetschenen im Alter von 28, 29 und 30 Jahren wird in diesem Zusammenhang jeweils wegen versuchten Mordes ermittelt.

Zwei Tschetschenen seit Ende August in U-Haft

Der Älteste von ihnen wurde bereits wenige Stunden nach den Gewalttätigkeiten festgenommen. Er soll mit seinem BMW mehrere Verdächtige zum Tatort chauffiert und weitere Beitragshandlungen gesetzt haben. Der Mann - er hat AHS-Matura und war zuletzt als Projektmanager tätig - schweigt bisher eisern zu den wider ihn erhobenen Vorwürfen. Die beiden anderen Tschetschenen konnten nach akribischen Ermittlungen des Landeskriminalamts ausgeforscht werden. Sie befinden sich seit 20. bzw. 21. August in U-Haft. "Wir gehen davon aus, dass dieses Ermittlungsverfahren bis Ende des Jahres abgeschlossen ist", teilte Judith Ziska, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, dazu auf APA-Anfrage mit.

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Schon weiter sind die Justizbehörden mit mehreren Syrern, die sich für die bezogenen Prügel im Anton-Kummerer-Park rächen wollten und mit Messern bewaffnet in ein Lokal in der Burghardtgasse in der Brigittenau gestürmt waren, wohin sie einen jungen Tschetschenen verfolgt hatten. Auf einem Video aus der Überwachungskamera ist zu sehen, wie der Tschetschene in das Lokal läuft, in Panik die Tür hinter sich verschließt und "Nicht reinlassen!" ruft. Wenige Sekunden später tauchen drei teilweise vermummte Syrer - einer mit entblößtem Oberkörper und einem um den Kopf gewickelten T-Shirt - auf und bedrohen den Tschetschenen mit dem Umbringen: "Bei Allah, ich steche in deinen Kopf!" Danach kommt es zu einer Rangelei.

Drei Syrer für "Racheaktion" in erster Instanz verurteilt

Drei beteiligte Syrer, die jeweils wegen gefährlicher Drohung und versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung zur Anklage gebracht worden waren, sind dafür bereits erstinstanzlich zur Verantwortung gezogen worden. Sie wurden allerdings lediglich wegen gefährlicher Drohung verurteilt, da der unmittelbar bedrohte Tschetschene nicht ausgeforscht werden konnte und damit unklar blieb, ob und inwieweit dieser überhaupt verletzt wurden. Ein 34-Jähriger fasste neun Monate unbedingt aus, zwei 19 Jahre alte Landsmänner ebenfalls neun Monate unbedingt bzw. sieben Monate, davon zwei Monate unbedingt. Das bestätigte Gerichtssprecherin Christina Salzborn der APA. Alle drei Männer wiesen laut Salzborn Vorstrafen auf, was bei der Strafbemessung erschwerend gewertet wurde.

Ein vierter Syrer musste sich am Montag am Landesgericht für Strafsachen verantworten. Er hatte sich - ebenfalls vermummt - am Eingang des Lokals positioniert und soll laut Anklage Aufpasserdienste geleistet haben, was ihm die Staatsanwaltschaft als Beitrag zur gefährlichen Drohung ankreidete. "Ich bekenne mich nicht schuldig. Die drinnen im Lokal waren nicht meine Freunde. Ich war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort", sagte der 19-Jährige.

19-Jähriger freigesprochen

Der Angeklagte behauptete, er sei damals zufällig in der Jägerstraße gewesen, habe eine Schreierei gehört und sei den Stimmen gefolgt. "Im arabischen Raum ist es üblich, dass da alle zusammenlaufen", meinte seine Verteidigerin. Ihr Mandant habe sich zufällig im Lokal befunden und an keinen strafbaren Handlungen mitgewirkt. Auf die Frage, weshalb er vor dem Eintreffen der Polizei davongelaufen sei, erwiderte der 19-Jährige: "Damit man mir nicht vorwerfen kann, ich hätte damit etwas zu tun."

Obwohl der Richter von "blumigen Erklärungsversuchen" des Angeklagten sprach, wurde dieser am Ende freigesprochen. Dessen Verantwortung sei mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht zu widerlegen. Die Beweislage reiche für eine Verurteilung nicht aus. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab, der Freispruch ist somit nicht rechtskräftig.

26 Beschuldigte bei Massenschlägerei am Bahnhof Meidling

Der dritte bei der Wiener Anklagebehörde anhängige Ermittlungsstrang betrifft eine Massenschlägerei am Bahnhof Meidling, bei der die Opfer nach vorheriger Absprache am 7. Juli verfolgt und mit einem Messer, einem Hammer, Teleskopschlägern und Schlagringen attackiert wurden. Fünf Männer trugen schwere Verletzungen davon. In diesem Zusammenhang ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 26 Beschuldigte wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung. Laut Behördensprecherin Ziska befinden sich aktuell noch zwei Beschuldigte in U-Haft. Es handelt sich dabei um einen 24-jährigen Tschetschenen und einen 17-Jährigen mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien.

Der 17-Jährige hat zusätzlich ein Verfahren wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation am Hals. Er gilt als Anhänger der radikal-islamistischen Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) und als mutmaßlicher Komplize eines 19-Jährigen, dem ein beabsichtigter Terror-Anschlag auf ein am 9. August geplantes Konzert von Taylor Swift im Wiener Ernst-Happel-Stadion vorgeworfen wird. Die mutmaßlichen Anschlagspläne konnten nach einem Hinweis aus dem Ausland unterbunden werden. Die beiden jungen Männer wurden festgenommen, die Wiener Taylor-Swift-Konzert-Reihe - die Künstlerin sollte an drei Abenden en suite auftreten - abgesagt.

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