Ferenc Krausz: Wer ist der neue Nobelpreisträger?
WIEN/STOCKHOLM. Der diesjährige Physik-Nobelpreisträger Ferenc Krausz (61) gilt als Pionier auf dem Gebiet der Attosekundenphysik. Die grundlegenden Arbeiten, die zur begehrten Auszeichnung geführt haben, hat der Physiker, der die ungarische und die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, an der Technischen Universität (TU) Wien durchgeführt.
Er konnte extrem kurze Lichtblitze erzeugen, die es erstmals ermöglichten, die ultraschnellen Bewegungen von Elektronen sichtbar zu machen.
Der frisch gekürte Nobelpreisträger war von der Nachricht der Auszeichnung sehr überrascht. "Ich versuche zu realisieren, dass das Realität ist und kein Traum", sagte Krausz der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag kurz nach der Preisverkündung. Damit gerechnet habe er nicht. Krausz forscht als Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching bei München sowie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Video: Günther Mayr (ORF) zum Nobelpreisträger Krausz
Mit seiner Forschung habe er es zusammen mit vielen Wissenschaftern und Teams geschafft, "die schnellsten Vorgänge, die es in der Natur außerhalb des Atomkerns gibt, nämlich die Bewegung der Elektronen, in Echtzeit zu verfolgen", sagte Krausz im Max-Planck-Institut, das gerade Tag der offenen Tür hatte. "Diese Bewegungen initiieren jegliche molekulare Vorgänge in lebenden Organismen und sind letzten Endes auch für die Entstehung von Krankheiten auf fundamentalster Ebene verantwortlich." Erkenntnisse in diesem Bereich könnten daher für die Medizin wichtig sein.
Es gebe seit drei Jahren ein großes Forschungsprojekt mit 10.000 Menschen zur Erkennung von Krankheiten wie Krebs in frühen Stadien. Sie bekämen regelmäßig Blutproben abgenommen, die mit Infrarot-Laser-Licht durchleuchtet würden - um "daraus weitere Informationen, die uns derzeit die Labormedizin nicht liefern kann, über sich möglicherweise ausbildende Krankheiten in einem früheren Stadium zu gewinnen". Die ersten Resultate seien vielversprechend, bis zur Anwendung seien aber vermutlich noch fünf bis zehn Jahre nötig.
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Galerie ansehenSeine "spärliche" Freizeit verbringt Krausz gerne mit Sport und Lesen sowie mit seiner Familie. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. "Da muss man versuchen, irgendwie immer eine Balance zu finden. Die Freizeit ist ein knappes Gut, wenn man in der Forschung tätig ist", sagte er der dpa.
Krausz, geboren am 17. Mai 1962 in Mor (Ungarn), studierte von 1981 bis 1985 Theoretische Physik an der Eötvös Loránd Universität Budapest und Elektrotechnik an der Technischen Universität Budapest - letzteres Studium schloss er 1985 mit dem Diplom ab. Er wechselte dann an die TU Wien, wo er 1991 in Quantenelektronik promovierte. Krausz blieb an der TU Wien, habilitierte sich 1993 dort und wurde 1999 ordentlicher Professor. Der Wissenschaftsfonds FWF zeichnete ihn 1996 mit dem Start-Preis und 2002 mit dem Wittgenstein-Preis, der höchstdotierten Wissenschaftsauszeichnung in Österreich, aus.
Forschungen an der TU Wien erfolgreich
2001 gelang es Ferenc Krausz und seinem Team an der TU Wien erstmals, aus extrem ultraviolettem Licht einzelne Lichtblitze im Attosekundenbereich zu erzeugen und zu messen. Eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer Milliardstel Sekunde (0,000.000.000.000.000.001 Sekunden). Diese extrem kurzen Lichtblitze ermöglichten es erstmals, die ultraschnellen Bewegungen von Elektronen sichtbar zu machen. Seither konnte Krausz zahlreiche Echtzeit-Filmaufnahmen der Bewegung von Elektronen in Molekülen und Atomen aufnehmen.
Der Physiker gilt damit als einer der Begründer der Attosekundenphysik. Auf der Basis seiner Forschungen sind neue Arbeitsgebiete entstanden, etwa eine hochauflösende Mikroskopie, die auch die Untersuchung lebender Organismen ermöglicht. Zudem hat er Laser zur Diagnose von Augen- und Krebskrankheiten entwickelt.
Direktor am Max-Planck-Institut
2003 wurde er zum Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching ernannt. Seit 2004 ist er Professor für Physik an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Im selben Jahr wurde er zum Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gewählt. 2015 gründete er das Centre for Advanced Laser Applications (CALA) an der LMU und leitet es seither, seit 2019 ist Krausz auch Co-Gründer und Direktor des Center for Molecular Fingerprinting Research in Budapest.
Krausz ist nach wie vor als Honorarprofessor an der TU Wien tätig und arbeitet noch immer mit den Wiener Gruppen zusammen. Erst vor zwei Wochen war er zu einem Symposium an der TU Wien zu Gast.
Der Informationskonzern Thomson Reuters zählte Krausz bereits 2015 in seiner jährlichen Prognose zu den Favoriten für den Physik-Nobelpreis. Im Vorjahr wurde er für seine Beiträge zur Attosekundenphysik gemeinsam mit seiner Co-Nobelpreisträgerin Anne L'Huillier von der Universität Lund (Schweden) sowie mit Paul Corkum von der Universität von Ottawa (Kanada) mit dem renommierten Wolf-Preis in Physik ausgezeichnet.
"Jeder von ihnen leistete entscheidende Beiträge, sowohl zur technischen Entwicklung der Attosekundenphysik als auch zu ihrer Anwendung auf grundlegende physikalische Studien", teilte die preisvergebende Wolf-Stiftung in Israel mit. Krausz sah in der Auszeichnung "eine Würdigung der Zukunftsperspektiven, die die Ultrakurzpuls - Laserforschung für das Vorantreiben der Grenzen von Wissenschaft und Technologie bietet."
Da freuen sich 3:
Die Ungarn, da dort geboren, die Österreicher, da hier Staatsbürger, die Bayern, weil er da arbeitet.
Glückwunsch!!