„Nach Europa? So einfach wie noch nie“: Zahl der Schlepper stieg um 61 Prozent
WIEN. 712 Schlepper wurden im Vorjahr in Österreich festgenommen. Der Angriffskrieg in der Ukraine hat das Geschäft befeuert. Für die Destination Europa wurde intensiv geworben.
24 Menschen, darunter neun kleine Kinder, befanden sich im Laderaum des Kastenwagens, als ein 27-jähriger Syrer im Oktober des Vorjahres in Schwarzenberg am Böhmerwald (Bezirk Rohrbach) die Grenze passierte. Völlige Dunkelheit, kein Wasser, kein Proviant. Der Traum von einem neuen Leben wurde für die Flüchtlinge aus Syrien und der Türkei zu einem Albtraum. Spätestens als der Lenker des Kastenwagens von der Polizei aufgehalten wurde und versuchte, mit mehr als 150 Stundenkilometern zu flüchten. Die Flucht endete in Peilstein, der 27-Jährige wurde festgenommen.
Er war einer von 712 Schleppern, die der Polizei im Jahr 2022 ins Netz gingen – 61 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 2021 waren es noch 414 gewesen. Insgesamt wurden 2022 mehr als 108.913 Personen aufgegriffen, 3463 davon in Oberösterreich: ein Anstieg von 150 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Warum? „Im vergangenen Jahr wurde von der Schleppermafia damit geworben, dass es so einfach wie noch nie sei, nach Europa zu gelangen“, sagte Innenminister Gerhard Karner (VP) bei der Präsentation des Lageberichts zu Schlepperei, Menschenhandel und illegalem Glücksspiel. Der Krieg in der Ukraine habe das Geschäft zusätzlich befeuert. Die Menschen seien den Schleppern dabei völlig egal.
„Es darf die Ware nicht verderben. So wird über Menschenleben gesprochen“, sagte Karner.
Vier Todesopfer gab es im Vorjahr unter den Geschleppten in Österreich. „Sehr oft ist es sehr knapp geworden“, sagte Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt. Mit Abstand die meisten Schlepper (103) kamen aus Syrien, gefolgt von 58 Türken, 53 Ukrainern und 52 Rumänen. 34 gefasste Schlepper waren Österreicher.
13.000 außer Landes gebracht
„Ein wichtiges Signal ist die Außerlandesbringung und Rückführung“, sagte Karner. Im Vorjahr wurden knapp 13.000 Menschen außer Landes gebracht, rund 40 Prozent erfolgten zwangsweise, 60 Prozent der Betroffenen reisten freiwillig aus.
Laut Karner gab es im Vorfahr 30.000 negative Asylentscheidungen, mehr als 42.000 Menschen hatten sich dem Verfahren entzogen und das Land wieder verlassen. Im ersten Quartal 2023 gab es laut Elisabeth Wenger-Donig, Abteilungsleiterin Rückkehr, einen deutlichen Anstieg bei den Ausreisen: Demnach sind 3000 Menschen aus Österreich ausgereist.