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Toter Bub in Kitzbüheler Ache: Heute soll ein Urteil fallen

Von nachrichten.at/apa, 01. August 2024, 11:03 Uhr
Der Angeklagte im Prozess wegen Mordverdachts, im Falle eines sechsjährigen Buben, der im August 2022 tot in der Kitzbüheler Ache gefunden worden war. Bild: EXPA/JOHANN GRODER (APA/EXPA/JOHANN GRODER)

INNSBRUCK. Im Mordprozess gegen einen 39-Jährigen, dessen Sohn im Sommer 2022 in der Kitzbüheler Ache in St. Johann in Tirol tot aufgefunden worden war, hat am Donnerstag am Innsbrucker Landesgericht der voraussichtlich letzte Prozesstag begonnen.

Im Mordprozess gegen einen 39-Jährigen, dessen Sohn im Sommer 2022 in der Kitzbüheler Ache in St. Johann in Tirol tot aufgefunden worden war, hat am Donnerstag am Innsbrucker Landesgericht der dritte und voraussichtlich letzte Prozesstag begonnen. 

Am Vormittag wurden Gutachten von Petra Hatzer-Grubwieser von der Gerichtsmedizin Innsbruck sowie anschließend der IT-Sachverständigen Cornelia Menzel erörtert, die aber keine allzu großen neuen Erkenntnisse brachten.

Die Gerichtsmedizinerin hatte sich mit DNA- und sonstigen Spuren vom Tatort beschäftigt, unter anderem mit Spuren an der im Verfahren bereits diskutierten Flasche, mit der der Angeklagte laut eigener Aussage niedergeschlagen worden bzw. sich laut Staatsanwaltschaft selbst geschlagen haben soll. Auf dieser waren vom Opfer hinterlassene Spuren gefunden worden. An Scherben aus deren Trinkbereich sowie im Innenbereich seien auch Spuren einer unbekannten Person - möglicherweise eine "Trinkspur" - entdeckt worden, erörterte Hatzer-Grubwieser vor dem Geschworenengericht. Die Spur im Trinkbereich sei unter der Verschlusskappe gefunden worden: "Sie war somit keinen Umwelteinflüssen ausgesetzt."

"Gelegenheitspersonen"

Dass an der Unterseite der Flasche keine DNA des Angeklagten gefunden worden war, ließ die Gutachterin auf Nachfrage der Verteidiger nicht als Nachweis dafür gelten, dass diese nicht mit dem Kopf des Angeklagten in Berührung gekommen sei: "Da handelte es sich nur um den Bruchteil einer Sekunde und es waren Haare dazwischen". Auch bei Sicherung aller Scherben am Tatort würde sich ihre Erwartungshaltung nicht dahingehend ändern, ein anderes Ergebnis zu bekommen, so Hatzer-Grubwieser auf Nachfrage. "In einer idealen Welt" hätte man natürlich alle Scherben vorliegen.

Sämtliche weiteren Spuren, etwa am Opfer selbst, hatten im wesentlichen dem Angeklagten bzw. dessen Sohn zugeordnet werden können. An der Jacke des Vaters war bei verdächtigen Stellen kein Blut gefunden worden. An der Geldtasche und am Smartphone des Angeklagten wurden nur dessen eigene Abdrücke entdeckt. An wenigen Stellen wurden indes Spuren nachgewiesen, die von Polizisten oder Rettungskräften - sogenannten "Gelegenheitspersonen" - stammten. Nur an einer Stelle am Opfer - im Brustbereich - befand sich eine Spur, die bisher nicht zugeordnet werden konnte. Diese dürfte laut der Expertin allerdings nachträglich entstanden sein. Auf Nachfrage des vorsitzenden Richters Andreas Fleckl betonte die Expertin, dass aufgrund eines Nicht-Vorhandenseins von Spuren nicht mit Sicherheit bestimmte Schlüsse gezogen werden könnten: "Eine Berührung kann, muss aber nicht Spuren hinterlassen."

Aufzeichnung von Schritten an sich sei "nicht zuverlässig" als Beweismittel

Schließlich erörterte Menzel, bei einer Münchner Firma tätig, ihre Erkenntnisse. Sie war mit der Auswertung des Mobiltelefons des Angeklagten betraut worden. Die Aufzeichnung von Schritten an sich sei "nicht zuverlässig" als Beweismittel, die Daten theoretisch beeinflussbar - etwa wenn man das Telefon schüttle oder im Kreis gehe, so die IT-Sachverständige. Es sei möglich, dass Schritte nicht aufgezeichnet worden seien. Etwa durch einen "temporären Defekt" oder wenn das Mobiltelefon "zweimal hart aufgeschlagen" sei und die kurze Zeitspanne dazwischen vom Gerät "nicht als Schrittfolge erkannt" worden sei. Hinweise auf einen solchen Sturz habe es aber nicht gegeben, erklärte die Expertin auf Nachfrage des Staatsanwalts.

Unter anderem sollte Menzel auch den Zeitpunkt der in Frage stehenden Internet-Suche nach dem Wort "Ohnmacht" klären. Dabei habe sie den damit verbundenen Zeitpunkt untersucht - die Suche sei zum Mittag erfolgt, obwohl auf dem Mobiltelefon ein anderer Zeitpunkt aufgezeichnet worden war. "Der Zeitstempel war falsch", erläuterte sie mit Verweis auf technische Ursachen. Eine Suche nach "Feuerquallen" sei in zeitlicher Nähe erfolgt. Auch erläuterte Menzel ausführlich, welche Aktivitäten generell am Mobiltelefon des Angeklagten in der Tatnacht aufgezeichnet worden waren - von der Aufzeichnung von Videos bis hin zu Musik-Apps. Die letzte Aktivität sei um 3.34 Uhr erfolgt, bestätigte die Sachverständige.

Smartphone per Gesichtserkennung gesperrt

Indes erläuterte der Angeklagte auf Nachfrage seines Verteidigers Mathias Kapferer, dass sein Smartphone per Gesichtserkennung versperrt gewesen sei: "Es war unbrauchbar für jemanden, der nicht mein Gesicht hat", sagte der 39-Jährige. Das sei eine mögliche Erklärung dafür, weshalb ein mutmaßlicher Räuber das Mobiltelefon nicht mitgenommen habe. Anschließend ging der vorsitzende Richter nochmals im wesentlichen den Verlauf der Ermittlungen durch - die sich erst um die Suche nach einem mutmaßlichen Angreifer gedreht und sich erst später gegen den nunmehr Angeklagten gerichtet hatten. Kapferer verlas die Aussage mehrerer Zeugen, die zu späteren Zeitpunkten Männer mit Kapuzen beobachtet und aufgrund von Auffälligkeiten der Polizei gemeldet hatten. Staatsanwalt Joachim Wüstner wiederum brachte die Aussage von Polizisten dar, die das im Verfahren bereits diskutierte, nicht gesicherte Überwachungsvideo eines Geschäftes erstgesichtet hatten. Demnach sei darauf kein Verfolger des Angeklagten zu sehen gewesen.

Der Angeklagte hatte die vorgeworfene Tat stets vehement bestritten. Der Deutsche betrat am Donnerstag von Kameras begleitet und unter Blitzlichtgewitter der zahlreich erschienenen Medienvertreter den Verhandlungssaal. Auch die Frau des Mannes, die am zweiten Verhandlungstag als Zeugin ausgesagt hatte, war anwesend. Bereits die ersten beiden Verhandlungstage - besonders der Prozessauftakt - hatten für einen vollen Schwurgerichtssaal im Innsbrucker Landesgericht gesorgt. Die Zahl der für die Öffentlichkeit verfügbaren Plätze war deshalb begrenzt worden, ebenso jene für Vertreter der Presse.

Großes Aufsehen

Staatsanwalt Wüstner hatte zum Auftakt des Verfahrens vor den Geschworenen insbesondere auf belastende Indizien und Gutachten verwiesen. Videoaufnahmen würden etwa zeigen, dass sich jene Sektflasche, mit der ein angeblicher Unbekannter den Angeklagten niedergeschlagen haben soll, bereits vor der Tat im Kinderwagen befunden habe. Auch seien die Verletzungen und die lange Dauer der Ohnmacht nicht mit der Version des Vaters in Einklang zu bringen.

Die Verteidiger des 39-Jährigen - Kapferer und Albert Heiss - machten dagegen in den bisherigen zwei Verhandlungstagen am 17. und 18. Juli Zweifel geltend und argumentierten mit möglichen Versäumnissen bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit. So seien etwa Beweismittel nicht rechtzeitig gesichert worden. Auch die Ehefrau des 39-Jährigen und Mutter des verstorbenen Kindes sagte in einer emotionalen Aussage zugunsten des Angeklagten aus. Sollte der Prozess nicht vertagt werden, dürfte Donnerstagabend ein Urteil fallen.

In dem für großes Aufsehen sorgenden Fall war man ursprünglich von einem Raubüberfall auf den Vater ausgegangen. Doch nach monatelangen, intensiven Ermittlungen, bei denen sich keine heiße Spur nach dem angeblichen Räuber herauskristallisierte, geriet der 39-Jährige selbst ins Visier und wurde schließlich am 27. Februar 2023 festgenommen.

Der Beschuldigte muss sich jedenfalls neben des Verdachts des Verbrechens des Mordes auch wegen des Verdachts der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung verantworten. Ihm droht bei einer Verurteilung bis zu lebenslange Haft.

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