Britische Gefängnisse am Anschlag: Soll man Täter früher entlassen?
LONDON. Großbritannien hat prunkvolle Paläste zu bieten, aber eines der größten Probleme spielt sich an den düsteren Orten ab. Den Gefängnissen des Landes droht die Überfüllung.
Das Justizsystem könnte bald vor der Frage stehen, wo Straftäter noch untergebracht werden sollen. "Es ist schlimmer als ich dachte", sagte der neue Premierminister Keir Starmer von der Labour-Partei.
Seine sozialdemokratische Regierung hatte vor einer Woche von den konservativen Tories übernommen und geht nun einen ersten Schritt. Medienberichten zufolge denkt sie darüber nach, Straftäter früher zu entlassen als bisher. Ein Verband warnte Ende Juni, es sei nur noch eine Frage von Tagen, bis Gefängnisse keinen Platz mehr hätten. "Innerhalb von Wochen würde das ein Risiko für die Öffentlichkeit darstellen", schrieb die Prison Governors' Association.
Zahl der Inhaftierten verdoppelt
In England und Wales sind derzeit rund 87.500 Menschen inhaftiert - bei etwa 88.900 nutzbaren Plätzen. Die BBC zitierte einen Mitarbeiter eines Gefängnisses: "Wir haben zwei Häftlinge in einer Zelle untergebracht, in der die Toilette ausgelaufen ist. Wir hatten keinen anderen Ort ... Der Gestank war so schlimm, dass man nicht atmen konnte." In den vergangenen 30 Jahren habe sich die Zahl der inhaftierten Menschen verdoppelt, obwohl die Kriminalitätsrate rückläufig sei, schreibt die Denkfabrik Institute for Government. Ein Grund für die Krise seien längere Haftstrafen. Die Strafen, die 2023 an den Crown Courts - den Strafgerichtshöfen, die die schweren Fälle verhandeln - verhängt wurden, seien im Schnitt um ein Viertel länger gewesen als 2012.
Teils liege das daran, dass über mehr schwere Vergehen geurteilt worden sei. "Aber auch die gleichen Straftatbestände werden nun mit längeren Strafen bedacht", heißt es in dem Papier des Thinktanks. Das verhängte Strafmaß für Raub beispielsweise sei im vergangenen Jahr 13 Monate länger gewesen als noch 2012. Das britische Justizsystem setzt ohnehin eher auf Strafe als auf Resozialisierung. In besonders schwerwiegenden Fällen zum Beispiel kann eine "whole-life order" verhängt werden: eine lebenslange Haftstrafe, bei der Menschen tatsächlich nie wieder auf freien Fuß kommen sollen. Der Denkfabrik zufolge ist in den vergangenen Jahren vor allem die Zahl der Menschen gestiegen, die in Untersuchungshaft sitzen - weil sich viele Fälle bei den Gerichten stauen - oder die zurück in Haft müssen, weil sie gegen Bewährungsauflagen verstoßen. Das verheerende Fazit: Mehre Justiz- und Premierminister hätten sich nicht gekümmert.
Mindestzeit reduzieren
Zur Entlastung der Haftanstalten könnte die neue Justizministerin Shabana Mahmood verkünden, dass Gefangene entlassen werden, wenn sie 40 statt bisher 50 Prozent ihrer Haftstrafe verbüßt haben. Das soll die Gefängnisse entlasten, bei schweren Gewalttaten oder Sexualstraftaten aber nicht gelten. Kritiker warnen dagegen, vorzeitige Entlassungen würden auch ein Risiko bergen und könnten sogar neue Probleme schaffen. Schon Notfallmaßnahmen der früheren Regierung sahen vor, dass Straftäter bis zu zehn Wochen früher entlassen werden können. Teilweise herrsche Durcheinander, schreibt das Institute for Government. Viele hätten noch keine Wohnung, was das Bewährungssystem vor Herausforderungen stelle.
Die Mindestzeit zu reduzieren, ist aus Sicht der Denkfabrik grundsätzlich eine wirksame Idee. Zudem könne man darüber nachdenken, mehr Menschen bei leichten Vergehen mit einer elektronischen Fußfessel in den Hausarrest zu schicken. Auf lange Sicht aber müssten mehr Gefängnisse gebaut und das Strafmaßsystem überdacht werden.
Vielleicht Ursachen für Fehlverhalten ergründen und abstellen?
Mehr Gefängnisse bauen. Hilft auch der Wirtschaft.
Am besten nicht zu so langer Zeit im Knast verurteilen wie immer wieder bei uns
Am besten erst gar nicht einsperren wie so oft bei uns