Anti-Regierungs-Proteste in Bangladesch fordern mindestens 300 Tote
DHAKA. Einen Tag nach erneuten, gewaltsamen Zusammenstößen bei Protesten gegen Regierungschefin Sheikh Hasina in Bangladesch mit 94 Toten ist die Gesamtzahl der Toten auf mindestens 300 gestiegen.
Dies ging am Montag aus einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP auf der Grundlage von jüngsten Berichten von Polizei, Ärzten in Krankenhäusern und Beamten hervor. Die Proteste sollen am Montag wieder aufgenommen werden.
Am Sonntag waren allein an einem Tag mindestens 94 Menschen getötet worden - die höchste Zahl an Opfern seit Beginn der Proteste. In der Hauptstadt Dhaka patrouillierten am Montag zahlreiche Soldaten und Polizisten auf wichtigen Straßen und verbarrikadierten die Wege zum Sitz von Regierungschefin Hasina.
Die im Juli aus Protest gegen eine Quotenregelung für den Behördendienst entstandenen Demonstrationen, an denen am Sonntag hunderttausende Menschen teilnahmen, haben mittlerweile den Rücktritt der seit 2009 amtierenden Hasina und ihres Kabinetts zum Ziel.
Der Protestbewegung haben sich mittlerweile Menschen aus allen Bevölkerungsschichten angeschlossen, unter anderem Filmstars, bekannte Musiker und ehemalige Generäle haben ihre Unterstützung ausgedrückt. Auch 47 Firmen der für die Wirtschaft des Landes wichtigen Textilbranche haben sich mit den Demonstrierenden solidarisiert. Offen ist bisher, ob die Armee die Protestierenden unterstützt oder weiterhin zu Hasina steht.
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Straßenblockaden, Blendgranaten und Gummigeschosse
Die 76-jährige Regierungschefin war im Jänner in einer von einem großen Teil der Opposition boykottierten Wahl im Amt bestätigt worden. Ihrer Regierung werden unter anderem der Missbrauch staatlicher Institutionen zum eigenen Machterhalt und die Unterdrückung von Regierungskritikern vorgeworfen - bis hin zur außergerichtlichen Tötung Oppositioneller.
Im Juli waren schon mindestens 150 Menschen bei der Gewalt ums Leben gekommen. Rund 10.000 Menschen wurden von der Polizei festgenommen. Studenten hatten gegen Quotenregelungen bei der Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst protestiert. Diese waren dann zwar weitgehend von einem Gericht gekippt worden, doch fordern die Studenten nun Gerechtigkeit für die Familien derer, die bei der Protesten getötet worden waren. Kritiker Hasinas werfen der Regierung exzessive Gewalt bei der Unterdrückung der Proteste vor. Diese weist dies zurück.
In Bangladesch mit seinen mehr als 170 Millionen Einwohnern sind die Arbeitslosigkeit und Inflation hoch. Jobs für die Regierung sind meist gut bezahlt. Das von der Regierung geplante System sah 30 Prozent der Stellen für Kriegsveteranen vor, die 1971 für die Unabhängigkeit des Landes von Pakistan gekämpft haben. Insgesamt sollten mehr als die Hälfte der Stellen für bestimmte Gruppen reserviert werden. Diese Regelung begünstigte Beobachtern zufolge Anhänger Hasinas. Vor zwei Wochen entschied ein Gericht aber, ab sofort sollten 93 Prozent der Einstellungen auf der Grundlage von Leistung erfolgen. Damit folgte es zumindest teilweise der Forderung der Protestierenden. Lediglich die restlichen sieben Prozent würden unter eine Quotenregelung kommen und vorwiegend für Nachkommen von Soldaten reserviert sein, entschieden die Richter.
Dieser Artikel wurde um 09:58 Uhr aktualisiert.
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