"D-Day"-Papier zwingt FDP-Generalsekretär zum Rücktritt
BERLIN. In dem Dokument hatte die Partei schon im Herbst detailliert ihre Pläne für den Ausstieg aus der Ampelkoalition skizziert.
Knapp drei Monate vor der deutschen Bundestagswahl am 23. Februar hat sich die FDP in eine tiefe Krise manövriert – und das bei einer Umfragelage, die den Wiedereinzug der Partei in den Bundestag ohnehin fraglich erscheinen lässt.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann traten am Freitag zurück, nachdem tags zuvor ein achtseitiges FDP-Strategiepapier bekannt geworden war, in dem die Partei einen detaillierten Plan zum Ampel-Ausstieg skizziert hatte. Mehrfach ist darin von einem "D-Day" die Rede, an dem die FDP aus der Koalition austritt. In der Folge wird von einer "Feldschlacht" gesprochen, um den Schritt offensiv zu kommunizieren.
In dem Papier zum Koalitions-ende ist auch davon die Rede, dass der "ideale Zeitpunkt" für einen "avisierten Ausstieg" aus der Ampel zwischen dem 4. und 10. November liegen könnte. Am 6. November kam es tatsächlich zum Bruch des schon lange kriselnden Bündnisses – indem der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) Lindner als Finanzminister entließ.
Vertraute von FDP-Chef Lindner
Djir-Sarai und Reymann sind enge Vertraute von FDP-Chef Christian Lindner. Djir-Sarai hatte noch am 18. November mit Blick auf damalige Medienberichte über die "D-Day"-Formulierung betont: "Das stimmt nicht. Dieser Begriff ist nicht benutzt worden."
Bijan Djir-Sarai betonte am Freitag, er habe "unwissentlich falsch über ein internes Dokument informiert". Er beteuerte, von dem umstrittenen Papier in der Vergangenheit nichts gewusst zu haben. Er übernehme aber die politische Verantwortung. Deutsche Medien berichten, Bundesgeschäftsführer Reymann gelte als Verfasser des Dokuments.
Parteichef Christian Lindner distanzierte sich am Freitag schriftlich von dem Papier. "Ich habe es nicht zur Kenntnis genommen und hätte es auch nicht gebilligt", hieß es in einer schriftlichen Erklärung. Unabhängig davon wolle er aber "ausdrücklich bestätigen, dass es angesichts des Streits in der Koalition (...) notwendig war, das mögliche Ausscheiden der FDP aus der Ampel zu durchdenken. Hierzu weise ich jeden Vorwurf zurück."
Das Papier stieß auch wegen der mehrfachen Verwendung des Begriffs "D-Day" auf Kritik. Der englische Begriff kann mit "Tag X" oder "Tag der Entscheidung" übersetzt werden. Bekannt ist er vor allem durch die Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944.
Rücktritte "unausweichlich"
FDP-Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann erwartet von ihrer Partei nun eine ernsthafte Aufarbeitung von Fehlern. Die Rücktritte von Djir-Sarai und Reymann seien "angesichts der Kommunikation der letzten Tage unausweichlich gewesen", sagte sie. Auch der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki hält Djir-Sarais Rückzug für richtig: "Die Kommunikation um das Papier war fehlerhaft, ja indiskutabel schlecht."