Prozess gegen Salvini: Lega-Chef wurde freigesprochen
PALERMO. Nach einem mehr als drei Jahren langen Prozess vor einem Gericht in Palermo auf Sizilien ist Italiens rechter Vize-Ministerpräsidenten Matteo Salvini am Freitag von einem Gericht in Palermo freigesprochen worden.
Ihm wurde der Vorwurf der Freiheitsberaubung und des Amtsmissbrauchs zur Last gelegt. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre beantragt. Die Urteilsverkündung wurde von tosendem Applaus begleitet.
Die Staatsanwaltschaft legte dem heutigen Verkehrsminister zur Last, 2019 in seiner Zeit als Innenminister das Schiff einer Hilfsorganisation mit 147 Migranten an Bord wochenlang am Einlaufen in den Hafen der Insel Lampedusa gehindert zu haben. Nicht ausgeschlossen wird, dass sie Berufung gegen das Urteil einlegen könnte. Der Vorsitzende der rechten Regierungspartei Lega gehört zu den zentralen Figuren der Koalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
Salvini umarmte seine Rechtsanwältin
Nach dem Freispruch umarmte Salvini seine in Freudentränen aufgelöste Lebensgefährtin Francesca Verdini und seine Anwältin, die Ex-Ministerin für die öffentliche Verwaltung Giulia Bongiorno. "Ihr wart alle toll", sagte Salvini gegenüber seinen Anhängern, die im Gerichtssaal von Palermo auf das Urteil warteten und auf den Freispruch applaudierten.
"Ich bin glücklich: Nach drei Jahren hat die Lega gewonnen, Italien hat gewonnen. Die Verteidigung des Vaterlandes ist kein Verbrechen, sondern ein Recht. Ich werde noch entschlossener vorgehen als zuvor. Die Vernunft hat gesiegt, heute ist ein wunderbarer Tag", kommentierte der Mailänder Salvini das Urteil.
Jubel unter Parlamentariern der Regierungskoalition in Rom
Die Parlamentarier, die der Regierungskoalition angehörten, reagierten in der Abgeordnetenkammer mit jubelnden Chören auf die Nachricht von Salvinis Freispruch. "Matteo, Matteo!", skandierten die Parlamentarier der Mehrheit. In der Abgeordnetenkammer wird derzeit über das Budget 2025 abgestimmt.
Auch Premierministerin Giorgia Meloni drückte ihre "große Zufriedenheit" wegen Salvinis Freispruchs aus. "Dieser Freispruch bezeugt, wie haltlos und surreal die gegen Salvini erhobenen Vorwürfe sind", kommentierte die Regierungschefin auf ihren Sozialnetzwerken.
Orban: "Bravo Salvini"
Zufrieden zeigte sich auch ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, ein guter Freund Salvinis. "Die Gerechtigkeit hat gesiegt, bravo Matteo Salvini! Das ist ein weiterer Sieg für die Patrioten für Europa", so Orban auf X.
Vor dem Urteil hatte sich Tesla-Chef und US-Milliardär Elon Musk mit dem italienischen Politiker solidarisch gezeigt. "Es ist absurd, dass Salvini vor Gericht stehen muss, weil er Italien verteidigt hat", schrieb Musk auf X. Daraufhin bedankte sich Salvini, und Musk reagierte mit "Du hast das Richtige getan".
Solidaritätserklärungen für Salvini aus ganz Europa
Vor Beginn der Gerichtsverhandlung erhielt Salvini auch Solidaritätserklärungen aus Europa. Die europäische Rechtsaußen-Fraktion "Patrioten für Europa", der auch die Lega sowie die FPÖ angehören, hatte Salvini vor dem Prozess in Palermo am Freitag ihre Unterstützung bekundet.
Salvini wurde zur Last gelegt, in seiner Zeit als Innenminister 2019 das Schiff der spanischen Hilfsorganisation Open Arms mit 147 Menschen an Bord wochenlang am Einlaufen in einen italienischen Hafen gehindert zu haben. Die Anklagebehörde wertete dies vor Gericht in Palermo als Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch und forderte im September sechs Jahre Haft für Salvini.
Kritik von NGO-Chef
Kritisch reagierte Oscar Camps, Gründer der spanischen NGO Open Arms, Betreiberin des von Salvini festgehaltenen Rettungsschiffes, auf den Freispruch des amtierenden Verkehrsministers. "Unser Bedauern gilt vor allem den Menschen, die, wie wir von der ersten Minute an gesagt haben, ihrer Freiheit beraubt wurden. Wir warten auf die Begründung der Richter, um zu beurteilen, ob wir gegen das Urteil Berufung einlegen werden, was wir auch von der Staatsanwaltschaft erwarten. Mit diesem in der italienischen und europäischen Geschichte einzigartigen Prozess wollten wir den 147 Personen, die an Bord festgehalten und 20 Tage lang ihrer Freiheit beraubt wurden, ihre Würde zurückgeben", kommentierte Camps.
Vergangenes Jahr wurden in Italien noch mehr als 150.000 Neuankömmlinge in Italien registriert. In diesem Jahr waren es deutlich weniger - bisher etwa 64.000. Von den Flüchtlingen, die im Sommer 2019 mit der "Open Arms" schließlich in Lampedusa an Land gehen durften, lebt nach Angaben der Helfer heute ein einziger in Italien. Die Regierung Meloni verfolgt einen harten Kurs gegen irreguläre Migration. Das Vorhaben, künftig auch in Aufnahmelagern in Albanien über Asylanträge entscheiden zu lassen, kommt bisher allerdings nicht voran. Nach zwei Niederlagen vor Gericht stehen die Lager nun leer.
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