Sturz der tschechischen Regierung dürfte scheitern
PRAG. Die tschechische Opposition dürfte mit dem Versuch gescheitert sein, die Regierung von Andrej Babis vier Monate vor der Parlamentswahl zu stürzen.
Angesichts der langen und heftigen Debatte wurde das eigentliche Votum erst in den Abendstunden erwartet. Jedoch galt es zu Mittag bereits als sicher, dass das Kabinett die Abstimmung übersteht, nachdem die Kommunisten (KSCM) während der Debatte über den Misstrauensantrag demonstrativ den Saal verließen.
Wenn die Kommunisten wie angekündigt nicht am Votum teilnehmen, ist die erforderliche Mehrheit von 101 Stimmen im 200-köpfigen Parlament rechnerisch nicht mehr zu erreichen. Die Opposition einschließlich der rechtspopulistischen Partei der direkten Demokratie (SPD) von Tomio Okamura verfügt nur über 93 Stimmen.
Die Misstrauensabstimmung hatten die konservativen Oppositionsparteien beantragt. Sie werfen Babis einen Interessenskonflikt als Regierungschef und milliardenschwerer Unternehmer zu haben. Das Votum kommt wenige Tage, nachdem die Polizei der Staatsanwaltschaft eine Anklage gegen Babis empfohlen hat wegen Malversationen bei der Nutzung von EU-Fördergeldern. Außerdem wirft die Opposition der Regierung Versagen in der Corona-Pandemie und die massive Neuverschuldung vor. "Die Regierung hat praktisch in allen Dingen versagt", kritisierte der Chef der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Petr Fiala. Der Chef der Piraten-Partei, Ivan Bartos, argumentierte, dass das tschechische Abgeordnetenhaus auf das gesunkene Vertrauen der Bevölkerung "klar reagieren muss".
Babis wies in der Debatte erneut jeglichen Interessenskonflikt als "politisch motivierte Anschuldigungen" zurück. "Sie wollen eine Regierung stürzen, die die Steuern gesenkt hat und die den Lebensstandard der Menschen verbessert hat", meinte er in Richtung der Opposition. Sein Kabinett verteidige die nationalen Interessen, so der Chef der populistischen Partei ANO: "Wir in Tschechien wollen keinen multikulturellen öko-fanatischen Staat. Wir wollen nicht, dass das EU-Parlament unser Land steuert."
Die Misstrauensabstimmung findet vier Wochen vor der planmäßige Parlamentswahl Anfang Oktober statt. Die Regierungsparteien kritisierten das Votum daher als "völlig überflüssig" und "unverantwortlich". Ähnlich hatte sich auch Präsident Milos Zeman geäußert. Er kündigte zudem an, ungeachtet des Ausgangs des Votums die Babis-Regierung bis zu den Wahlen amtieren lassen zu wollen. Das Kabinett müsste in diesem Fall offiziell zurücktreten, allerdings wäre es bis zur Bildung einer neuen Regierung geschäftsführend weiter im Amt. Die Bildung einer neuen Regierung könnte Zeman bremsen, unter anderem weil die Verfassung ihm keine Fristen für die einzelnen Verfahrensschritte vorschreibt.
Ich wusste gar nicht, dass in 4 Wochen schon Oktober ist 😉
Das ist in der politischen Landschaft jetzt anscheindend überall so üblich, dass Oppisitionelle, mit unbestätigten Vorwürfen gleich andere als verurteilte sehen. Das sehen wir nicht nur in Österreich, wo man einen Bundeskanzler und Regierungsmitlieder Dinge vorwirft, welche eben in einem Rechtsstaat geprüft werden müssen, ob diese auch bestehen.
@Fortunatus.
Volle Zustimmung.
Und hinterher könnte man sogar noch behaupten,
der Regierungschef hätte die Regierung gesprengt ...