MAK Wien zeigt "Iconic Auböck. Eine Werkstätte formt den österreichischen Designbegriff"
Eine umfassende Werkschau beleuchtet die Materialität der vielschichtigen Erzeugnisse aus Messing, Holz, Leder und Naturfasern.
Die ikonischen, handgefertigten Designklassiker der Werkstätte Carl Auböck prägen das österreichische Design seit vier Generationen. Das MAK in Wien widmet der legendären Manufaktur, die bis heute in der Bernardgasse im siebten Bezirk tätig ist, eine umfassende Werkschau. Rund 400 Expo- nate, darunter zahlreiche Einzel- stücke und Prototypen, geben in der Ausstellung Einblick in die charakteristischen Designs, die oft ihrer Zeit voraus waren und weltweite Bekanntheit erlangten.
Schöne und humorvolle Dinge
Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der stilprägenden Ära der Zwischen- und Nachkriegszeit und auf Exponaten der experimentellen 80er Jahre. Zu sehen sind Alltagsobjekte, die das Interieur zu einem Experimentierfeld für schöne Dinge und humorvolle Gesten aus dem reichen Repertoire der Werkstätte Carl Auböck werden lassen, darunter auch Korkenzieher, Schachspiele und Uhren. Die signifikanten Designs, vom Briefbeschwerer bis zum Baumtisch oder Lampenentwurf, stammen insbesondere von Carl Auböck II, der, inspiriert vom Bauhaus, wo er ab 1919 studierte, lokale und internationale Bewegungen vereinte.
Sein Mentor war der Maler und Kunsttheoretiker Johannes Itten. Eine aufschlussreiche Studie, die in Ittens Unterricht entstanden ist, lässt bereits die Auseinandersetzung mit der Linie und der Bewegung als Form erkennen. Diese spezielle Designsprache zeigt sich in Kerzenständern, Buchstützen, Schuhlöffeln, Vasen, Schüsseln, Körben, Aschenbechern oder auch in der Arbeit "Napoleon" , einer fließenden, abstrakten Forma- tion, die in der Ausstellung als handgeformtes Wachsmodell gezeigt wird.
Unverwechselbare Sprache
Carl Auböck II nahm auch das Konzept des "Objet trouvé", des gefundenen Objekts, in sein avantgardistisches Repertoire auf. Mit minimalistischen, abstrakten, organischen oder technoiden Kombinationen von Materialien, Formen und Oberflächen gelang es ihm, en miniature eine unverwechselbare skulpturale Sprache zu entwickeln.
Das MAK wählt eine ungewöhnliche Perspektive auf Auböck und nähert sich den Exponaten durch die Linse des Surrealismus. In vielen angewandten und skulpturalen Objekten, für die überraschende Motive und Sujets gewählt wurden, sind die Strategien dieser künstlerischen und literarischen Bewegung erkennbar, die eine neuartige Sicht der Dinge propagierte. Carl Auböck II hinterfragte in surrealistischer Manier die Form und Funktion. Gleichzeitig trafen in Wien der Surrealismus und das Denken Sigmund Freuds aufeinander.
Auböcks Zugang interessierte auch Walter Gropius. In den USA, wo er nach seiner Emigration ab Ende der 30er Jahre lebte, versammelte er auf seinem Schreibtisch ein Set von ungewöhnlichen Auböck-Briefbeschwerern, wie die Hand oder einen in Leder gefassten Stein.
Diese auf den ersten Blick oft unvereinbaren Kombinationen und abstrakten Kompositionen und Bildwitze verstecken meist augenzwinkernd die eigentliche Funktionalität vor den Benutzern. Die surrealistische Manier findet sich nicht nur in Gebrauchsgegenständen. Carl Auböck II arbeitete auch mit skulpturalen und zeichenhaften Formen und Materialien unterschiedlicher Haptik, verwendete Naturmaterialien und zeigte auch Fragestellungen des Körperlichen und des Fetischs auf.
In ihrem collagenhaften Text "Lampen am Stiel" von 2005 analysiert die Schriftstellerin Elfriede Jelinek die Designs von Auböck als lebendige Sprache: "Die unregelmäßig wulstigen Wuchs-Einteilungen des Bambusstabs oder auch die Jahresringe von Carl Auböcks bekanntem Baumsegment-Tischchen sind ja auch eine Art Maß, aber keins, nach dem sich jemand richten müsste oder könnte. Sie sind nur Maß für sich selbst, für das eigene Wachsen." In der Ausstellung ist bis 13. Oktober eine Auswahl bedeutender Steh- und Tischlampen aus den 1950er Jahren zu sehen.