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Creditreform-Chef: "Bei Insolvenzen steht Österreich erst am Anfang"

Von nachrichten.at/apa, 29. November 2024, 11:42 Uhr
Gerhard Weinhofer
Gerhard Weinhofer, Chef des Gläubigerschutzverbandes Creditreform Bild: (Creditreform)

WIEN. Österreich muss sich noch auf einige, auch große Insolvenzen einstellen, erwartet Gerhard Weinhofer, Chef des Gläubigerschutzverbandes Creditreform.

"Wir stehen erst am Anfang der Entwicklung", sagt er zur KTM-Pleite, die am Freitag angemeldet werden dürfte. Das gelte nicht nur für Österreich, sondern europaweit, denn die Wirtschaft allgemein und die Industrie im Besonderen stünden am Beginn einer grundlegenden Transformation.

Bei den Insolvenzen habe die Signa-Pleite "viel zugedeckt", also den Blick auf die vielen mittelständischen Pleiten zugedeckt. Dabei gab es bereits rund 5.000 Unternehmensinsolvenzen, knapp um ein Viertel mehr als 2023. "Österreich steuert auf ein neues Rekordjahr an Firmeninsolvenzen zu. Grund ist ein toxischer Mix aus rückläufigen Exporten, einbrechendem Binnenkonsum und hohen Kosten. Hohe Lohnstückkosten, hohe Material- und Energiekosten zusammen mit einer ausufernden Regulatorik machen es immer mehr Unternehmen schwer in Österreich erfolgreich zu sein", so Weinhofer.

"Es wird Lieferanten mitziehen"

Speziell in Oberösterreich dürfte es im Sog der KTM-Probleme weitere Unternehmen treffen, sagte Weinhofer im Gespräch mit der APA. "Ich glaube, dass KTM den einen oder anderen Lieferanten mitziehen wird". Denn selbst wenn diese Insolvenz rasch, bis Anfang 2025 über die Bühne gehen sollte, werde das Unternehmen noch zwei Jahre Zahlungsfrist haben. Da müssten die Lieferanten einen langen Atem haben, bis sie ihr Geld bekommen. Außerdem sei "Wirtschaft immer auch Psychologie" - wenn also so ein Leitbetrieb wie KTM im Innviertel insolvent wird, könne das massive Auswirkungen haben.

"Sind nicht mehr Insel der Seligen"

In der Statistik steht Oberösterreich nach neun Monaten noch relativ gut da, sagte Weinhofer unter Verweis auf die endgültigen Zahlen der Periode. Aber Österreich habe sich "mit der Energie- und Lohnpolitik, leider selbst ins Knie geschossen", verweist der Insolvenzexperte auf die relativ hohen KV-Abschlüsse. "Ich glaube, dass spätestens mit der KTM die Österreicher aufwachen müssen - wir sind nicht mehr auf der Insel der Seligen, wo der Staat alles richten kann". Nun sei eine aktive Standortpolitik gefragt, das sei auch ein Auftrag an die Koalitionsverhandler. Durch die sich hinziehenden Koalitionsverhandlungen verliere Österreich viel Zeit.

Der bisherige Standortvorteil mit guten Fachkräften verschwinde immer mehr. "Die Digitalisierung erlaubt inzwischen auch in Indien oder China ordentliche Qualität zu günstigeren Kosten zu produzieren". In Österreich komme erschwerend dazu, dass die Lohnstückkosten zuletzt weit überdurchschnittlich gestiegen sind. Die Industrie sei stark von der deutschen Autoindustrie abhängig, die in einer "veritablen Krise" stecke. "Österreich segelt mit der deutschen Wirtschaft mit - im Guten wie im Bösen", so Weinhofer.

Oberösterreich liegt mit 9,5 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen im Österreich-Vergleich nach dem ersten neun Monaten des Jahres noch relativ gut, auch der Anstieg im Vergleich zur Vorjahresperiode lag mit 26,8 Prozent nur knapp über den Österreich-Schnitt. Die meisten Insolvenzen gab es mit 22 pro 1.000 Unternehmen in Wien, den stärksten Anstieg mit 60 Prozent im Burgenland, zeigen Zahlen der Creditreform.

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