Josef Wageneder, Offizier und Volkskünstler
Missionar wollte er werden, gelandet ist er bei der Polizei-Spezialeinheit Cobra. Kanzler Bruno Kreisky vertraute auf seinen Schutz. Und in seiner Heimatgemeinde Wolfern vertrauen sie alle auf die künstlerische Gabe von Josef Wageneder. Klaus Huber hat ihn besucht.
Das zehnte von 14 Kindern einer Innviertler "Häuslleut"-Familie wollte Missionar werden. Doch aus dem sportlich und zeichnerisch begabten Innviertler wurde der Gendarmerie-Bezirkskommandant von Steyr-Land und einer der vielseitigsten Vertreter oberösterreichischer Volkskunst: Josef Wageneder aus Wolfern, 81 Jahre alt und unermüdlich aktiv, für viele heute noch der Respekt einflößende "Herr Oberst".
Das OÖ. Forum Volkskultur hat ihm jetzt die "Professor-Hans-Samhaber-Medaille" verliehen. Späte, hochverdiente Anerkennung!
Der kleine Sepp, 1937 in Lambrechten (Ried im Innkreis) geboren, und sein älterer Bruder Hans besuchten das als "Bubenparadies" beworbene Ordensgymnasium St. Rupert bei Bischofshofen. Als sich die Familie diese Ausbildung nicht mehr leisten konnte, mussten sie die Schule vor der Matura abbrechen – aus der Traum von einer Zukunft als Missionar. Stattdessen arbeitete Sepp beim Firmgöd in der Landwirtschaft, dann in einer Ledergerberei, und nach dem Präsenzdienst in Landeck ("Ich wollte in die Tiroler Berge") meldete er sich zur Gendarmerie.
Der Innviertler wurde nach Wolfern versetzt, wo er seine Steffi traf, eine quirlige Südtirolerin, die ihn liebevoll Joschi nennt. Das Paar bekam vier Kinder und lebt heute noch in Wolfern.
"Als Gendarm war ich oft auf Fußpatrouille unterwegs", schildert Josef Wageneder den erstaunlichen Auslöser seiner Liebe zur Volkskunst. "Dabei sieht man alles ganz genau aus der Nähe – da hat mich der erbärmliche Zustand vieler Marterl gestört." Der junge Inspektor, zu dem sein Zeichenprofessor im Salzburger Gymnasium einst gesagt hatte, "du gehörst auf die Kunstakademie nach München", machte sich ans Restaurieren der Marterl. So wurde seine Lust an künstlerischer Betätigung neu geweckt, aber auch jäh wieder unterbrochen.
Zwischen Geiselnahme und Kunst
Bereits 1960 war Wageneder zum Postenkommandanten von Wolfern aufgestiegen – "D’Leut haben ‚Oberinspektor‘ gesagt" –, das bot ihm jedoch zu wenig berufliche Herausforderung. Deshalb meldete er sich Anfang der Siebzigerjahre zum Begleitkommando für die Transporte jüdischer Emigranten aus der Sowjetunion, und als das Elite-Einsatzkommando Cobra gegründet wurde, bestand der ehrgeizige Josef Wageneder die anspruchsvolle Aufnahmeprüfung. Über härteste Einsätze spricht er nicht im Detail, erwähnt nur eine Geiselnahme (mit Todesopfer) in Graz und die Aufgabe als Personenschützer für Bundeskanzler Bruno Kreisky.
Bis 1984 blieb er bei der Cobra, dann wurde er Gendarmerie-Bezirkskommandant. "Die Uniform habe ich immer gerne getragen", blickt Wageneder gelassen zurück, "und als Ausgleich beschäftigte ich mich mit Kunst." Er bewunderte die großen Barockmaler, ebenso spätere Künstler des Naturalismus ("Moderne Malerei hat sich mir nie erschlossen") und nutzte freie Zeit für zahlreiche Kurse in unterschiedlichen Kunsttechniken, vom Vergolden bis zur Hohlglasmalerei.
So wurde der Herr Oberst auch zur ersten Anlaufstelle in der Gemeinde Wolfern, wenn künstlerische Gestaltung gefragt war. Seit Jahrzehnten malte er die Hausbilder unzähliger Bauernhöfe, von ihm stammt das große Friedhofskreuz, er restauriert Bildstöcke und Kapellen, fasst die Figuren neu, lässt alte Darstellungen wieder erstrahlen oder erschafft neue, zum Beispiel das Bild fürs Bründl von Maria Laah im Stil von Albin Egger-Lienz.
"Zeitweise hat mir die intensive Mundpropaganda allzu viele Aufträge besorgt", seufzt der gefragte Künstler. "Wenn sie nicht gar so kurzfristig angefragt hätten ...". Und haben Sie’s trotzdem immer geschafft? – "Naja, schon…".
Josef Wageneder hat das Logo der Schule gemalt, den Florian am Feuerwehrhaus und mehrere neun mal drei Meter große Kulissen zu den Themen verschiedener Bälle. Sollen Fahnen bemalt oder restauriert werden, wendet man sich an ihn. Für besondere Geschenke der Gemeinde bemalt er Biberschwanzziegel mit Wappen oder Heiligendarstellungen, für die Jägerschaft, der er selbst angehört, gestaltet er Schützenscheiben und für Goldhaubengruppen kunstvolle Spanschachteln. Das kann er schon gar nicht ablehnen, trug doch auch seine Steffi gerne die Goldhaube.
Ein besonderes Anliegen sind ihm Krippen. Papier- und Kastenkrippen baut, restauriert oder ergänzt er. Fehlt eine Figur, schnitzt er sie selbst. Jetzt, vor Ostern, stellt er natürlich seine selbst gefertigte Osterkrippe an ihre zentrale Position im Haus. In Reichweite liegt stets das OÖ. Mundartwörterbuch des Stelzhamerbundes, denn auch die Mundart liegt Josef Wageneder am Herzen. Sogar im Musikausschuss der Gemeinde war er jahrelang tätig.
Wen wundert’s, dass dieser vielseitige Mann auch Wolferns Kleindenkmalpublikation geschrieben hat?