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Chat mit Hans und Ute Giffey zum Thema "Lust und Leichtigkeit in Beziehungen"

07. April 2014, 13:13 Uhr
Paar Verliebte Hände
(Symbolfoto) Bild: colourbox.com

Hans und Ute Giffey, Paartherapeuten und seit 28 Jahren miteinander verheiratet, haben im nachrichten.at-Chat Fragen zu Thema "Lust und Leichtigkeit in Beziehungen" beantwortet.

Gast456: Nach der Geburt unseres ersten Kindes habe ich keine Lust mehr auf Sex, bin auch dauernd mit Stillen beschäftigt. Kommt das irgendwann von selbst?

Giffey: Das ist grundsätzlich nach der Geburt ganz natürlich. Da fließt viel Energie zum Kind. Es ist wichtig, dass man trotzdem die Aufmerksamkeit auf die eigene Sinnlichkeit legt. Man muss auch mit dem Partner darüber reden, was nach der Geburt anders ist. Es ist wichtig, sich als Paar Inseln zu schaffen, wo Sexualität stattfinden kann. Tipp für die Männer: Nachdem der Busen ja schon vom Kind vereinnahmt wird, sollten die Männer nach anderen erogenen, sinnlichen Zonen fragen. Die Frau soll nicht das Gefühl haben, dass sie noch etwas geben soll, sondern, dass sie etwas bekommt. Außerdem ist es wichtig, dass die Frau Platz und Zeit für sich selbst hat, um überhaupt wieder Lust empfinden zu können.

Gast8772: Wir haben zwei kleine Kinder. Beim Austausch von Zärtlichkeiten bin ich nicht so entspannt, weil ich immer fürchte, dass eines der Kinder plötzlich im Schlafzimmer steht?

Giffey: Das verstehe ich sehr gut. Es geht vielen Frauen so. Hier sollte man kreativ sein und andere Orte finden, wo Erotik stattfinden kann. Buchen Sie einmal ein Zimmer im Hotel oder bitten Sie den Babysitter, mit den Kindern 1,5 Stunden auf den Spielplatz zu gehen. Suchen Sie Orte, an denen gemeinsame Zeit und Entspannung möglich sind, verbinden Sie es mit einem Spaziergang oder einem Picknick. Männer macht das eher nicht so viel aus, die haben da eine höhere Toleranz. Männer sollten da die Führung übernehmen und fragen, was die Frau braucht, um sich entspannen zu können.

Gast3376: Ich bin 40 Jahre alt, seit zwei Jahren will ich mehr als mein Mann, früher war das anders. Warum?

Giffey: Frauen kommen in der zweiten Lebenshälfte in eine bewusstere Sinnlichkeit, in eine Hochphase, die Bedürfnisse ändern sich. Bei Männern ist es umgekehrt: Männer haben die Hochphase zwischen 20 und 30. Männer fühlen sich manchmal, wenn die Frau mehr begehrt, verunsichert. Hier ist wichtig, miteinander über die Wünsche und Phantasien ins Gespräch zu kommen.

Gast2341: Mein Mann war früher sehr leidenschaftlich, jetzt denkt er nur noch an seine Arbeit. Wie kann ich den Mann vor früher wieder zurückholen?

Giffey: Den Mann von früher können Sie nicht zurückholen. Sie sollten den Mann von jetzt kennenlernen und ihn fragen, was er braucht, um seine Leidenschaft wieder zu beleben. Menschen verändern sich. Sie könnten Ihrem Mann Anerkennung für seine Leidenschaft im Job zeigen und ihm sagen, dass Sie sich nach ihm und nach der Leidenschaft für Sie als Frau sehnen. 80 Prozent der Männer reagieren auf Kritik sehr empfindlich.

Gast8772: Meine Tochter ist 13 und hat schon einen Freund, ist das zu früh?

Giffey: Nein. Die Entwicklung ist sehr unterschiedlich, wann dieses Interesse entsteht. Wichtig ist, im Gespräch zu bleiben und zu fragen, ob sie etwas wissen möchte. Geben Sie ihr das Gefühl, dass sie jederzeit zu Ihnen kommen kann, aber drängen Sie sich nicht auf. Die Peergroup (die Gleichaltrigen) ist in diesem Alter in diesen Fragen sehr wichtig. Schaffen Sie, wenn möglich, einen Raum, wo sich Ihre Tochter zuhause mit ihren Freunden und Freundinnen treffen kann und vermitteln Sie ihr, dass Sie ihr vertrauen.

Gast391: Ich würde gern wissen, ob meine 15-jährige Tochter schon sexuell aktiv ist. Sie hat seit kurzem einen Freund. Kann ich sie das einfach so fragen?

Giffey: Erinnern Sie sich an Ihre Jugendzeit? Wie hätten Sie diese Frage empfunden? Wenn sie es Ihnen erzählen möchte, wird sie das tun. In dieser Altersphase ist das Gewähren der Intimsphäre Ihrer Tochter wichtig.

Gast8772: Ich bin 64, habe eigentlich kein Interesse mehr an richtigem Sex, bei meinem Mann ist das anders. Ich habe Angst, dass er sich eine jüngere sucht.

Giffey: Eine 64-Jährige hat eine andere Sexualität als eine 20-Jährige. Wie würde der Sex aussehen, den Sie sich wünschen? Welche Bedürfnisse haben Sie? Nach dem Wechsel ist auch hormonell bei Ihnen einiges anders. Haben Sie noch Kontakt zu ihrem sinnlich-erotischen Wesen? Gehen Sie auf die Suche nach Ihrer inneren Liebesgöttin. Dann wäre es gut, Ihren Mann über ihre neuen Bedürfnisse zu informieren und anzuerkennen, dass er Sie immer noch begehrt.

Gast2984: Ich habe mich in meine beste Freundin verliebt. Ich möchte aber unsere Freundschaft nicht gefährden. Was soll ich machen?

Giffey: Führen Sie ein offenes und ehrliches Gespräch und betonen Sie, dass Sie die Freundschaft nicht gefährden wollen. Ausgesprochene Dinge schaffen Klarheit und zeigen, was möglich ist. Oft entsteht über tiefe Freundschaft auch eine sexuelle Anziehungskraft.

Gast3376: Mein Mann hat viele Heimlichkeiten, ich fürchte er geht fremd. Soll ich ihn ansprechen?

Giffey: Natürlich gehört das angesprochen. Aber nicht zwischen Tür und Angel und nicht mit einem Vorwurf. Wenn Sie diese Wahrnehmung haben, sagen Sie Ihrem Mann, dass Sie eine ehrliche Antwort verdienen. Das Schlimmste ist oftmals das Belogen-Werden und nicht das Betrogen-Werden.

Gast1042: Mein Mann will nie kuscheln, das fehlt mir sehr. Wie kann ich ihm das schmackhaft machen?

Giffey: Sie können sich das Kuscheln als Geschenk wünschen, aber werden es ihm nicht schmackhaft machen können, wenn er es nicht mag. Vermitteln Sie ihm, dass es Ihren Liebestank nährt, wodurch dann oft im Gegenzug wieder etwas anderes für ihn wichtiges möglich wird. Etwas für den anderen zu tun ist ein Teil von Liebe.

Gast391: Mein Freund schaut sich ohne mich Pornos an, ich finde das schrecklich und will diese nicht sehen. Was soll ich tun?

Giffey: In den letzten zehn Jahren hat dieses Phänomen enorm zugenommen. Sie müssen diese Pornos natürlich nicht schauen, aber können Ihren Freund fragen, was er daran erregend und stimulierend findet. Das Bedürfnis hinter dem Porno hat eine Bedeutung, nicht der Porno selbst.

Gast7661: Wir hängen jeden Abend vor dem Fernseher, das ist mir eigentlich zu langweilig, ich weiß aber nicht, wie wir das abstellen sollen. Haben Sie eine Idee?

Giffey: Drehen Sie den Fernseher ab und stellen Sie sich die Frage, was Sie gemeinsam erleben möchten. Was haben Sie früher gerne gemeinsam gemacht, was möchten Sie ausprobieren und was würde Sie angenehm überraschen? Unterbrechen Sie die Gewohnheit.

Gast391: Meine Freundin hat einen ganz jungen Liebhaber und ist wie ausgewechselt. Aber glauben Sie, dass das ewig so bleiben kann?

Giffey: Ihre Freundin ist in der Verliebtheitsphase. Auch der Körper schüttet dementsprechende Hormone aus, die diese Leichtigkeit und Glücksgefühle verursachen. Das bleibt nicht ewig so. Bezogen auf Ihre Freundschaft: Bleiben Sie im Gespräch, aber lassen Sie ihr die Freiheit, ihre neue Liebe auszukosten. Sehen Sie es als Freundschaftsdienst, auf den intensiveren Kontakt mit Ihrer Freundin zu warten.

Gast3376: Unser Sohn bringt alle drei Tage ein anderes Mädchen nach Hause. Muss ich mir Sorgen machen?

Giffey: Es gibt Phasen der "Sturm und Drang"-Zeit. Das dient oft der Selbstbestätigung und der Selbstfindung als junger Mann. Vermitteln Sie ihm aber, dass er respektvoll und ehrlich mit den Mädchen umgehen soll. Heutzutage heißt diese Form von Beziehung unter jungen Leuten "ein Gschicht'l" haben, oft ist das für beide in Ordnung.

Gast651: Meine Frau und ich streiten in letzter Zeit häufig wegen Kleinigkeiten. Ab wann ist eine Paartherapie sinnvoll?

Giffey: Besser früher als zu spät. Es muss aber vielleicht nicht sofort eine Therapie sein, gehen Sie einmal zu einem Vortrag oder bilden Sie sich sonst diesbezüglich weiter. Wenn viel gestritten wird, wird oft zu wenig über die Sehnsüchte gesprochen, die im Hintergrund sind. Auch ein Paarworkshop oder eine Stunde Einzelcoaching ist oft schon hilfreich.

Gast9924: Mein Partner und ich unternehmen Vieles gemeinsam und verbringen viel Zeit miteinander. Kann ein "Zuviel" auch schädlich für eine Beziehung sein?

Giffey: Wenn Sie trotzdem das Gefühl haben, eigenständig und autonom zu sein, ist das nicht schädlich. Sobald einer der beiden das Bedürfnis hat, etwas alleine zu unternehmen, ist es wichtig, dass der andere nicht klammert.

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