WM-Goldgräber Hirscher: "Das war heute ein befreites Skifahren"
SANKT MORITZ. Das große Finale: "Vielfahrer" Marcel Hirscher krönte seine WM mit Slalom-Gold, Manuel Feller und Felix Neureuther strahlten mit dem Salzburger um die Wette.
Auch in der Stunde des Erfolges dachte Marcel Hirscher an seine Kritiker, die ihn vor wenigen Tagen noch in den unergründlichen Weiten des weltweiten Netzwerkes als Witzfigur verspottet haben. "Alles in allem war das eine ziemlich peinliche Vorstellung", sagte der Salzburger augenzwinkernd, nachdem er im gestrigen Slalom als Weltmeister im Ziel gefeiert wurde. Mit zweimal Gold (Slalom, Riesentorlauf) und Silber in der Kombination krönte sich der 27-Jährige zum "König von St. Moritz". Aber auch seine gestrigen Kronprinzen Manuel Feller und Felix Neureuther strahlten nach Silber beziehungsweise Bronze mit dem Sieger um die Wette.
Die Basis für sein goldenes Finale hatte Hirscher schon am Freitag im Riesentorlauf gelegt. "Es war toll, im Slalom an den Start zu gehen und zu wissen, egal was passiert, ich bin schon Weltmeister und lass’ mir die WM nicht zunichte machen. Deshalb war das heute ein befreites Skifahren", sagte der "Vielfahrer", der in St. Moritz fünf Rennen bestritt und dabei wie schon bei den Weltmeisterschaften 2013 und 2015 drei Medaillen gewann. Gestern wurde er zum ersten Österreicher nach Rudi Nierlich, der bei einer WM das technische "Double" schaffte. Der 1991 verstorbene Nierlich, der heute 51 Jahre alt geworden wäre, hatte 1989 in Vail Riesentorlauf- und Slalom-Gold geholt. Zuletzt war Alberto Tomba dieses Kunststück bei der WM in der Sierra Nevada (1996) gelungen.
Immer wieder Österreich
Der Schlusstag einer in vielen Belangen fast perfekten Weltmeisterschaft hatte nicht nur wegen Hirschers Triumph einen rot-weiß-roten Anstrich. Feller feierte als Zweiter praktisch eine Art "Auferstehung", denn nach dem Riesentorlauf hatte der Fieberbrunner schwer mit Rückenproblemen zu kämpfen. "Gestern habe ich noch gebangt und fast geweint, weil ich dachte, ich kann heute gar nicht mitfahren", sagte der 24-Jährige. Sein Salzburger Therapeut Gernot Schweizer reiste über Nacht nach St. Moritz und rettete für Feller noch die WM. "Diese Medaille gehört vielen", sagte Feller, der nach Durchgang eins als Siebenter im entscheidenden zweiten Lauf den Vorwärtsgang einlegte. In die andere Richtung waren hingegen Marco Schwarz und Michael Matt unterwegs, die nach Platz zwei und drei im ersten Durchgang zurückfielen. So wurde auf dem Siegespodest auch noch ein Platz für Felix Neureuther frei, der gestern die erste und einzige WM-Medaille für Deutschland holte. Österreich glänzt am anderen Ende des Medaillenspiegels als Nummer eins.
Ein Trio im Glückshafen
Normalerweise sind die obligat vorgeschriebenen Pressekonferenzen nach dem Rennen für die drei Erstplatzierten eine lästige Pflicht. Im Medienturm von Salastrains gab es den Ausnahmefall, denn sowohl Marcel Hirscher als auch Manuel Feller und Felix Neureuther boten erschöpft, aber glücklich beste Unterhaltung.
Beim Dank an seine Hintermannschaft ist Hirscher gestern am letzten Tag der WM auch auf den Hund gekommen. „Ich bin nur so schnell, wie mein Team gut ist. Wenn meine Serviceleute einen schlechten Tag haben, hilft mir auch meine beste Leistung nicht zu einer Medaille. Danke deshalb an alle, die Serviceleute, die Coaches, die Familie, die Freundin, den Hund, einfach alle.“ Dass Feller hinter ihm Silber holte, war für den Salzburger eine große Überraschung. „20 Stunden vorher sind wir bei der Startnummernauslosung gewesen, da hat er ausgeschaut wie ein zusammengefaltetes Stück Papier.“
Feller selbst hatte auch nicht damit gerechnet, dass er im Slalom so schnell die Kurven kratzen kann. „In der Früh war ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt starte.“ Der Tiroler freute sich nicht nur über seinen ersten Podest-Platz, sondern auch über die Bronzemedaille seines Kumpels Felix Neureuther. „Ich habe ihm vor der WM geschrieben und gefragt, wie es ihm geht. Er meinte, ‘nicht gut’. Ich schrieb ihm, schau, dass du fit wirst, damit wir zusammen am Podium stehen. Und jetzt stehen wir zusammen hier. Unglaublich.“ Der 32-jährige Deutsche hatte im Ziel Tränen vergossen. „Bei mir kommt so etwas selten vor, aber heute hat es mich komplett hergeschüttelt.“ Vor 14 Jahren hatte Neureuther in St. Moritz seine erste WM bestritten. Auch er hatte in den vergangenen Tagen mit Rückenproblemen zu kämpfen.
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