Futter für die Seele: Die Antwort auf nebelige und kalte Novembertage
Das neue Kochbuch von Yotam Ottolenghi listet viele Rezepte gegen die Tristesse auf
Sich unter der Decke zu verkriechen, ist keine Option. Wenn die Melancholie des Novembers anklopft, empfängt man sie am besten mit offenen Händen und kocht sie mit passenden Gerichten ein. So schnell kann man gar nicht schauen und Schwermut verwandelt sich in ein Glücksgefühl.
Das Rezept dafür ist einfach: Das kann ein herrlich dampfender Gemüseeintopf, ein lange vor sich hin blubberndes Sugo oder ein buttriges Erdäpfel-Sellerie-Püree sein. Für jeden bedeutet Seelenkost etwas anderes. Wichtig ist nur, dass die Glücksrezeptoren richtig angeschlossen werden und man mit dem Gericht bedenkenlos seine Stimmung auf Vordermann bringt.
Rein in die Komfortzone
Vorsicht ist nur beim Begriff "Soul Food" geboten, der seine Wurzeln in der afroamerikanischen Küche hat und im Wesentlichen Speisen wie gebratenes Huhn, Fisch und Maisbrot oder Eintöpfe aus Geflügel und Süßkartoffeln umfasst. Während "Soul Food" oftmals als versteckter Rassismus gedeutet wird, da die Geschichte mit der Sklaverei und der Unterdrückung von Afroamerikanern verbunden ist, verwendet man für deftig, herzhafte, aber auch süße Seelenspeisen mittlerweile den Begriff "Comfort Food."
Die kulinarische Komfortzone orientiert sich dabei in der Regel am persönlichen Hintergrund und an der Neugierde, neues Terrain zu erkunden. "Kochen wir bewusst mit Anerkennung, Freude und Respekt, dann ist es unserer Meinung nach keine kulturelle Aneignung, sondern kulturelle Wertschätzung", schreiben Yotam Ottolenghi, Helen Goh, Verena Lochmuller und Tara Wigley in ihrem Kochbuch "Comfort: Rezepte, die du lieben wirst". Comfort Food bedeutet für die Autoren, dass es um ihre Wege und die damit verbundenen Geschichten geht. Sie wollen mit dem Buch die Mobilität, Familie, Heimat, aber auch die Menschen im Allgemeinen feiern. So unterschiedlich die Autoren sind, so vielfältig sind auch die 100 teilweise sehr umfangreichen Rezepte, die dennoch zeigen, dass Genuss grenzenlos ist und nationalstaatlichem Denken die Schranke öffnen kann.
Vorhang auf für die Vielfalt
Ottolenghi ist gefeierter Koch, Autor und Kosmopolit: Seine Eltern sind aus Deutschland und Italien, er wuchs in Jerusalem auf und lebt in London. Goh kam über Malaysia und Australien nach London, während Lochmullers Weg über Deutschland, Schottland, New York in die britische Metropole zog. Einzig Wigley ist eine waschechte Londonerin. Allen gemein ist, dass sie Essen, die Kulturen und deren Küche lieben und das in ihrem Buch gut umsetzen.
Es ist vor allem eine kulinarische Liebeserklärung an den Zusammenhalt der Gesellschaft und die trostspendende und glücklich machende Funktion von Essen, das man aus der Kindheit, aber ebenso von Reisen kennt. Auch wenn Ottolenghi in der Vergangenheit Meilensteine für eine vegetarische Küche gelegt hat, so ist "Comfort" eine Melange aus mehreren Küchen. Brathähnchen mit Tante Paulines Marinade findet genauso ihren Platz wie in Butter geschmorter Kohlrabi mit Oliven-Chimichurri, Hummus auf südfranzösische Art, veganer Schokokuchen oder – Österreicher aufgepasst – Kaiserschmarren.
Sollte in Zukunft der Novembernebel aufs Gemüt drücken, einfach Freunde einladen, Buch aufschlagen und gemeinsam mehrere Gerichte kochen – "Sharing is caring".
Buchtipp: Yotam Ottolenghi, Helen Goh: "Ottolenghi Comfort: Rezepte, die du lieben wirst", DK Verlag, 320 Seiten, 38 Euro
Rezept: Gerösteter Spitzkohl mit
Miso-Butter nach Ottolenghi
Zutaten (für 4 Personen): 125 g weiche Butter, 1 Knoblauchzehe, geschält, 2 TL weiße Miso-Paste, 15 g Ingwer, geschält und fein gerieben, 2 TL geröstetes Sesamöl, 1 TL Reisessig (oder Zitronensaft), 2 EL gerösteter Sesam, plus 1 TL zum Servieren, ½ TL Chiliflocken, 1 EL helle Sojasauce, 4 Frühlingszwiebeln, in dünne Ringe geschnitten (45 g), 2–3 Spitzkohlköpfe, längs geviertelt (etwa 1,5 kg), Salz
Zubereitung:
- Backofen auf 180 ˚C (Umluft) vorheizen.
- Die ersten acht Zutaten mit 2 TL Sojasauce, der Hälfte der Frühlingszwiebeln und ¾ TL Salz im Mixer glatt pürieren. Masse gleichmäßig auf Spitzkohlvierteln verteilen und auf Schnittflächen verstreichen.
- Die Spalten mit der Schnittfläche nach oben in eine mit Backpapier ausgekleidete ofenfeste Form (etwa 25×35 cm) legen. Form fest mit Alufolie verschließen, Kohl im heißen Ofen 50–60 Minuten garen. Folie entfernen, Backofentemperatur auf 200˚ (Umluft) erhöhen.
- Restliche Sojasauce mit 1 EL Wasser verquirlen, in Form träufeln. Kohl noch 15–20 Minuten rösten, bis er schön gebräunt ist.
- Kohlviertel auf Servierplatte anrichten, mit restlichen Frühlingszwiebeln und Sesam bestreuen und servieren.