Matthias Davids: "Ich nehme immer Stücke, vor denen ich Angst habe"
Der Deutsche leitet seit 2012 mit großem Erfolg die Musical-Sparte des Landestheaters.
Die Musicalsparte ist ein international viel beachtetes und preisgekröntes Aushängeschild des Linzer Landestheaters. Mastermind hinter dem Erfolg ist Matthias Davids. Der 57-jährige Deutsche ist seit 2012 künstlerischer Leiter der Sparte. Derzeit arbeitet er intensiv an der nächsten Premiere "Die spinnen, die Römer" am 1. Februar im Musiktheater.
Herr Davids, als Leiter der Musicalsparte am Landestheater rasen Sie seit 2012 von einem Erfolg zum anderen. Damit legen Sie sich die Latte selbst immer höher. Haben Sie manchmal Selbstzweifel?
Matthias Davids: Man gewöhnt sich nicht an Erfolg. Der Druck ist immer da, auch die Ambition. Ich versuche, dass trotz der hohen Schlagzahl die Lust da ist. Wenn das nicht mein Antrieb wäre, dann wär es eine Qual.
Warum können Sie Musical so gut?
Ich führe das immer darauf zurück, dass ich fast alle Genres in meinem Leben angefasst habe. Ich wäre fast Orchestermusiker (Horn, Anm.) geworden, ich habe Musikwissenschaft studiert und stand auch auf der Bühne. Also der Weg aus dem Graben, auf die Bühne, vor die Bühne. Musical war gar nicht meine erste Wahl, es hat sich dann kanalisiert, weil es mit Tanz, Schauspiel und Gesang zu tun hat.
Sie haben selber große Musicalpartien gespielt, ist eine Rückkehr auf die Bühne denkbar?
Die Darsteller, die mich auf der Probe erleben, sagen immer, du musst unbedingt wieder auf die Bühne. Es macht mir halt Lust, wobei ich bei den Proben immer versuche, mich zurückzunehmen. Es gibt nichts Schlimmeres als einen Regisseur, der alles vormacht, und die Darsteller müssen das nachspielen. Ich hätte sicher Lust, ja, aber die Angst wäre enorm groß. Und es ist in der Richtung vielleicht auch meine Eitelkeit nicht groß genug. Ganz ehrlich, ich bin nicht so, dass ich sage, ich bin der Spartenleiter und brauche jetzt auch noch die Hauptrolle.
Linz ist mittlerweile eine große Musical-Adresse geworden.
Wir haben hier eine Stückauswahl, die man sonst nicht so oft findet. Ich nehme immer Stücke, vor denen ich Angst habe, die ich nicht aus dem Ärmel schütteln kann. Anderswo muss die Position Musical nach Ansage die schlechter laufenden Produktionen herausreißen. Wir spielen hier auch seltene Stücke, Wagnisse, Uraufführungen. Und ja, das Haus bietet viel. Ich habe halt eine gewisse Form von Qualitätsbewusstsein, dass Rollen gut besetzt sein, dass Leute die Partien gut singen können müssen, dass wir Regieteams haben, die dieses Genre verstehen.
Wie wählen Sie Ihr Ensemble aus?
Für unsere Auditions haben wir rund 600 bis 700 Bewerbungen, 60 bis 80 kommen zum Vorsingen und Vorsprechen. Da muss man genau hinschauen, weil das ja zehn Darsteller sind, die sehr viel und sehr lange miteinander arbeiten. Es ist extrem wichtig, dass das ein Ensemble wird, das sich mag. Sonst wird das nicht funktionieren. Beim jetzigen Ensemble ist das so gut gelungen, dass sie sogar ein gemeinsames Ski-Wochenende planen. Wir haben auch schon gemeinsam bei mir Kekse gebacken. Das, was am Ende im Musical herauskommt, ist im Idealfall etwas, das leicht aussieht und mit Spaß herüberkommt.
Angesichts Ihrer Erfolge wundert man sich, warum Sie immer noch "nur" in Linz arbeiten.
Ich bin noch in Linz, weil das, was ich hier selbstbestimmt machen kann – auch ein Repertoire zusammenzustellen –, relativ einzigartig ist. Linz hält mich auch, weil ich wegkann. Ich kann in anderen Häuser arbeiten. Das ermöglicht, nicht betriebsblind zu werden. Dieser Abstand ist sehr gesund, um neue Ideen mitzubringen.
Mit "Die spinnen, die Römer" ist der nächste Erfolg programmiert. Warum haben Sie diese Komödie und Persiflage auf Monumentalfilme aufgegriffen?
Was mich wirklich sehr umtreibt, ist die Frage: Worüber lachen die Linzer? Was befreit ein Linzer Publikum, wo lassen sie sich fallen, wann können sie aus vollem Herzen lachen? Die "Römer" sind so etwas wie eine gute Boulevardkomödie, mit guter Musik.
Haben Sie schon eine Antwort?
Ja, schon...
Sind die Linzer also eher die Schenkelklopf-Typen?
Ja, ein bisschen. Also, so ganz feiner britischer Humor, nein… Man kann ja Lachen nicht verurteilen. Es gibt nichts Befreienderes als ein Lachen. Egal wie es entsteht.