Milliardenklage in Russland: Strabag und RBI am Montag wieder vor Gericht
KALININGRAD/MOSKAU/WIEN.
Russische Handelsgerichte beschäftigen sich am Montag erneut mit Klagen, die zwei der wichtigsten Konzerne Österreichs tangieren: In Kaliningrad wird zur Milliardenklage des Strabag-Aktionärs Rasperia Trading Limited gegen den Baukonzern, seine österreichischen Aktionäre sowie die Raiffeisenbank Russland verhandelt. In Moskau hingegen geht es erneut um einen anscheinend bereits beigelegten Streit unter ehemaligen und aktuellen Eigentümergesellschaften von Rasperia selbst.
Während im Moskauer Zivilprozess mit einer baldigen Einstellung zu rechnen ist - laut einer Beteiligungsmeldung der Strabag soll die in der Klage begehrte Rückabwicklung des Verkaufs von Rasperia bereits Anfang Dezember 2024 vollzogen worden sein - dürfte in Kaliningrad am Montag keine Entscheidung zur Forderung von knapp zwei Milliarden Euro Schadenersatz fallen. Dieses Verfahren läuft auf Antrag von Rasperia unter Ausschluss der Öffentlichkeit, im russischen Gerichtsregister veröffentlichte Informationen zeigten jedoch in den vergangenen Tagen einige Anträge, deren Erledigung dauern dürfte.
Österreichische Konzerne vor Verhandlung in Kaliningrad aktiv
So brachte die Strabag gemeinsam mit acht ebenso beklagten österreichischen Aktionären am Freitag eine Klageerwiderung ein und der Strabag-Aktionär Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien beantragte eine Vertagung der für Montag angesetzten Verhandlung. Letzteres hatte tags zuvor auch die ebenso beklagte Raiffeisenbank Russland getan, die zudem Anträge auf die Beibringung von Beweisen sowie zur Durchführung einer Expertise einbrachte.
Die RBI-Tochter in Russland bleibt von der Rasperia-Klage jedenfalls massiv betroffen: Als Schadenersatz für aus ihrer Sicht wertlos gewordene Strabag-Aktien sowie ausgebliebene Dividenden begehrt die Klägerin 1,9 Milliarden Euro von der Raiffeisenbank Russland und erwirkte im September bei Gericht eine einstweilige Verfügung, die derzeit einen Eigentümerwechsel dieser Bank mit Sitz in Moskau verhindern würde.
Vorwurf: "Raiffeisen Gruppe" versteckt "böswillig" Vermögen
Ausgangspunkt für die seit August 2024 in Kaliningrad anhängige Klage ist der Konflikt des russischen Strabag-Aktionärs mit österreichischen Aktionären des Baukonzerns. Rasperia war offiziell bis zumindest Dezember 2023 vom russischen Unternehmer Oleg Deripaska kontrolliert worden - im Zusammenhang mit EU-Sanktionen gegen Deripaska im Frühjahr 2022 war seine Gesellschaft, die seinerzeit knapp 28 Prozent der Strabag-Aktien hielt, jedoch im Baukonzern de facto entmachtet worden. Rechtsmittel des russischen Aktionärs dagegen scheiterten vor österreichischen Gerichten und mittlerweile beschäftigt sich auch ein Schiedsgericht in Amsterdam mit der Causa.
Im Zusammenhang mit Sanktionsrisken wurde im Mai 2024 aber auch der ambitionierte Plan der Raiffeisenbank Russland abgesagt, Rasperias Strabag-Aktien zu erwerben und sie als Sachdividende an den Mutterkonzern RBI nach Österreich zu übertragen. Diese Episode kommt nach APA-Informationen in der Kaliningrader Klage nur am Rande vor - als angeblicher Versuch einer außergerichtlichen Einigung zwischen Rasperia und einer juristisch in dieser Form nicht existierenden "Raiffeisen Gruppe", die nunmehr "böswillig" Vermögen vor russischen Gläubigern verstecken würde. Bei RBI bestreitet man diese Vorwürfe. Auch interpretierte die Bank nach eigener Darstellung Verhandlungen über einen Ankauf von Rasperias Strabag-Aktien nie im Zusammenhang mit einer womöglich drohenden gerichtlichen Auseinandersetzung in Russland.
Präzedenzfall bei Russland-Tochter von Citibank
Als formaler Aufhänger für von der Raiffeisenbank Russland geforderte 1,9 Milliarden Euro fungiert hingegen Strabag-Aktienbesitz der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien. Diese Holding ist Eigentümerin der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich, welche ihrerseits 25 Prozent am Mutterkonzern der Raiffeisenbank Russland, RBI, hält. Abgesehen von Schadenersatz will Rasperia die eigenen Strabag-Aktien in Folge aber auch loswerden und sie per Gerichtsbeschluss an die Raiffeisenbank Russland überschreiben lassen. Die Anwälte der Bank sahen für diese Forderungen keine rechtlichen Grundlagen und beantragten wiederholt wie erfolglos die Abweisung der Klage. Gleichzeitig bewerteten sie auch den Wert der von Rasperia gehaltenen Strabag-Aktien deutlich niedriger als der russische Besitzer selbst. Diese Einschätzung könnte auch für die Berechnung des Schadenersatzes relevant sein.
Denn angesichts aktueller Präzedenzfälle erscheint eine gerichtliche Niederlage der RBI-Tochter durchaus möglich: Im vergangenen September wurde etwa die Russland-Tochter der Citibank per Gericht verpflichtet, einer russischen Bank gegenüber Schadenersatz für Handlungen der Mutterbank zu leisten, die im Zusammenhang mit westlichen Sanktionen erfolgt waren.
Frage nach Besitzer von russischem Strabag-Aktionär
Anders als im Kaliningrader Verfahren sind im Moskauer Verfahren, das sich mit einer Rückabwicklung des Verkaufs von Rasperia von einer russischen Gesellschaft an eine andere befasst, keine unmittelbaren Auswirkungen auf österreichische Gesellschaften zu erwarten. Im Hinblick auf den damals geplanten Verkauf von Rasperias Strabag-Aktien war Rasperia seinerzeit im Dezember 2023 von Deripaskas Valtoura Holdings Limited an die ebenso in Russland beheimatete Iliadis verkauft worden.
Wenige Tage nach der Absage der geplanten Transaktion mit der Raiffeisenbank Russland sanktionierten die USA im Mai und die EU im Juni 2024 Rasperia und Iliadis. Die US-Sanktionsbehörde OFAC und der Rat der Europäischen Union begründeten ihre Maßnahmen jeweils damit, dass der Rasperia-Verkauf an Iliadis ein Versuch Deripaskas gewesen sei, gegen ihn gerichtete Sanktionen zu umgehen. Laut einer Beteiligungsmeldung der Strabag soll nunmehr Rasperia seit 4. Dezember 2024 erneut im Besitz von Valtoura stehen. Wem diese Gesellschaft nun gehört, blieb aber unbekannt. Eine Sprecherin von Oleg Deripaska versicherte der APA im vergangenen Dezember, dass Deripaska kein Aktionär von Rasperia sei und auch nicht Partei in der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Iliadis und Valtoura Holdings Limited. Valtoura ließ vergangene Woche jene Frist verstreichen, die ihr die österreichische Finanzmarktaufsicht zur Nennung des Endbegünstigten gesetzt hatte.
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