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"Mein Vater wollte eine elegante Dame aus mir machen"

Von Nora Bruckmüller, 13. November 2024, 00:04 Uhr
"Mein Vater wollte eine elegante Dame aus mir machen"
Adele Neuhauser stellt sich als Josefa den Schatten ihrer Vergangenheit, in der sie noch Josef (Riccardo Campione) hieß. (ORF) Bild: ORF

"Ich bin selten so begeistert vom Endresultat wie bei diesem Film", sagt Adele Neuhauser. Für "Ungeschminkt" streifte sie ihre Tatort-Rolle als taffe Bibi Fellner ab und wurde Josefa Blume, die sich nach einem Drehbuch von Uli Brée ihrer Vergangenheit als Bursch auf dem Land stellt (mehr Infos rechts).

OÖN: "Ungeschminkt" ist ein großer Film über Zwischenmenschlichkeit. Was ist Ihre größte Lehre aus dieser Arbeit?

Adele Neuhauser: Miteinander zu reden. Wenn man sich physisch gegenübersitzt und man selbst die Einsicht hat, dass man nicht frei von Schuld ist und anderen Verletzungen zugefügt hat, macht das Verzeihen möglich, dann ist Hoffnung auf eine gute, gemeinsame Zukunft da. Wie man an meiner Figur der Josefa sieht, überwindet sie irgendwann ihre lange Sprachlosigkeit – auch gegenüber Petra (die einmal Josefas Ehefrau war, Anm.). Und hinter Wut und Verzweiflung ist noch immer diese Liebe wie früher da, wie Eva Mattes sie als Petra auch so fantastisch zeigt.

Man könnte meinen, "Ungeschminkt" sei ganz hart zu verdauen, aber so fühlt es sich gar nicht an. Worin sehen Sie – neben der besagten Liebe – das Leichte in diesem vielschichtigen Film?

Genauso ist es, er ist vielschichtig. Und das Hoffnungsvolle an ihm ist, dass es gar nicht mehr darum geht, dass Josefa eine Geschlechtsangleichung vornehmen hat lassen, sondern es geht allein darum, dass sie ein Mensch ist – mit allen Fehlern und Vorzügen, mit aller Liebe und Verzweiflung. Und wie gesagt: Hat man die Offenheit, einander persönlich zu begegnen, kann ein neuer Zugang entstehen. Das wiederum ist für mich das Heilsame am Film. Er behandelt ein großes Thema mit großer Sensibilität. Das war zwar eine Herausforderung, auch für mich. Aber trotzdem bleibt er leicht, er macht es einem nicht schwer und er polarisiert nicht, obwohl er auch kritische Stimmen zulässt, die man eigentlich nicht erträgt.

Josefa erzählt im Film, wie schön es war, als sie als Kind mit ihrem besten Freund geradelt ist: "Da musste ich nicht Bub oder Mädchen sein, sondern ich war einfach nur ich." Gab es in Ihrem Leben Momente, in denen Sie sich nicht mit den zig Erwartungen an Frauen beschäftigen wollten?

Genau, das ist ja sowieso ein Thema, das mich lange schon beschäftigt, weil ich auch von meinem Vater so erzogen wurde, dass er aus mir eine elegante Dame machen wollte. Das ist ihm nur bedingt gelungen. Ich habe mich immer schon etwas burschikos gegeben, weil ich mich dadurch vor Aggressivität, Verletzungen und schwierigen Begegnungen schützen wollte.

Was sagt Ihnen das in Hinblick auf unsere Geschlechterzuschreibungen – Mann oder Frau?

Ich denke, wir bedienen uns oft, je nach Herausforderung des Lebens, an ihnen. Auch dadurch verschwimmen sie in gewisser Weise. Ich habe in meiner Jugend, in meiner Pubertät, wie wohl viele andere, diesen Wandel in mir, die Suche nach mir selbst als sehr, sehr schwierig empfunden. Wer bin ich? Was will und kann ich? Das bewegt, glaube ich, jeden und jede.

Josefa möchte man am liebsten fragen, wieso sie es sich so lange so schwer gemacht hat. Aber natürlich ist die Konfrontation mit eigenen Themen etwas Schmerzhaftes, dem man auch ausweicht.

Absolut, absolut. Und deswegen ist dieser Film so wichtig. Ich finde es zwar immer schwierig, einen Film mit solchen Zuschreibungen zu belasten, aber ja, er ist wichtig, gerade auch in dieser Zeit, in der wir wissen, dass es so nicht weitergehen kann. Und leider wird es immer schlimmer anstatt besser.

Welchen Dingen hätten Sie sich gerne früher einmal gestellt?

Ich habe ja schon des Öfteren und ziemlich früh sehr offen über meine Ängste und meine Wut auf mich selbst gesprochen (zum Beispiel über die Depressionen in ihrer Kindheit, Anm.). Ich kann immer wieder nur betonen: Hätte ich mir damals schon Hilfe genommen, hätte ich diese dunklen, ausweglosen Situationen früher hinter mir lassen können. Aber man braucht ja nicht immer eine Therapie. Ich glaube, in Zeiten von Social Media und Diskursen, die im Internet in feiger Zurückgezogenheit ausgetragen werden, braucht es das physische Gegenüber im offenen Gespräch. Und ja: Es gibt Hoffnung. Und wie es ist, diese Hoffnung zu spüren – davon handelt der Film auf sehr sensible Art und Weise.

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Autorin
Nora Bruckmüller
Redakteurin Kultur
Nora Bruckmüller
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