Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Zähne aus Salz und singende Gletscher im neuen Sudhaus

Von Nora Bruckmüller (Text) und Volker weihbold (Fotos), 22. Jänner 2024, 00:04 Uhr
Zähne aus Salz und singende Gletscher im neuen Sudhaus
Bild: VOLKER WEIHBOLD

Wer die Ausstellungsszene ein bisschen kennt, kam am Samstag in Bad Ischl nicht umhin, sich eines zu fragen: Steh ich noch in der "Kaiserstadt" oder bin ich doch in Wien, Berlin – oder sogar in Kassel? Denn Elisabeth Nowak-Thaller, Kuratorin und Vizechefin des Linzer Kunstmuseums Lentos, verglich im OÖN-Gespräch das, was sie als Besucherin im Sudhaus in der frisch eröffneten Schau "Kunst mit Salz und Wasser" sah, sogleich mit der berühmten "Documenta" in der besagten deutschen Stadt.

Schmerzhaft schöner Irrweg

Man muss aber weder in Wien, Berlin noch Kassel trittsicher in der Kunstszene sein. Geschweige denn, sich in ihr wie ein Experte daheim fühlen, um sie genießen zu können: Kurator Gottfried Hattinger hat hier – von außen, sprich ästhetisch betrachtet – ein beeindruckend pulsierendes, beinah futurisches Labor moderner Werke geschaffen. Um es sich unter die Haut gehen zu lassen, reichen jedoch grundlegendes Einfühlungsvermögen sowie Zugang zur menschlichen Natur und ihren Emotionen.

So kann die berührende Arbeit Labyrinth des Künstlers Motoi Yamamoto aus Hiroshima als "Spiegel" für ein Leben mit Schmerz betrachtet werden, der nie ganz vergehen wird. Yamamotos Schwester starb 1994 mit 24 Jahren. Den Erinnerungen an sie, dem Angehen gegen ihr Verblassen und seinem Empfinden ließ der 58-Jährige im Sudhaus mit dem Arbeitsmaterial Salz freien Lauf. Mit dem weißen, in Japan für seine Reinheit verehrten Mineral zeichnete er komplexe Strukturen auf den Boden. Aus einer Flasche rieselnd entstand ein beeindruckendes sowie starkes Raumbild als Symbol für die schmerzhafte Schönheit, die der Mensch doch in allen Irrwegen finden kann – auch im Trauerprozess.

Weiß, rein und stark sollen auch unsere Zähne sein. Eine Perfektion, die doch nie von ganzer Lebensdauer sein wird. Diesen Umstand nutzte der aus dem deutschen Velden stammende Künstler Michael Sailstorfer für das Projekt 1-32.

Im Sudhaus liegen 32 Zähne auf dem Boden. Jeder ist bis zu 35 Zentimeter lang und wurde von Sailstorfer aus einem Steinsalzblock gemeißelt. Das Modell: die Zähne seines eigenen Gebisses. Nicht nur die Übergröße und die Formvollendung – von den verästelten Wurzeln des Weisheits- bis zur Schlankheit des Schneidezahns – verleihen eine eigene Komik. Sondern es ist auch die Erinnerung daran, dass ein problematisches Zähnchen reicht, um uns Menschen – vom Baby bis zum Betagten – außer Gefecht zu setzen.

Die Kunst im Sudhaus regt auch durchs Hören an. Die Italienerin Caterina Gobbi bringt den sonst von uns entfernten "Soundtrack" der "sterbenden", schmelzenden Gletscher mit Fokus auf den Dachsteingletscher in der Klanginstallation "Monuments to a Melting Voice" ("Monumente für eine schmelzende Stimme") ins Zentrum von Ischl. Man hört bedrohlich pochendes Tropfen, Rieseln, Rascheln und Rauschen. Es wäre die ideale Geräuschkulisse für Science-Fiction auf einem weit entfernten Planten voller Eiswüsten. Nur gehört die ökologische Krise, die Gobbis Arbeit bezeugt, längst zum irdischen Alltag. Die Krisen der westlichen Welt – von Krieg bis Arbeitskampf – streift auch das Werk der aus Jerusalem stammenden Sigalit Landau: "Salted Lake" ("Gesalzener See"). Sie tauchte ein Paar feste Schuhe ins Tote Meer. Später stellte sie die deshalb mit Salzkristallen überzogenen Schuhe auf einen zugefrorenen See in Danzig, einst polnisches Zentrum der Widerstandsbewegung (Solidarnosc, 1980). Natürlich gingen die Schuhe irgendwann unter, davor "brannten" sie aber Löcher in die dicke Eisdecke.

mehr aus Kultur

"Unser Verstand kann zum Schlachtfeld werden. Wer Infos verzerren kann, kann ihn auch hacken.“

Wohl frühestes bekanntes Kafka-Schriftstück soll versteigert werden

Nach Protesten in Malmö: "Fairplay-Gelöbnis" beim ESC 2025

St. Wolfgang: Mystical bleibt Mysterium

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Die Kommentarfunktion steht von 22 bis 6 Uhr nicht zur Verfügung.
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen