Geschichte und Gegenwart übers Eck
In der Linzer Neustadt revitalisierte das Büro Arkade schonend ein historisches Stadthaus. Der noble Dachausbau beim "Palais Eck" wurde "verborgen".
Es mag wie ein Paradoxon klingen: Während viele Besitzer historischer Bauten die Denkmalpflege und ihre Auflagen fürchten, existiert der seltene, begrüßenswerte Fall, dass ein Bauherr freiwillig ein Projekt mit dem Ziel entwickelt, möglichst viel des Bestandes zu erhalten und angemessen zu inszenieren. Dies geschieht natürlich nicht nur aus Liebe zu geschichtsträchtiger Architektur. In dieser stecken, geht man vorurteilsfrei an sie heran, häufig hervorragende Potenziale und Anregungen für die Gegenwart – vom Impuls für eine Marketingstrategie bis hin zur Klärung städtebaulicher Verhältnisse.
Im Falle des späthistoristisch-neobarocken Stadthauses an der vom Verkehrslärm belasteten Ecke Schillerstraße/Dinghoferstraße erkannte das Architekturbüro Arkade/Linz im Zusammenwirken mit einem Investor, der sich explizit derartigen Aufgaben widmet, die Möglichkeiten einer schonenden Revitalisierung.
Errichtet wurde das viergeschoßige, nicht unter Denkmalschutz stehende Stadthaus 1898 vom vielbeschäftigten Linzer Baumeister Franz Weikl (1849 – 1919) in der ab 1862 erbauten Linzer Neustadt. Auch wenn es nach wie vor vereinzelte Vorbehalte gegen die Baukunst dieser Epoche gibt, aufgrund ihrer architektonischen und städtebaulichen Qualitäten lohnt sich der sorgsam erhaltende Umgang mit ihr.
Gerahmter Schmuckkasten
Die Grundidee des Büros Arkade ist von überzeugender Einfachheit. Die drei historistischen Obergeschoße des Palais werden im Äußeren unverändert erhalten und einem architektonischen Schmuckkasten vergleichbar zwischen zwei erkennbar neue horizontale Bänder gespannt. Diese setzen sich durch ihre dunkelgraue Farbe vom Altbestand ab.
Das Erdgeschoß war bereits so stark verändert, dass einer Neugestaltung nichts im Wege stand. Die Architekten entschieden sich für eine glatte Wandfläche, die mit dunklen Natursteinplatten verkleidet wurde. Ihre Maserung wirkt als natürliches, bewegtes „Ornament“. Die kantig in die Erdgeschoßfassade eingeschnittenen, bodentiefen Öffnungen nehmen die Achsen der darüberliegenden Fenster auf. Das neugestaltete Erdgeschoß wird zum kräftigen, eigenständigen Sockel für die historischen Obergeschoße. Zur vielbefahrenen Dinghoferstraße zeigt es sich durchaus „wehrhaft“. Den oberen attikaartigen Gebäudeabschluss bildet ein dunkles, zweiteiliges Band, das einen tiefen Schattenspalt rahmt. In diesem verbergen sich umlaufende, niedrige Fensterbänder. Sie belichten das erste Geschoß des neuen Penthouses.
Verborgene Krone
Dass die Fensterbänder von außen „unsichtbar“ bleiben, verweist auf eine besondere Qualität des Entwurfs. Dachausbauten auf historischem Bestand stehen oft in der Kritik, da die herausgehobene Position genutzt wird, um exaltierte, spektakulär wirkende Architekturen im Stadtraum zu positionieren. Der Dachausbau von Arkade nimmt sich dagegen zurück. Dass das Palais Eck von einem großen, räumlich komplexen Dachappartement mit zwei Geschoßen und großzügigen Terrassen überbaut wurde, ist beim Blick von der Straße nicht erkennbar.
Die historischen Fassaden bleiben dominierend, zugleich wird die Intimität des neuen Appartements gewahrt. Arkade verzichtete bewusst auf den maximal möglichen Ausbau der Dachfläche zugunsten der architektonischen Wirkung. Überhaupt war es den Planern ein Anliegen, sich dem Dogma absoluter Nutzungsverdichtung im Innenstadtbereich entgegenzustellen.
Herausgekommen ist ein Stück Baukunst, das nicht nur durch den bloßen Erhalt des Bestandes nachhaltig ist. Es spiegelt Linzer Stadtgeschichte und transportiert sie in unsere Gegenwart. Verbunden ist damit das gar nicht altertümliche Flair des historisch Zeitlosen und eine unmittelbar vertraute Wirkung. Dass dieses Haus längst Teil seines Quartiers ist, macht sich die Werbestrategie des Betreibers Limehome zunutze.
Limehome bietet im Palais Eck zwei Kategorien von Appartements an. Sie stehen Gästen zur Verfügung, die sich zeitweilig in Linz aufhalten und trotzdem eine Art Zuhause finden sollen. Historische Bauten liefern dieses Gefühl meist mit einer gewissen Selbstverständlichkeit.