Weinlese: Was es mit "Rage against the machine" auf sich hat …
Fährt man um diese Jahreszeit kreuz und quer durch die Weinlandschaft, so werden zwei Arten der Weinlese erkennbar: Lese mit der Schere oder Ernte mit der Maschine.
Man sieht sie noch, die Lesehelfer! Leider werden es immer weniger die sich diesen Knochenjob, speziell auf Steilterrassen, antun. Aber: Lese bedeutet halt nun mal, dass der Lesehelfer am Zustand der Traube "lesen" kann, ob die nun voll Reif vom Stock geschnitten werden kann oder ob selbige sich noch in einem zu unreifen Zustand befindet. Aber das alleine ist noch lange nicht alles. Der bemühte Leser wird sich die gesamte Traube nochmals vor Augen führen und genau prüfen, ob auch alle Beeren würdig sind im Kübel zu landen. Beim sogenannten Ausputzen zupft man gekonnt Beeren heraus, die evtl. mittels Insektenstich einen Essigstich aufweisen oder durch Trockenschaden oder gar Fäulnis nicht unbedingt in die Presse sollten. Andererseits dürfen geschrumpfte Beeren (kurz bevor sie zur Rosine werden) gerne in den Kübel, die enthalten bekanntlich sehr viel Zucker und sind begehrt.
Dem gegenüber steht die Hightech Maschine – der Vollernter! Das was Lesehelfer in mühsamer Handarbeit tagelang erarbeiten, erledigt das Monster auf vier Rädern in wenigen Stunden. Optimal eingestellt werden die Trauben von den Stöcken gerupft, leicht vorgequetscht, mit etwas Schwefel vor Oxidation geschützt, kommt das Lesegut rasch zur weiteren Verarbeitung in den Winzerhof. Klar, in flachen Gebieten ist diese Art der Ernte wirtschaftlich optimal und bei Großbetrieben nachvollziehbar, aber polarisierend allemal. Denn keines dieser Geräte kann die oben beschriebenen Beeren, die nicht wirklich in die Presse sollen, herauszupfen. Der beeinträchtigter Saft dieser Beeren kann Fehltöne und dergleichen im Wein verursachen, die dann mittels verschiedenen Kellertechnischen "Tricks" und Helferleins aus der Welt geschafft werden.
Biowinzer, Biodynamische Winzer und alle die nachhaltig naturnahe Arbeiten sehen diese industrielle Methode allerdings mit sehr kritischen Argusaugen. Bei diesen Winzern wandert keine einzige Beere ungesehen in die Presse. Und sollte man neuerdings vermehrt Weinleser mit T-Shirts sehen, welche das "Rage against the machine" Logo mit integrierter Traubenschere tragen, hat man die Gewissheit: Da wird qualitativ hochwertig mit Hand gelesen und das ist gut so!