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Jessas, a Wös

Von Tex Rubinowitz, 23. Oktober 2024, 11:24 Uhr
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Der Wels wurde zum Fisch des Jahres 2018 gewählt. Er ist der Größte in unseren Gewässern. Bild: Wolfgang Pölzer

Der Stadtschreiber würde übrigens zu der Stadt, in der er gerade residiert, niemals Wös sagen, er möchte nicht in die Rolle des Ironikers oder mundartlich sich anbiedernden Assimilanten geraten...

... er will nicht einer dieser Nichtwelser sein, die sich darüber lustig machen, dass der kosmopolitische Zugbegleiter auf Englisch sagt: "Our next stop is Wös." Der Stadtschreiber würde lieber den Fisch Wös und die Stadt weiter Wels nennen dürfen, kein Welser nennt den Fisch Wös, warum eigentlich nicht, um sich vom ironischen Zugbegleiterscherzkeks zu distanzieren? In die Ironiefalle tappe ich, der Stadtschreiber, nicht ("Irony is over", Rainer Werner Rilke), fehlt noch, dass ich angle und ein Wels an der Rute hängt und ich sag: "Jessas, a Wös", und der Fisch schaut mich enttäuscht an und röchelt sein Leben mit seinen letzten Worten aus: "I bin a Karpfen, du Fischverunstalter." Ich kenne nicht mal den Unterschied zwischen Wels und Karpfen, ich glaube, beide Fische sind ungenießbar. Den einen nennt man Teichschwein und der andere wird im Englischen Katzenfisch genannt. Esse ich Katzen? Bin ich Donald Trump? Und ich schwimme lieber in der tiefkalten Traun als in einem trüben Teich.

Ich habe ein kleines gedankliches Spiel, wenn ich ein Museum, einen Zoo, ja, auch eine Stadt besuche, widme ich einem Kunstwerk, einem Tier, einem Haus meine meiste Aufmerksamkeit und darf es danach zum Dank mitnehmen, das geht sogar im Supermarkt, aber dort ist das Spiel natürlich nicht vergleichbar.

Mein Lieblingshaus in Wels steht an der Ecke Pfarrgasse/Ring, ein prachtvolles Gebäude, der Architekt des Hauses heißt Friedrich Gangl, das Haus wurde 1931 gebaut, er wird vom Bauhaus inspiriert worden sein, denn in seinen strengen, baulichen Symmetrien erinnert es an Walter Gropius und seine Kollegen aus Dessau. Und wenn ich auch nicht dieses Haus mitnehmen kann, so würde ich dort doch gerne wohnen.

Im Tiergarten hingegen fällt meine Aufmerksamkeitswahl auf den Marabu, ich bin dort täglich und meine Zuneigung geht so weit, dass ich diesem irgendwie bemitleidenswert zerrupften Vogel immer eine Brombeere mitbringe, immer etwas aus meinem Lieblingsbuch "Mysterien" von Knut Hamsun vorlese und ihm den Namen Walter gegeben habe, als Hommage an Gropius, ich sage: "Hallo Walter, Zeit für deine Brombeere, sollen wir im Buch von Knut weitermachen?" Er weiß, dass ich komme, freut sich, nickt mit seinem kahlen Kopf und kennt auch meinen Plan, mit ihm in das prachtvolle Haus von Friedrich Gangl zu ziehen, wenn ich eine Meerschaumpfeife mit mit Pflaumenaromen parfümiertem Perique-Tabak rauche, Walter unterdessen Brombeeren schnabuliert, während ich ihm weiter aus "Mysterien" vorlese, danach lästern wir gemeinsam über Teichschweine und Katzenfische ab und erörtern die korrekte und die inakzeptable Aussprache der Stadt, in der wir Gast sind.

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Tex Rubinowitz
Welser Stadtschreiber
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3  Kommentare
3  Kommentare
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soistes (3.672 Kommentare)
am 27.10.2024 09:19

Wenn schon, dann Wäs und nicht Wös....zum Fisch und zur Stadt.

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enoch (590 Kommentare)
am 23.10.2024 11:49

Passend das Bildnis des Hechts ;)

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Zaungast_17 (26.891 Kommentare)
am 23.10.2024 12:47

Gibt halt mehrere die die Fische nicht kennen 🙃

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