"Frasquita“: Walzerseligkeit auf Spanisch
Sie ist schön, stolz, verletzbar und begehrenswert. Was der Opernwelt Bizets „Carmen“, ist jener der Operette „Frasquita“. Semikonzertant aufgeführt mit Dirigent Vinzenz Praxmarer, fand Lehárs selten zu erlebendes Werk am Sonntag in Bad Ischl großen Anklang.
Eine Operette, die Musik mit Schauspiel-Komik vereint, konzertant aufzuführen, kann das gutgehen? Ja, ein professionelles Ensemble, das auch ohne Regie den Charme spielen lassen kann, vorausgesetzt, wie beim Lehár Festival der Fall. Dann genügen im Grunde dezente Kostüme und zwei anmutige Tänzerinnen, die für Auflockerung sorgen, um packendes Musiktheater entstehen zu lassen.
Während „Carmen“ kein Happy End vergönnt ist, dürfen in ihrem Operetten-Pendant – knapp fünfzig Jahre später 1922 im Theater an der Wien uraufgeführt – die Paare zueinander und ihr Glück finden.
Wie, das ist fast so kompliziert wie im echten Leben: Er hält sie, eine Zigeunerin, für eine Diebin, sie ist gekränkt. Er entdeckt ihre Unschuld und verliebt sich, doch sie liebt zunächst den Rachegedanken mehr als ihn. Als sie ihre Liebe für ihn entdeckt, ist nun er, zuvor zurückgewiesen, gekränkt. Und das ist längst nicht alles. Er ist nämlich obendrein einer anderen versprochen, die dann aber, gottlob, seinen Freund heiratet. Rosamunde Pilcher ist älter als man vielleicht vermutet, neu ist nur die Erfindung des TV. Liebesturbulenzen hin oder her, über das eigentliche, das ernste Thema täuschen sie nicht hinweg: jenes der Fremdenfeindlichkeit, wie sie in der Ablehnung und den Vorurteilen gegenüber Frasquita zum Ausdruck kommt. Seit jeher geht jedoch auch die größte Faszination vom Fremden aus.
Romana Noack war, trotz vorweg angekündigter Indisponiertheit aufgrund eines Stimmbandinfekts, eine souveräne, überaus charismatische Frasquita, stimmlich ausdrucksstark und überaus bühnenpräsent. Laura Scherwitzl verlieh der etwas naiven Fabrikantentochter Dolly viel Liebreiz, deren Herz schließlich Robert Maszl als fescher Privatgelehrter Hippolyt erobert.
Mit Schwung und Sentiment
Großartig war Vincent Schirrmacher als Armand mit samtigem Bariton und nobler Phrasierungskunst. Rupert Bergmann legte sich, den Schalk fest im Nacken, als honoriger Fabriksbesitzer mit Humor ins Zeug. Thomas Zisterer ließ als Wirt Juan Ordnung walten, Ibolya Rudas und Nadiya Khaverko umgarnten als kokette Sängerinnen Ines und Lola auch einmal den Dirigenten, Christine Ornetsmüller stand ihre rassige Louisa gut zu Gesicht. Bardo Bayvertian als Don Diego, Christian Kotsis und Tomaz Kovacic als Matrosen ergänzten das Ensemble, das zugleich im von Laszlo Gyükér bestens einstudierten Chor im Einsatz war.
Der 31-jährige Linzer Dirigent Vinzenz Praxmarer und das Franz-Lehár-Orchester fanden die richtige Mischung aus mitreißendem Schwung und schmachtendem Sentiment, gerade recht für feuriges spanisches Flair und heimische Walzerseligkeit.
Langer, kräftiger Applaus für eine gelungene Aufführung.
Info: www.leharfestival.at